Montag, 22. Mai 2017

Anekdote wider die Glaubwürdigkeit des Gesundheitssystems

 

Lob des Scheins

 

 

Text: Markus Berger

 

 

Weil das Thema Cannabis als Medizin zurzeit die Medien beherrscht – auch die mainstreamigen – wollen wir uns diesmal eine Anekdote anschauen, die guten Aufschluss darüber gibt, wie ernst es in  Deutschland mit der betäubungsmittelrechtlichen Ordnung in Sachen Hanfmedizin genommen wird. Nach der Gesetzesänderung, die für Patienten allerhand Vorteile bringen sollte, werden schwer kranke Menschen von ihren Krankenkassen und dessen oberster Sparbehörde (Medizinischer Dienst der Versicherer, MDK) derzeit Lügen gestraft und richtiggehend verarscht. Anhand eines Beispiels mit dem Cannabispräparat Dronabinol belegen wir in diesem Text, wie lax die eigenen Gesetze und Reglements in Wirklichkeit in die Praxis umgesetzt werden – und wie wenig es dabei tatsächlich um den Schutz der Patienten geht.

 

 

Nehmen wir an, wir sind krank. Schwer krank. So krank, dass keine Medizin der Welt gegen die quälenden Symptome zu helfen vermag. Keine Medizin der Welt? Doch! Zumindest eine: Cannabis. Das ist beileibe alles andere als ein Wunder, immerhin ist die Hanfpflanze eine der wichtigsten und wirksamsten Medizinalgewächse, die die Welt bislang kennt. Scheiß drauf, was die Regierung und all die selbst ernannten Moralapostel und Pseudowissenschaftler von sich geben. Faktum ist, was die wenigsten sehen wollen: Hanf ist ein Arzneimittel oberster Güteklasse. Die Kräuter- und Medizinalbücher von anno dazumal sind voll mit Textstellen zum Hanf als Arzneipflanze. Wer müsste da heutzutage noch in die Beweisführung gehen?

 

Also zurück in die Situation: Wir sind krank, nehmen wir an, es quälen uns ADHS, Tourette, ein Herzleiden oder eine chronische und äußerst schmerzhafte Colitis ulcerosa – eine dauerhafte Entzündung des Dickdarms. Wir sind als Patienten konventionell austherapiert, sämtliche Pharmaka helfen nur wenig bis gar nicht – oder eben nicht mehr. All unsere behandelnden Ärzte sind sich einig – oh Wunder, ja, das gibt es! – der Patient benötigt Cannabis. Erstes Mittel der Wahl: Dronabinol. Zur Erklärung für alle, die es noch nicht wissen: Dronabinol ist ein aus CBD halbsynthetisch hergestelltes THC (Tetrahydrocannabinol), das aus Faserhanfpflanzen gewonnen, vom Arzt verschrieben und von der Apotheke zusammengemischt und ausgegeben wird. So weit, so gut.

 

Der Patient ist guter Dinge, denn endlich verschrieb sein Onkel Doktor ihm das notwendige Hanfpräparat. Verbunden mit einem enormen Bohei. Es handele sich um ein Betäubungsmittel, da benötige man nicht nur die passende Diagnose und die schriftlich belegte Gewissheit, auf herkömmlichem Wege austherapiert zu sein. Da benötige man außerdem Unterlagen, Anamneseerhebungen, eine Kostenübernahme der Krankenkasse, einen Arzt, der die Notwendigkeit erkennt – es scheint kein Ende zu nehmen. Schließlich benötigt man vor allem eines: ein gutes Quäntchen Mut, diesen Schritt überhaupt zu gehen. Allzu schnell wird einem in dieser Gesellschaft ja der sprichwörtliche Stempel aufgedrückt. Man riskiert, vom Arzt rausgeworfen und mit dem Hintern nicht mehr angeschaut zu werden, man läuft Gefahr, in der Außenwelt als Junkie zu gelten. Das ist möglicherweise in der Kleinstadt, wo jeder jeden kennt, ein noch signifikanteres Problem.

 

Egal. All diese Klippen haben wir erfolgreich umschifft, niemand nimmt uns als drogensüchtigen Kriminellen wahr, wir sind Patient. Höchst offiziell. Und, nicht zu vergessen, schwer krank.

 

Wir nehmen also unser Rezept, von der Krankenversicherung abgesegnet, vom Arzt guten Gewissens geschrieben. Wir gehen zur Apotheke, geben das Rezept ab. Der freundliche Apotheker verrät uns, dass er die Zutaten für unser Medikament zunächst beim Hersteller bestellen und schließlich anmixen muss. Eine ölige Dronabinol-Lösung soll dabei herauskommen. Wunderbar!

