von Janika Takats
Bild: Rootdown Records
„Ich freue mich, dass die Menschen nicht mehr für 2 oz. Marihuana ins Gefängnis wandern, doch das reicht nicht.“
Etana bedeutet “The strong one” auf Swahili und diese Stärke ist sofort zu spüren wenn die Sängerin auf der Bühne steht. Shauna McKenzie aka Etana hat sich nie etwas vorschreiben lassen und ist stets ihren eigenen Weg gegangen, ungeachtet aller Widerstände. Ende letzten Jahres erschien ihr aktuelles Album „I Rise“ und wurde zum Nr. 1 Reggae-Album des Jahres gekürt. Die auf Jamaika geborene Künstlerin ist nicht nur musikalisch erfolgreich sondern setzt sich auch für Mädchen und junge Frauen aus benachteiligten Familien ein und kämpft seit langem für die Re-Legalisierung von Cannabis. Mehr davon erzählt sie uns in folgendem Interview.
Geboren bist du auf Jamaika, bist aber auch in den USA aufgewachsen. Inwiefern hat diese Erfahrung deine Persönlichkeit geprägt?
Ich bin in Amerika zur Schule gegangen, doch meine jamaikanische Kultur blieb in mir erhalten. Auf Jamaika bin ich bei meiner Großmutter groß geworden. Von ihr habe ich all die jamaikanischen Sprichwörter gelernt. Meine Wurzeln liegen ganz klar auf der Insel. Nachdem ich in den USA zwei Jahre aufs College gegangen bin, kehrte ich in meine alte Heimat zurück. All diese Erfahrungen machen mich zu dem Menschen, der ich heute bin.
Wie hat deine Musikkarriere begonnen?
Damals wollte ein Freund von mir einen Bekannten besuchen, der damals für das Management von Richie Spice zuständig war. Er erzählte ihm, dass ich wirklich gut singen könnte und die beiden überzeugten mich einen Song aufzunehmen. Ich hatte damals allerdings kein großes Interesse an einer Zusammenarbeit. Das Label bei dem ich zuvor unter Vertrag war, war ein großes internationales Label und ich konnte mir nicht vorstellen zu einem Reggae-Label „zurückzukommen“. Daher bin ich gegangen. Trotzdem fragen sie mich, ob ich eine Show mit Richie Spice machen würde als Background Sängerin. Daraus wurden dann mehrere Shows in verschiedenen US-Städten. So hat alles angefangen.
So hat deine Karriere auf Jamaika begonnen. Allerdings hattest du auch schon in den USA begonnen zu singen. Wie ist das gelaufen?
In den USA war ich in einer Girl-Group. Ich habe diese verlassen und bin nach Jamaika zurückgekehrt, um ein Internet-Café zu eröffnen. In dieser Gruppe war es mir nicht möglich mich so auszudrücken, wie ich es gerne wollte. Mir wurde vorgeschrieben was ich essen soll, wie ich meine Haare tragen soll – damals wollte ich einen natürlichen Afro tragen, doch das Label war dagegen – und was ich anziehen soll. Irgendwann war ich das Leid und wollte einfach nur ich selbst sein. Ich wollte für das Leben, die Wahrheit und die Realität einstehen und ich wollte nicht nackt sein während ich das tue. Ich wollte schreiben, was mir in den Sinn kam.
Nach deiner Rückkehr hast du als Background-Sängerin begonnen. Hast du das als Rückschritt empfunden?
Es hat mir großen Spaß gemacht mit Richie Spice zu arbeiten. Währenddessen haben Leute sein Management immer wieder gefragt wer ich sei. Es hat ca. sechs Monate gedauert bevor ich mich dazu entschied für sie einen Song aufzunehmen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass danach alles so schnell gehen würde. Danach hieß es, ich könne nicht mehr mit Richie auftreten. Ich war bei einem großen Konzert dabei und aufgeregt auf die Bühne zu kommen. Da hat man mir gesagt, dass ich an dem Abend nicht dabei sei. Der Grund war, dass Richie der Überzeugung war, dass es für mich an der Zeit sein mein eigenes Ding zu machen.
Du bist die Initiatorin der „Just One Foundation“ wofür setzt sich diese Organisation ein?
Es gibt auf Jamaika viele Mädchen und junge Frauen im Alter von 12 bis 21, die alles tun würden, um Geld zu bekommen, um zur Schule zu gehen oder ihre Kinder zur Schule zu schicken, weil sie früh Kinder bekommen haben. Es hat mir das Herz gebrochen zu sehen, wie vier von ihnen im Alter von 12 bis 14 Jahren beschlossen haben einem Ausländer sexuelle Dienste zu erweisen für 4.000 JA$ (umgerechnet weniger als 40 Euro). Manche von ihnen werden sogar von ihrer Mutter dazu angehalten einen Mann zu finden, um „Geld zu machen“. Ich will die Art und Weise, wie sie das Leben betrachten verändern. Ich will, dass ihnen klar wird, dass ihre kleine Community nicht die Welt ist und dass es Möglichkeiten gibt dort rauszukommen und gebildet und unabhängig zu sein. Einmal im Monat treffen wir uns, damit die Mädchen die Möglichkeit haben, über ihre Gefühle und Probleme zu reden. Ich habe mir gedacht, dass, wenn ich sie in verschiedenen Programmen unterbringe und sie in den Dialog mit anderen starken und unabhängigen Frauen kommen, sie Vorbilder bekommen, die sie inspirieren das gleichen zu tun. Die Idee ist einfach, doch es steckt eine Menge Arbeit dahinter Trips außerhalb der Community zu organisieren oder ihnen vielleicht sogar die Chance zu geben das Land zu verlassen. Sie sollen realisieren, dass die Welt groß ist und es jede Menge starke Frauen da draußen gibt.
