Mittwoch, 28. November 2012

Was tun bei Cannabis-Allergie?

Franjo Grotenhermen ist Vorstand und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin

Cannabis besitzt antiallergische Eigenschaften, kann jedoch auch seinerseits Allergien auslösen. Viele Allergiker haben festgestellt, dass Cannabis ihnen hilft, besser durch die Heuschnupfenzeit im Frühjahr und Sommer zu kommen oder andere Allergien ohne die Verwendung von üblichen Medikamenten zu bewältigen. Bei allergisch bedingtem Asthma wirken Cannabisprodukte entzündungshemmend, antiallergisch und Bronchien erweiternd. Diese Beobachtungen wurden bereits in einer Anzahl von Tierversuchen bestätigt.

Leider besteht auch die umgekehrte Möglichkeit: Cannabis kann auch selbst Allergien verursachen. Der erste Fallbericht über eine Allergie auf Cannabis wurde vor etwa 40 Jahren in einer Fachzeitschrift veröffentlicht. Eine 29-jährige Frau entwickelte nach dem Rauchen einer Cannabiszigarette schwere allergische Symptome, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. In der Folgezeit wurden immer wieder ähnliche Fallberichte veröffentlicht. Die Symptome reichen von Reaktionen an den Schleimhäuten mit geröteten Augen und vermehrter Sekretbildung in der Nase, Reaktionen in den Atemwegen mit asthmatischen Symptomen bis hin zu Hautausschlägen, Ödembildungen, Durchfall und Kreislaufproblemen. Die Berichte stammen aus der ganzen Welt von Indien bis USA.


Auch Cannabis kann „reizen“ – Foto: Archiv

Eine Allergie ist durch eine Überreaktion des Immunsystems auf bestimmte Substanzen charakterisiert, beispielsweise Blütenpollen, Hausstaub (Milbenkot), Tierhaare, Nüsse, Tomaten, Arzneimittel und Metalle. Diese Substanzen werden Allergene genannt. Eine Allergie kann dann durch eine Inhalation eines solchen Allergens (zum Beispiel Blütenpollen im Frühjahr), durch eine Aufnahme mit der Nahrung (zum Beispiel Nüsse oder Antibiotika) oder durch einen Hautkontakt (zum Beispiel ein Kontakt mit Zink) ausgelöst werden. Die Häufigkeit von Allergien hat in den vergangenen Jahrzehnten in industrialisierten Ländern, aber auch in sich entwickelnden Ländern wie Indien, stark zugenommen.

Spanische Ärzte stellten im Jahr 2008 in einer Fachzeitschrift für Allergien den Fall einer 27-jährigen Marokkanerin vor, die über einen Zeitraum von 2 Jahren eine Cannabisallergie mit Symptomen im Bereich von Augen und Nase entwickelte, während sie beruflich in einem Forschungslabor mit Cannabis zu tun hatte und Cannabispollen ausgesetzt war. Ein Allergietest auf der Haut, der so genannte Prick-Test, verlief positiv. Eine genaue Analyse ergab, dass sie allergisch auf einen Eiweißstoff in den Blütenpollen reagierte. Die Autoren des Artikels weisen darauf hin, dass die Patientin in einer Gegend Marokkos aufgewachsen war, in der viel Cannabis angebaut wird, so dass bereits in der Kindheit eine Überempfindlichkeit angelegt worden sein mag.

In den USA wurde beobachtet, dass in vielen Regionen die Blütenpollen in der Luft einen hohen Anteil an Pollen von Cannabis aufweisen können. So berichtete beispielsweise eine Forschergruppe aus Nebraska im Jahr 2000, dass Cannabispollen 36 Prozent aller gezählten Pollen während der Heuschnupfenzeit ausmachten. Sie stellten zudem fest, dass viele Pollenallergiker auch auf Cannabispollen allergisch reagierten. In einer Studie aus dem Jahr 1983 aus Arizona reagierten 70 Prozent der untersuchten Allergiker in einem Allergietest auch positiv auf Cannabispollen. In einer anderen Studie mit 140 Asthmapatienten mit einer Überempfindlichkeit auf Blütenpollen, Tabak, Tomaten oder Latex reagierten 53 Prozent auch überempfindlich auf Cannabis.

Ein kanadisches Forschungsteam hat kürzlich eine Fallstudie vorgelegt. Die Wissenschaftler konnten bei 13 Männern und 4 Frauen nachweisen, dass sie allergisch auf Marihuana reagieren. 15 dieser 17 Patienten reagierten bei der Inhalation von Cannabis mit Schleimhautreaktionen an Augen und Nase, Nießen, Schwellungen im Hals oder anderen Symptomen. 13 reagierten auf den Hautkontakt mit einer Rötung und Schwellung der Haut.

Die allergische Reaktion auf Cannabisprodukte kann auf unterschiedlichen Bestandteilen der Pflanze beruhen. Meistens sind es Eiweißstoffe in den Pollen oder Blättern, nur sehr selten THC oder andere Cannabinoide. Manchmal sind keine Cannabisbestandteile, sondern Verunreinigungen beispielsweise durch Pilze (Aspergillus) für die Überreaktion verantwortlich.

Die einfachste Lösung ist die Beendigung des Cannabiskonsums, was für viele Konsumenten allerdings keine attraktive Lösung darstellt. Mögliche alternative Maßnahmen sind die Vermeidung von Verunreinigungen, die Verwendung von Cannabisprodukten ohne Blütenpollen und andere Eiweißstoffe, wie beispielsweise hoch gereinigtes Haschischöl. Um die genaue Ursache zu ermitteln, hilft nur ein Allergietest oder das Ausprobieren verschiedener Cannabiszubereitungen. Nur wenn tatsächlich eine sehr seltene Allergie auf THC besteht, bleibt lediglich die Abstinenz.

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