 

Am kommenden Tag ist es soweit. Unser Leiden hat ein Ende! Und dann folgt der Moment der Ernüchterung, der Augenblick, in dem wir uns fragen, ob die Volksverarschung in deutschen Landen System hat oder einfach aus purer Einfältigkeit zelebriert wird. Denn dieses ach so „gefährliche Betäubungsmittel“, dieses psychoaktive THC in Reinform, das einem normalerweise nur dann ausgehändigt werden darf, wenn dem Ganzen ein bürokratischer Gewaltakt vorauseilte, diese verbotene Droge, die nicht einfach frei gehandelt werden darf, kommt – und jetzt haltet euch fest, liebe Leser: sie kommt in der Tat OHNE JEDE PRODUKTINFORMATION daher!

 

Eine Wiederholung gefällig, weil ihr es nicht glauben könnt? Ja, es ist tatsächlich der Realität entsprechend: Dronabinol, also THC in purer Form, wird zwar als gefährliches Betäubungsmittel klassifiziert. Hat der Patient aber erst einmal ein Rezept für dieses Cannabinoid erhalten, steht er ganz allein auf weiter Flur. Da gibt es weder einen Beipackzettel noch eine standardisierte Verpackung. Lediglich ein braunes Fläschchen mit einem von der Apotheke selbst beschrifteten Label wird dem Patienten überreicht. Und auf dem steht nichts weiter als der Name des Patienten, der Name des Apothekers und der Vermerk: Dronabinol. That’s it. Unfassbar!

 

Weil auch mancher gemeine Apotheker zuweilen den äußerst eingeschränkten Bereich seines Essgeschirrs nicht zu verlassen willens und daher nicht über seinen Tellerrand zu schauen fähig ist – und sich aus eben jenem Grunde mit diesem Pharmakon namens Cannabis in aller Regel nicht auskennt, ist er nicht mal in der Lage, dem Patienten den Rat ans Herz zu legen, unter dem Einfluss des Medikaments kein Auto zu fahren und keine Maschinen zu bedienen. Wir realisieren – ganz langsam und zum Mitschreiben: In Deutschland kommt jede Vaginalcreme mit meterlangen Waschzetteln daher, ein „riskobehaftetes Rauschgift“, vor dem – schenkt man unserer Regierung Glauben – die Menschen geschützt werden müssen, ist es noch nicht mal wert, eine Gebrauchsanleitung beizulegen. So viel zum Thema „gefährliches Suchtgift“.

 

Es ist, wie es immer ist. Die Regierung ist einhellig und allen Ernstes der Meinung, uns pädagogisch zweifelhafte Weise oktroyieren zu müssen, was gut und richtig, was schlecht und falsch für uns ist. Unter dem Deckmantel der Prävention, des Schutzes der Gesellschaft, wird eine Pharmakratie praktiziert, die jeglicher wissenschaftlichen und verstandesgemäßen Grundlage entbehrt. Der Staat entscheidet, welche Drogen ich genießen darf und welche ich nehmen soll. Denn an Alkohol und Nikotin macht Vater Staat sich derbst die Kippen dicke. Und dann wird uns erzählt, Pflanzen wie Hanf seien gefährlich und ohne medizinischen Nutzen. Doch lohnt es kaum, sich immer wieder darüber zu mokieren. Immerhin ist das Verbot nur zum Schein in der Prävention begründet. In Wahrheit spielen hier wirtschaftliche Faktoren mehrheitlich die Hauptrollen. Allein die Pharma- und die Erdöllobby haben ein gewichtiges Interesse, die Cannabispflanze verteufelt, verfemt und verboten zu sehen.

 

Als Medizinalkraut ist der Hanf nicht tot zu bekommen. Er hat sich über viele Jahrtausende halten und weltweit etablieren können. Nun ist der Mensch gefragt, sich den Um- und Zugang zu seiner Medizinalpflanze nicht verbieten zu lassen. Wir sind eigenverantwortliche Individuen. Und wir leben nur dies eine Mal. Und dann auch bitte richtig.

 

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10 Kommentare
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Berlin Peace Accords
7 Jahre zuvor

BERLIN PEACE ACCORDS Wir, die Menschheit des Jahres 2017… Erklären hiermit unser unveräußerliches Menschenrecht auf Anbau, Medikation und Konsum der Pflanze mit dem Namen Cannabis ohne jegliche staatliche Einschränkung. Verlangen, dass unsere Pflanze keine anderen Auflagen und Einschränkungen als eine Tomatenpflanze hat. Stellen unter unsere eigene Kontrolle, was wir unserem Körper zuführen. Bestehen auf unser Grundrecht, diese Pflanze zu benutzen ohne die Androhung von Freiheitsberaubung und ohne Nutzungsbeschränkungen. Es ist unser Grundrecht, auf verschiedenste Arten Zugang zu Cannabis zu haben und keine kommerziellen Interessenverbände das Recht auf exklusive Nutzung oder Rechtsanspruch erhalten. Seit Urzeiten haben die Menschen die Segnungen unserer Pflanze genutzt. Mit meiner Unterschrift lege ich hiermit Zeugnis ab über meinem Wunsch, dass „wir, die Menschen“ das Recht besitzen,… Weiterlesen »

Berry
7 Jahre zuvor

Stimmt. Ich hab gestern meine Frau zu Apo gefahren um die erste DRONABINOL Medizin abzuholen. Es war ein Fläschchen mit Selbstgedrucktem Etikett der Apo.
Drauf steht Dronabinol 0,25g aD 10,0 und Herstelleung 16.5.17 verwenden bis 16.6.17 und der Name der Firma und der Name der Apo….sogar Homöpatie hat mehr INFOS.