Das Programm läuft, doch ich denke ich bin an dem Punkt an dem es schlicht zu viele Menschen gibt, die meine Hilfe brauchen. Daher habe ich mich entschlossen mir Hilfe zu suchen. Ich habe allerdings ein Problem damit, wenn Leute denken, es würde sich dabei um eine Publicity-Sache handeln und das Projekt nicht ernst nehmen.
Dein letztes Album „I Rise“ wurde zum Nr. 1 Reggae Album gewählt. War das eine Überraschung für dich?
Es hat mich glücklich gemacht. Ich habe von meinem Label nicht die Unterstützung in Bezug auf Marketing bekommen, die ich haben wollte. Doch ich habe ihnen gesagt, dass ich es mit oder ohne sie schaffen würde. Und das habe ich, was mich sehr stolz macht, auf mein Team und auf mich selbst. Ich weiß allerdings auch, dass ich noch viel Arbeit vor mir haben, deshalb mache ich weiter.
Ende 2013 hast du den Song „Hemp Eyes“ herausgebracht. Was hat dich dazu bewegt?
Es tut mir in der Seele weh zu sehen, dass Jamaika das Land ist, in dem am meisten über Marihuana gesungen und am meisten Marihuana geraucht, gegessen und getrunken wird. Trotzdem haben die Menschen keine Kontrolle darüber, es ist nach wie vor illegal und die Felder werden verbrannt. Wie kann man eine Pflanze verbrennen, die die Kraft hat Krebs zu heilen? Wie kann man eine Pflanze verbrennen, die es kleinen Babys ermöglicht zu leben und sich gesund zu entwickeln? Das kann ich nicht verstehen. Aber ich weiß warum, weil jede Menge Menschen jahrelang zur Universität gegangen sind, um zu lernen wie man pharmazeutische Produkte herstellt und vermarktet. Denen gefällt es natürlich nicht, dass Menschen ohne Bildung sich selbst heilen können.
Langsam ändern sich die Dinge in den USA und auch auf Jamaika wurde Marihuana entkriminalisiert.
Ich freue mich, dass die Menschen nicht mehr für 2 oz. Marihuana ins Gefängnis wandern, doch das reicht nicht. Die Bevölkerung muss wissen wie mächtig diese Pflanze ist und wie groß ihre Heilkraft ist. Sie müssen verstehen, dass die Pflanze, wenn sie im Garten wächst, die Luft reinigt und dass das wesentlich besser ist als jeden Tag den schmutzigen Qualm durchs Rauchen einzuatmen. Man muss die Leute aufklären und ihnen den richtigen Gebrauch beibringen. Momentan wird Marihuana von den oberen Gesellschaftsschichten immer noch verteufelt und viele Menschen nehmen sich daran ein Beispiel. Wir brauchen Aufklärung und weitreichendere Gesetzesänderungen. Sie müssen aufhören die Felder zu vernichten. Die Sache geht langsam voran, doch Jamaika sollte nicht warten bis die gesamten USA, Europa und Großbritannien legalisiert haben. Dann wird Jamaika von anderen Ländern abhängig sein und vielleicht Marihuana aus den USA importieren müssen und das ärgert mich. Momentan arbeite ich mit Menschen zusammen, die in Kalifornien ein Aufklärungsprogramm in Verbindung mit einer Dispensary auf die Beine stellen. Ich will mich mit ihnen Vernetzten und Wege finden Zweigstellen in Jamaika zu errichten, um die Leute kostenlos über Marihuana zu unterrichten. Wenn ich von der Tour zurück bin, werde ich dem Vorstand beitreten, um Dinge in Gang zu setzten.
Das hört sich toll an! Angesehen davon, was steht bei dir in nächster Zeit an?
Ich will möchte die Welt auf die „Women On A Mission Foundation“ aufmerksam machen. Ich habe eine Gruppe von Mädchen, die Röcke herstellen, die ich online verkaufe. Der Erlös geht an die Mädchen und soll ihnen helfen im Leben voranzukommen und sich ihre Träume zu erfüllen. Ich bin allerdings dazu übergegangen mich auch um die Jungs zu kümmern. Es gibt eine Menge Mädchen, die ihre High School Ausbildung abschließen, doch bei vielen Jungen ist das nicht der Fall. Ich tue was ich kann und ich will, dass das Projekt wächst. Zurzeit kümmere ich mich allein darum, zusammen mit einigen Menschen, denen das Projekt am Herzen liegt, wie meinem Drummer und meinem Ehemann sowie einigen weiteren Familienmitgliedern und Freunden. Ich will in größeren Locations auftreten und mehr Menschen auf mich aufmerksam machen, um eine größere Fangemeinde zu bekommen. Ich will in unbekanntes Gebiet vordringen.
Vielen Dank für das Interview.