Donnerstag, 13. April 2023

Haftstrafe für Cannabis-Arzt

Haftstrafe für Cannabis-Arzt

Dreieinhalb Jahre Haft für Münchner Arzt

Das Landgericht München hat den Angeklagten wegen des unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in einer Vielzahl von Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Arzt war in Revision gegangen, nun hat der Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Angeklagte in der Zeit von März 2017 bis Juli 2018 als Arzt mehrere Hundert Betäubungsmittelrezepte für Cannabis aus. Der 69-Jährige Mediziner hatte das Gesetz zur Versorgung von Patienten mit Medizinalhanf etwas großzügiger ausgelegt. So verordnete er Cannabisprodukte, obwohl er die Patienten zuvor nicht körperlich untersucht hatte. Seine Leistungen rechnete er auch nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte, sondern gegen Barzahlungen ab. Der Mediziner traf sich mit seinen Patienten, wie wir berichtet haben, in verschiedenen Münchner Lokalen. Dort reservierte er einen Tisch und zückte den Rezeptblock für jeden Patienten, der um eine Verschreibung für ein Döschen Cannabis bat. Er verlangte zwischen 60 und 150 Euro pro Verschreibung. Er ist dabei nicht der erste Mediziner, der in Bayern deshalb angeklagt wird.

Fakt ist allerdings auch, dass sich Patienten ihr Cannabis-Rezept aufgrund starker Vorbehalte seitens der Ärzte immer noch langwierig und mühsam erkämpfen müssen. Es gibt noch immer eine Vielzahl von Patienten, denen eine Kostenübernahme seitens der Krankenkassen abgelehnt wird, mit der Begründung, sie hätten nicht in ausreichendem Maße andere herkömmliche Arzneien ausprobiert. Solange es Patienten dermaßen schwer gemacht wird, ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele auch aus purer Verzweiflung die Dienste solcher schwarzen Schafe in Anspruch nehmen. Hier muss dringend nachgebessert werden – es besteht ein akuter Änderungsbedarf. Der Mediziner ist in diesem Fall auch das Symptom eines nicht funktionierenden Systems.

Das Verfahren wurde am 12. April 2023 rechtskräftig abgeschlossen, demselben Tag, an dem die Bundesregierung ihre neuesten Pläne für die Cannabis-Legalisierung vorgestellt hat. Auf die medizinische Notlage vieler Patienten wurde darin nicht eingegangen.

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5 Kommentare
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Rogg
11 Monate zuvor

Es ist halt Bayern…neben BW halt ein echter Unrechtsstaat bzw Unrechtsland. Hätte er halt Kreuze und Alk abgegeben statt Rezepte…dann wäre er noch unbescholten…selbst Schuld.

Qi San
11 Monate zuvor

Er tat zu dem 99 % der deutschen Ärzte zu feige sind: Auf Grundlage eines Gesetzes von 2017 Cannabis als Medizin verschreiben. Lasche oder nicht stattfindende Anamnese ist doch Usus bei Ärzten. Also was soll das! Wenn der Richter mal seine Hauaufgaben gemacht hätte: Gesetzestexte lesen, verstehen und danach handeln kann es nur einen Freispruch geben. Das Gesetz “Cannabis als Medizin” ist am 10. März 2017 in Kraft getreten. Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung. Folgender Absatz 6 wird angefügt: Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn: 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung… Weiterlesen »

Haschberg
11 Monate zuvor

Einen Arzt gleich zu einer mehrjährigen Haftstrafe zu verurteilen, nur weil er Rezepte einer Heilpflanze an Patienten verteilt hat, ist schon ein starkes Stück.
Man muss sich fragen, ob er damit überhaupt jemandem geschadet hat? Wohl kaum.
Schließlich hat er nur auf die völlig absurden gesetzlichen Bedingungen und extrem hohen Hürden reagiert, unter denen ein Patient überhaupt diese Pflanze auf Kosten der Kassen verschrieben bekommt.
Natürlich hätte er dafür kein Geld nehmen dürfen, was aber höchstens mit einer saftigen Geldstrafe oder maximal einer Bewährungsstrafe geahndet werden sollte.
Da sehe ich in Ärzten, die gefährliche Pharmaschmerzmittel wie Bonbons verschreiben, eine weitaus größere Gefahr, die nicht selten – im Gegensatz zu Cannabispräparaten – sogar tödlich endet.

Qi San
11 Monate zuvor

Algea und Co. machen auch nichts anderes.
Find mal einen Arzt der bei dem Kostenübernahme hilft – ziemlich Hoffnungslos.
Privatrezept (Eigenzahler) ist ja schon schwierig genug.

Rainer
11 Monate zuvor

Die Apotheken haben sich über die Vermehrung von Rezepten bestimmt gewundert.Die wissen, warum so selten verschrieben wird.