Ich weiß das auch Patienten die METHADON usw. in Tagesfläschchen bekommen genauso NIX an Infos bekommen. Dabei istbMetha schon potent und saugefährlich für Nichtabhängige.

Tja…in Deutschland ist alles geregelt..nur nicht obiges und wer eigentlich für Landesgrenzen zuständig ist

Thomas Maier
7 Jahre zuvor

Leute Leute. Es geht doch hier nicht um den Schutz der Patienten vor einem – ta ta taaaah – “potentiell gefährlichen” Suchtmittel namens Cannabis. Es geht einzig darum das bestehende Monopol für Dronabinol zu schützen. Die Inhaber der Herstellerfirma Bionorica hat doch nicht umsonst bei der CSU für Wohlwollen gesorgt. Bedenkt man noch die horrenden Preise und die Zuschläge die die Apotheken abgreifen dürfen, muß man sich glaube ich nicht mehr über die fortbestehende Kriminalisierung von Hanf zu wundern. Das der fehlende Beipackzettel bei z.B. Bedica den Ausschlag dafür gibt dass der Apotheker die Packung untersuchen und den Inhalt aufbereiten muß, mag aus verwaltungsrechtlicher Sicht zwar in Ordnung sein, es ist aber an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten. Darum sollte… Weiterlesen »

Axel Junker
7 Jahre zuvor

Die cannabismedizinische Geschichte ist so lange noch nicht erfolgreich zu Ende geschrieben wie künftig Zeit für sichere, preiswerte und sozialverträgliche Versorgung durch Eigenanbau zum bestmöglichen Selbsterhalt eigener Gesundheit erforderlich ist.

Axel Junker
7 Jahre zuvor

Unterzeichnet bitte unseren Protest-Mailer

http://selbsthilfenetzwerk-cannabis-medizin.de/

MK
7 Jahre zuvor

…und wenn die Krankenkasse glücklicherweise bezahlt kommen ohne jegliche Auffälligkeiten
Die Abteilungen des Landratsamtes dazu. Führerschein, Jagdschein und Erziehubgsfähigkeit werden angezweifelt.
…das alles wegen meiner Medizin und unter anderem einer MS Diagnose…
Von den Nachbarn wird man als Assozial und Kiffer beschimpft…der Vermieter (ironischerweise auch der Staat) kündigt mir die. Wohnung.
Laut Den Abteilungen für Gesundheit und der Abteilung für öffentliche Sicherheit beim hiesigen Landratsamt sei ich dazu verpflichtet potentielle neue Nachbarn und Vermieter im Vorfeld über meine Krankheit und Medizin zu informieren…

rainer sikora
7 Jahre zuvor

Was es an Zeit und Mühe gekostet hat die, Köpfe auf die es ankommt,falsch zu informieren und programmieren und das von kleinauf.Da wundert es nicht daß man gegen Wände rennt,bei einem Überzeugungsversuch.

Ralf
7 Jahre zuvor

@rainer sikora
Die dämlichen noch immer verblendeten Alkoholiker von permasaufenden Nachkriegsnazis zu überzeugen, kostete überhaupt keine Mühe. Die haben sofort das neue Feindbild angenommen, um von ihren eigenen Nazischandtaten (laut ehemaliger Justitzministerin Leuthäuser-Schnarrenberger waren von 170 hohen deutschen Richtern der Postnazijustiz 90 Blutrichter also Mörder, die danach ihre Nazibrut für ihre Posten nachgezüchtet haben) abzulenken, und die NS-Zeit leichter “vergessen” zu können.

moep
7 Jahre zuvor

@MK

Direkt zum Anwalt… damit kommen die nicht durch!

Ralf
7 Jahre zuvor

@moep
Leider ist die Juristerei ein Geschäft und nur für Kapitalisten erschwinglich. Recht oder gar Gerechtigkeit muß man sich in diesem sogenannten Rechtsstaat leisten können. Wer arm ist bekommt kein Recht ist also definitiv rechtlos. Da Cannabiskonsumenten ja systematisch arm gemacht werden, sind sie weitgehend rechtlos, die Diskriminierung kommt dann noch dazu, wo jemand seine letzten Kröten zusammenkratzt um sich sein “Recht” zu kaufen wie die Nichtkiffer, was er als Cannabisuser ja garnicht kann. Er wird nur ausgeplündert und bekommt minderwertige “Rechts”-Ware. Deswegen ist dieses ganze sogenannte Rechtsystem auch von vorneherein nichts weiter als ein rechtssystem und eine Schande für jeden Menschen mit Gerechtigkeitsgefühl. An @MK gebe ich den Rat, laß es lieber!