Dienstag, 30. August 2022

Drogen auf TikTok: Minderjährige, Rausch und Likes

Bild: Simon Hanf

Drogen auf TikTok: Minderjährige, Rausch und Likes. Auf TikTok präsentieren sich immer mehr Minderjährige mit und auf Drogen. Diese sammeln viele Likes für ihren gefährlichen Rausch.

Einleitung

Die Journalisten vom Youtubekanal STRG_F haben in einer aufwändigen Recherche die Drogenszene auf TikTok untersucht. Dort präsentieren sich Minderjährige im Rausch. 14-jährige Mädchen mit einer Mydriasis (Pupillenerweiterung) sind keine Seltenheit. Der Film begleitet die Journalistin Desiree in Gesprächen mit den jungen Menschen. 

Viele der jungen Menschen leben in einer offensichtlichen Endzeitstimmung. So postete ein junges Mädchen, dass sie seit drei Jahren nicht mehr in der Schule war, ein Junkie geworden ist, der nicht mehr ohne Drogen kann und dass sie mit 20 sterben werde. Unter den jeweiligen Posts wird darüber gesprochen, wann man das erste Mal “drauf” war. Die Jüngsten waren 10 Jahre alt. Die Journalistin Isabell hält auch den Kontakt zu den Minderjährigen. Die Drogen werden als Flucht aus der Realität genommen. Auch um problematischen Familienstrukturen zu entkommen.  

TikTok und die Richtlinien 

TikToks Community-Richtlinien untersagen das Darstellen, Bewerben und Handeln von Drogen und anderen illegalen Substanzen. Dazu heißt es seitens TikToks: “Wir wollen sicherstellen, dass TikTok keine kriminellen Handlungen oder die Werbung für oder den Handel mit Drogen, Tabak, Alkohol und anderen kontrollierten Substanzen oder regulierten Waren unterstützt.” Dennoch befinden sich die Videos, gerade von Minderjährigen im Rausch mit illegalen Substanzen massig auf der Kurzvideoplattform. In Deutschland nutzen laut der Reportage 10 Millionen Menschen TikTok, bei den 16-19 jährigen sind es 73%. 

Zwar sind auf TikTok die #Drogen und #druff gefiltert aber durch die Abwandlung zu #drff können die Inhalte weiterhin mit der Community geteilt werden, ohne gefiltert zu werden. Ebenfalls vorhanden ist der #Tanteemma für MDMA.

TikTok ließ mehrere Fristen der Presseanfragen verstreichen. Erst nach mehrfachen Nachfragen der Journalisten wurden einige der Videos entfernt. Diese Hashtags sind allerdings immer noch aufrufbar.

Interviews mit Konsumenten und Dealern 

Es kommt zu einem Interview mit einer jungen Frau mit dem Pseudonym Leyla. Sie war früher in der Facebook-Drogenszene aktiv und hat viele Bilder mit Spritzen und Heroin gepostet. Sie berichtet, wie leicht es vor einigen Jahren war, über einige Facebook-Gruppen Drogen zu erwerben. Es werden geschönte Fotos von Leyla gezeigt, wie sie sich stolz mit Spritzen in der Hand präsentiert. Sie meint, sie habe ein geschöntes Bild von Heroin gezeigt. Da sie eine Wohnung hatte und nicht anschaffen musste, konnte sie nur den schönen Rausch zeigen. Bei echtem Heroin, so Leyla, gibt es kein Handy mehr, denn das liegt im Pfandhaus für den nächsten Schuss. 

Die Journalistin Desiree führt ein weiteres Interview mit einem ehemaligen Dealer namens Tim. Dieser habe gedealt, um sich seinen eigenen Drogenkonsum zu finanzieren. Er berichtet von Kontakten zu Abiturienten, die bei ihm gekauft haben, bis hin zu Obdachlosen, die ihm einen Blowjob für einen Schuss angeboten haben. 

Desiree versucht herauszufinden, ob man tatsächlich so leicht an Drogen kommen kann und verbindet sich mit der Drogenszene auf TikTok. Dieser Plan wurde selbstverständlich mit den Justizbehörden abgesprochen, um sich rechtlich abzusichern. Diese Bestellungen wurden auf WhatsApp und Telegram durchgeführt. Auf eine Presseanfrage, ob man bescheid wisse, was in den Gruppen passiere, antwortete Telegram nicht. WhatsApp schickte eine schriftliche Stellungnahme, wo es hieß, dass die Konten, die gegen die Richtlinien verstoßen würden, gemeldet werden können. Dann würden sie handeln. 

Die Bestellung

Desiree stellte Kontakt zu einem Drogentaxi her, in dem sie Kokain erwarb. Sie präsentierte ein Gramm, welches sie für 60€ erwarb der Kamera. Das MDMA, welches sie einige Tage zuvor bestellt hatte, kam per Post. Die Journalistin ist offensichtlich schockiert, wie einfach und schnell sie diese Drogen erwerben konnte. Sie will die Drogen so schnell wie möglich loswerden. Sie schickte die Drogen nach Freiburg ins toxikologische Labor. 

