…die Stadt der frühen Party
Warum man unbedingt eine Reise nach Manchester unternehmenwill, warf für Viele Fragen auf. Was wollt ihr denn da? Wie kommt ihr auf dieIdee mit Manchester? Nun gut, so richtig wissen konnten wir es damals nochnicht, denn zugegebenermaßen ist Manchester – außer für so surreale Wesen wieFußballfans – nicht wirklich in den Top-Touri-Verzeichnissen beinhaltet.
Auf das mit dem Fußball scheinen die Manuaner auch sehrstolz zu sein, denn auch für die sehr netten Einwohner der wohlgemerktzweitgrößten Metropole Englands war es sehr verwunderlich, wie es Menschenwährend der Fußball-Sommerpause in ihr Nest verschlagen konnte. Und um auchwirklich ehrlich zu sein, egal wie sehr wir uns auch bemühten eine sinnvolle Antworthinzubekommen, ihre Mienen wurden immer verzogener. Was hier aber nicht heißensoll, dass die Manuaner – was für eine schöne Wortschöpfung meinerseits, oder?– unhöflich gewesen wären. Ok, der Fred* hat zwar nach den paar geschenktenLines nicht wie versprochen auf uns gewartet um uns zur After Hour zu führen,aber das hat er echt wieder gut gemacht. Aus irgendeinem unerfindlichen Grundefanden wir ihn beim alljährlichen Dorffest, äh ich meinte das stadteigeneFestival *räusper*, wieder und durften aufgrund seines Schuldbewusstseins vierrunde Dinger empfangen . . . das kann man schon zählen lassen, oder?
Wer mit viel Zeit für Partys und wenig fürSehenswürdigkeiten nach Manchester fährt, muss bald hart erfahren, dass es indieser Stadt tatsächlich noch so etwas wie eine Sperrstunde gibt. Wer Glückhat, findet unter der Woche eine Party, die bis vier Uhr dauert, am Wochenendefanden wir gerade mal eine, die bis um sieben Uhr ihre Tore offen lies. DasErstaunliche dabei ist noch, egal wie druff die Leute gerade sind oder wie sehrsie auch abgehen, um zwei Uhr geht das Licht an, das Lied wird mittendrinunterbrochen, das Publikum setzt die Brillen auf, dreht sich um undverschwindet. Rebellische DJs, die weiter auflegen wollen? Partypublikum, dasnach einem weiteren Lied ächzt? So etwas haben wir in Manchester nicht gesehen.Wobei man ganz klar feststellen kann, dass sie drogentechnisch nicht geradeunbeseelt leben. Schon in der Früh um 19 Uhr wandern sie in die Pubs undschütten ein Bier nach dem anderen in sich rein. Vollkommen besoffen torkelnsie dann gegen Mittags (22 Uhr) durch die Straßen und suchen schreiend nachirgendwelchen Rock-Events. Gut, wer’s mag – wer nicht, hat ein bissi verloren,denn auch wer für seine Abendgestaltung andere Musikarten als Rock präferiert,schaut schon ein bissi in die Röhre. Auf die Frage, wo es denn Techno-Clubsgeben würde, antworteten über 95 Prozent der Befragten mit einem hilflosenAchselzucken.
Dass Berlin nun einmal von mir verehrt wird, ist eine Sache,dass alle anderen mit Berlin nur Techno und Drogen verbinden, eine andere. Gut,es mag daran gelegen haben, dass die meisten Menschen, mit denen ich geredethabe, aus der Elektro-Szene stammen, aber trotzdem! Man erwartet einfachBeschimpfungen, wie „You blody bitch of a nazi!“ oder so was in die Richtung.Aber nichts, kaum schilderte ich meine Wahlheimat, erntete ich ein breitesGrinsen und eine freudigen Blick – „Good music, very good partys, hahaha!“ Nungut, wenn dies der neue Blick auf Berlin ist, soll es uns Recht sein. Immerhinhaben wir so viele nette Menschen kennen gelernt, die mit uns dann doch mehr umdie Häuser gezogen sind. Rein ging ja immer so schlecht, ihr wisst schon, dieSperrstunde.
Um nochmals zum Thema Drogen zu kommen, muss ich hier nochdefinitiv erwähnen, dass ich sehr froh darüber war, kein Poppers mit nachEngland geschmuggelt zu haben. All der Stress, das viele Grübeln und dann dasalles noch bei einer solch stinkenden Flasche. Gut, Poppers auf einer Party istnett, aber all der Stress hätte sich wirklich nicht rentiert, vor allem nicht,da es in den Clubs Poppers an der Theke zu kaufen gab. Mit solch einerÜberraschung hatte ich zwar nicht gerechnet, nahm sie aber dankend an.Schließlich ist so ein Zug an der Poppers-Flasche ja doch ganz schöntanzsteigernd. Dass es bei Cannabis zu einer extremen Liberalisierung gekommenist, wusste ich zwar, hab ich aber nicht wirklich gemerkt. Damit meine ich nunnicht, dass die Polizisten viel kontrolliert hätten, ganz im Gegenteil, dieenglischen Freunde und Helfer waren mir extrem sympathisch. Sie stolzierten mitihren schweren Helmen durch die Gegend und zeigten mehr Stil als Macht. Dasollten sich die deutschen Polizisten ruhig mal eine Scheibe von abschneiden.Aber nochmals zurück zum Gras, wie gesagt: In England ist der Besitz vonCannabis nur eine Art Ordnungswidrigkeit, dennoch sieht man wenig Leute auf derStraße kiffen und nach Weed gefragt hat mich in der ganzen Woche auch niemand .. . weder Kauf noch Verkauf. Angeblich soll in England aber das Gras sehrgünstig sein, da es von Homegrowern nur so wimmelt. Die vielenÜberwachungskameras lassen zwar so manchen unschuldigen Besucher erschaudern,aber mit der Zeit reift auch die Gewissheit, dass so viele Videokameras garnicht überwacht werden können . . . so viele Engländer gibt es nämlich garnicht.
Abschließend muss man sagen, dass Manchester einfach keine Partystadtist. Eine Woche lang durfte die Stadt nun erleben, was es heißt, eine wirklichePartystadt zu sein, wenn vor den Toren der Bahnhöfe Poppers-schnüffelnde Junksflacken und um acht Uhr Menschen eine Party suchen. Gut, dass uns Menschendanach anflehten in ihre Stadt zu ziehen, ist schon verständlich, aber seid malehrlich, würdet ihr es bei so einem schlechten Modegeschmack und diesem Essenlänger aushalten?