In dieser Interviewreihe wollen wir von den drogenpolitischen Kämpfern im „Seedwesten“ Deutschlands erfahren, woran es hängt, dass Hanf noch nicht legalisiert wurde und wie sie dafür kämpfen. Für diese Ausgabe stellten wir unsere Fragen Carsten Labudda, 28, aus Weinheim bei Heidelberg, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Drogenpolitik in der PDS
Er war von 2001 bis 2003 Bundessprecher des
PDS-Jugendverbandes [’solid] und ist aktiv im Verein für Drogenpolitik (VfD)
und dem Heidelberger Doors of Perception Ethic Committee (DOPEC).
Hanf Journal: Woran hängt es, dass Hanf noch nicht
legalisiert wurde?
Carsten Labudda: Die meisten Menschen nehmen Cannabis nur am
Rande durch die Massenmedien wahr. Dort – wie auch in der Politik – wird
Cannabis allerdings fast ausschließlich als Problem behandelt, das „bekämpft“
werden müsse. Für Kampfmaßnahmen aber ist der Staat mit seiner Polizei
zuständig. Es ist leider bis heute nicht gelungen, den Menschen zu vermitteln,
dass die „Bekämpfung“ nicht nur sinnlos ist, sondern einen großen Teil der
Drogenprobleme erst schafft. Ein großes Manko der Legalisierungs-Bewegung ist
dabei, dass zumeist die staatlich geschaffenen Probleme der Konsumenten
gegeißelt werden. Den Menschen muss aber vermittelt werden, dass ihre Sorgen
und Ängste ernst genommen werden. Sonst wird die Kommunikation zwischen der
Legalisierungs-Bewegung und der Mehrheit der Bevölkerung einseitig bleiben.
Hanf Journal: Was steht zwischen uns und einer vernünftigen
Drogenpolitik?
Carsten Labudda: Neben den vielfältigen Basisaktivitäten wie
Demonstrationen und Infoständen muss künftig auch eine professionelle
Lobby-Arbeit stattfinden. Gezielt müssen Meinungsbildner in den Medien und
Entscheidungsträger in der Politik informiert, aufgeklärt und für vernünftige
Ideen gewonnen werden. Auch, wenn 100.000 Menschen für eine bessere Politik auf
die Straße gehen – die Politik sitzt das gerne aus. Wenn die Politiker und
andere Promis allerdings zusätzlich auf ihren Empfängen und bei ihren
Konferenzen persönlich angesprochen werden, werden sie gezwungen, sich mit dem
Thema auseinander zu setzen.
Hanf Journal. Was tust du konkret, damit Hanf endlich
legalisiert wird?
Carsten Labudda: Ich habe mich an der Erarbeitung der
drogenpolitischen Positionen der PDS-Jugend beteiligt und möchte das nun als
Sprecher der BAG Drogenpolitik in der Mutterpartei tun. Es sind vereinzelte
Ansätze in der PDS vorhanden, die gebündelt und ausgebaut werden müssen.
Weiterhin bin ich Mitglied des VfD und unterstütze deren Anliegen, eine partei-unabhängige
Lobby-Arbeit auf- und auszubauen. Auf einer lokalen kulturellen Ebene
unterstütze ich DOPEC, welches sich für ein offeneres Klima in Heidelberg
einsetzt: „Free your mind!“ Ich habe letzten Dezember die Konferenz „Hanf in
Europa“ in Mannheim organisiert, bin als Redner und Teilnehmer auf diversen
Demonstrationen und Podien zugegen und gebe regelmäßig Weiterbildungsseminare
zum Thema Drogenpolitik. Außerdem betreue ich mit www.drogenpolitik.de eine
informierende Website.
Hanf Journal. Was ist die BAG Drogenpolitik? Und sind eure
Ziele?
Carsten Labudda: Die BAG Drogenpolitik wurde in diesem Jahr
gegründet und soll zunächst die bislang vereinzelten Kompetenzen in der PDS
bündeln. Ziel dessen ist es, mittelfristig zu einem allgemein in der PDS getragenen
Gesamtkonzept für eine vernünftige und humane Drogenpolitik zu kommen. Ein
solches Gesamtkonzept fehlt der PDS bislang, weil zu viel lokal und inhaltlich
nebeneinander her läuft. Die BAG Drogenpolitik soll das Kompetenz-Zentrum der
PDS, auf diesem Gebiet werden und so mittelfristig auch die Außenwirkung der
Partei verbessern.
Hanf Journal. Seid ihr für die Legalisierung aller Drogen?