Eine Konsumentin (Marie) berichtet, dass sie bisher noch nie auf TikTok aufgrund von Drogen gesperrt wurde. Allerdings habe sie Narben vom “ritzen” und dafür wurde sie bereits mehrfach gesperrt. Es scheint, als ob TikTok ein Problem mit Selbstverletzung hätte, aber keines mit Drogenexzessen. Sie berichtet, dass die Videos von den anderen sie triggere und teilweise zum Konsum animiere. Sie nutzte im Hintergrund die Musik des Rappers Herzog, welcher über Drogenexzesse rappte. 

Interview Herzog

Es kommt zu einem Interview mit dem Rapper Herzog und Isabell. In seinem Song “Ein Herz für Drogen” kommt die Hook “Ein Herz für Drogen, Zwei Lungen für Rauch, Drei Lines gezogen, Und vier Pillen im Bauch, Fünf Liter Wodka, Sechs mal gekotzt, Sieben mal kam Notarzt, Und Acht mal die Cops” vor welche in mehreren Videos der Drogenkonsumenten im Hintergrund läuft. Herzog berichtet, dass er es damals (2012) nicht absehen konnte, dass er so groß wird. Ebenfalls konnte er damals seine Vorbildfunktion nicht wahrnehmen. Dennoch hat er Drogenbilder von Fans gepostet. 

Er ist ziemlich überrascht, als er die Jugendlichen sieht, wie sie sich mit seiner Musik im Hintergrund im Rausch präsentieren. Er sehe keinen direkten Einfluss von seiner Musik auf die Konsummuster der minderjährigen Drogenkonsumenten. 

Herzogs Song “Rettungsschirm” kritisiert den Drogenkonsum und stellt für viele eine Hilfe bei dem Weg aus der Sucht dar. Beliebter bleiben aber seine drogenverherrlichenden Songs.   

Es wird von dem Fall von Josh, einem 19-jährigen, berichtet, der an einer Überdosis starb. Josh trug den Merch von Herzog. Isabell liest einen Auszug aus der Grabrede von Josh vor. Herzog ist Teil dieser Grabrede. Dies nimmt den Rapper sichtlich mit. Besonders der Auszug, dass selbst wenn man als Drogenkonsument ein Herz für Drogen hat, haben Drogen haben kein Herz für den Konsumenten. 

Jedoch ist es sehr fraglich, impliziert, einen Teil der Verantwortung auf einen Künstler zu übertragen. Herzog ist genauso wenig für den Drogenkonsum der Minderjährigen verantwortlich wie Black Metal Bands für Kirchenbrände und Morde. Dies wäre eine viel zu simple Erklärung für ein kompliziertes Problem.

Interview Prof. Volker Auwärter

Es kommt zu einem Interview mit dem renommierten Toxikologie Professor Volker Auwärter aus Freiburg. Die Ergebnisse des Labors wurden gegen Ende der Dokumentation präsentiert. In der MDMA-Pille wurde als Hauptwirkstoff erwartungsgemäß MDMA aber auch Koffein gefunden. Weitere Verunreinigungen konnten allerdings nicht erkannt werden. Im Kokain konnte der Professor keinerlei Streckmittel entdecken. Prof. Auwärter meinte, dass es immer Minderjährige geben werde, die Drogen konsumieren würden, dies könne selbst die beste Prävention nicht verhindern. Er spricht allerdings von Harm Reduction, also Schadensminderung, die sehr wohl angewandt werden kann. 

Zum einen sollte man möglichst lange mit dem Konsum warten und nicht schon mit 10, 11 Jahren Drogen konsumieren. Ebenfalls sollte man sich, laut Auwärter, über den Stoff, den man konsumieren möchte, ausführlich informieren. Ebenfalls sollte man nicht alleine konsumieren und einen Tripsitter bei sich haben, der nüchtern bleibt und ggf. eingreifen kann.

Fazit

Drogenkonsum geht nie ohne Risiken. Besonders riskant ist es, wenn Kinder und Jugendliche Drogen konsumieren. Das TikTok diesen Drogenkonsum auf ihrer Plattform zulässt ist äußerst besorgniserregend. Es ist ein Phänomen, welches bislang nur wenig Beachtung bekam. Die Reportage von STRG_F änderte dies. Es ist wichtig, solche Phänomene zu beobachten und dort adäquat zu handeln. Das Etablieren von DrugChecking wäre eine Möglichkeit den Schaden welche Drogen anrichten zu reduzieren. Ebenfalls braucht es an den Schulen mehr Aufklärung und die jungen Menschen müssen besser von dem System aufgefangen werden. Es darf allerdings nicht durch Strafverfolgung, sondern durch Aufklärung und Therapie erfolgen. Nur so lässt sich dieses Problem adäquat angehen.

Ein Beitrag von Simon Hanf  

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Substi
1 Jahr zuvor

Aufwändige Recherche!? Ich lach mich tot….dieses Machwerk ist so oberflächig wie es nur geht! Der Alkohol wird gleich ganz ignoriert und selbst die gut tätowierte Reporterin hat nur Propagandawissen! Ein Pharmakologe ist als Experte für Sucht auserkoren und das hört man auch; die selbe Propaganda und das selbe Unwissen über Sucht wie die Reporterin! Einstiegsdroge ist Cannabis, nicht etwa Alkohol, vom Kiffen dann direkt zum Heroin, Ketamin, Kokain und zur Chemie….was für Clickbait!
Diese Reportage (falls man sie so nennen möchte) ist schlecht! Die kauft sogar Drogen im Internet! Lächerlich