Carsten Labudda: Diese Debatte ist in der BAG noch nicht
ausdiskutiert. Ein Teil der BAG spricht sich für eine Relegalisierung aller
Drogen aus, ein anderer will dies nur für so genannte „weiche Drogen“ wie
Cannabis. Von daher möchte ich dem Ergebnis der Debatte nicht vorgreifen.
Hanf Journal: Kann man bei euch mitmachen und wie?
Carsten Labudda: Mitmachen kann natürlich jede und jeder.
Dazu kann man sich einfach anmelden, z. B. über die Homepage
www.pds-drogenpolitik.de. Wir sind immer an inhaltlichen Anregungen
interessiert, genauso wie an Leuten, die Aktionen machen wollen. Was überdies
praktisch ist: Um bei der BAG Drogenpolitik der PDS mitzumachen, muss man nicht
Mitglied der Partei sein.
Hanf Journal: Hat der Spiegel mit seinem reißerischen Aufmacher „Die
Seuche Cannabis“ der Legalize-Bewegung geschadet?
Carsten Labudda: Ja und nein. Ja, weil die Dämonisierung des
Hanfes in der Gesellschaft befördert wurde. Nein, weil es der Legalize-Bewegung
wieder einmal deutlich gemacht hat, dass sie ihre Anstrengungen verstärken
muss. Ich hoffe, dass genau dadurch neue Energien freigesetzt wurden und werden
. . .
Hanf Journal. Wie kommt es eigentlich zu solchen
Hetzkampagnen?
Carsten Labudda: Es ist in der heutigen Zeit für Medien
genau das interessant, was spektakulär ist und sich dadurch „gut verkauft“. Ein
Großteil der Journalisten ist im Bereich der Drogenpolitik nicht sonderlich
kompetent und daher natürlich auf Informationen von Dritten angewiesen. Sind
die Informationen spektakulär, werden sie umso lieber verwendet. So ist z. B.
das Märchen vom angeblichen Gen-Gras entstanden, genauso wie die Behauptung von
der gestiegenen Gefährlichkeit des Cannabis. Ich sehe deshalb eher keine
gesteuerten „Kampagnen“, sondern ein Problem der Eigendynamik eines auf Quote
und Absatz verpflichteten Medienwesens.
Hanf Journal. Wie beurteilst du den unlängst gestarteten
Handel mit frischen Psylocibin-haltigen Lebensmittelpilzen in Deutschland?
Carsten Labudda: Da frische Psilocybin-Pilze in den
Niederlanden legal verkauft werden, müssen sie in allen Staaten des gemeinsamen
europäischen Binnenmarktes verkauft werden können. Auf der einen Seite freut
mich das, zumal diese Pilze auch in Deutschland vielerorts wild wachsen. Auf
der anderen Seite unterstehen diese Pilze weiter dem Betäubungsmittelgesetz.
Diese Rechtsunsicherheit wird für viele Pilz-Liebhaber zu Problemen führen, weil
der Staat sehr unterschiedlich reagieren wird. Hauptnutznießer werden wohl die
Anwälte sein, Ausgang offen. Entweder wird am Ende der Entwicklung eine
Streichung von Psilocybin-Pilzen aus dem Betäubungsmittelgesetz stehen oder der
Druck der vereinigten europäischen Prohibitionisten wird zu einem Pilz-Verbot
in Holland führen. Wichtig ist, dass diese Debatte überhaupt kommt, und ich
hoffe, dass deren Ergebnisse positiv sein werden.
Hanf Journal: Was sagst du zu der Forderung des neuen Innenministers in
Baden-Württemberg Rech, Kiffern grundsätzlich die Fahrerlaubnis zu entziehen?
Carsten Labudda: Ich halte das für den üblichen Populismus
zum Sommerloch, mit dem sich ein bislang wenig bekannter Politiker Profil
verschaffen will. Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur
Führerscheinproblematik sollte er wissen, dass ein solcher Unsinn vor keinem
Gericht standhalten kann, weil ein solches Gesetz schlicht verfassungswidrig
wäre.
Hanf Journal: Was liegt dir besonders am Herzen, was
möchtest du unseren Lesern sagen?
Carsten Labudda: Liebe Hanf-Journal-Leser, die ihr selbst
Drogen nehmt: Wenn ihr das tut, achtet bitte darauf, Risiken zu minimieren. Im
Internet kann sich jeder über Safer Use-Regeln informieren und diese in seinem
Bekanntenkreis weiterverbreiten.