Clueso: So sehr dabei Live
(four music)
Im letzten Jahr hat sich Clueso definitiv in die A-Liga der deutschen Musikszene katapultiert. Der früher mal kleine Four Music-Act ist zu einem verdammt guten Songwriter herangereift, füllt grosse Hallen und entwickelt sich mit jedem Album kontinuierlich weiter. Wer bisher noch nicht die Chance hatte, sich von Cluesos grandiosen Live-Qualitäten zu überzeugen, kann das jetzt direkt von der heimischen Couch aus. Durch das wohnzimmerähnliche Arrangement der Band, mit vornehmlich akustischen Instrumenten, bekommen die meisten Songs des vierten Studioalbums „So sehr dabei“ ein erfrischend neues Gesicht und sind teilweise erst beim Einsetzen des Gesangs wieder zu erkennen. Ab dem ersten Ton durchströmt eine unglaubliche Live-Atmosphäre den Raum, so dass man sich sofort wie einer der über fünfzigtausend Fans vorkommt, die im Herbst 2008 auf der Tour zusammen mit Clueso und Band feiern konnten. Mit durchweg glaubhaften, intimen und zugleich gigantischen Songs bringt Clueso einem auf sympathische Weise die kleinen Geschichten des Alltags nahe. Meine persönlichen Highlights sind das nachdenkliche „Jede Stadt“, das schwingende „Frische Luft“ (viel besser als das Original), das groovende „Mitnehm“, das entspannte „Keinen Zentimeter“, das rührselige „Chicago“, das männliche „Keinen Bock zu geh’n“, das federleichte „Barfuss“ und das melancholische „Gewinner“ als perfekten Abschluss. Ein unglaublich harmonisches und vor allem natürliches Erlebnis. Selten ist man bei einem Live-Album so sehr dabei wie hier bei Clueso.
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DJ Vadim: U Can’t Lurn Imaginashun
(bbe records)
Seit Mitte der 90er Jahre ist der umtriebige DJ und Produzent aus St. Petersburg aktiv und hat vier Soloalben, zwei Band-Alben (One Self + The Isolationist), ein Remixalbum sowie unzählige Mix-CDs, EPs, 12“s, 7“s und Remixe veröffentlicht. Sein einzigartiger Stilmix aus HipHop, Soul, Reggae und Electronica haben ihn rund um den Globus bekannt gemacht. 2008 war ein schweres Jahr für Vadim, aber Schicksalsschläge lassen uns bekanntlich wachsen. Trotz Schmerzen schaffte er es im letzten Jahr, weltweit mit Fat Freddy’s Drop, DJ Krush und Slick Rick zu touren. Der ewig Reisende und verlässliche Lieferant qualitativ hochwertiger Beats, der erst vor kurzem den Krebs besiegte, grub für sein neuestes Werk tief in der Plattenkiste und spricht über das Album von fesselnder Musik und seiner bisher besten Veröffentlichung. Bei „U Can’t Lurn Imginashun“ geht es um die Umsetzung von negativen Gefühlen in Inspiration und Kraft und darum, dass Vorstellungskraft nur tief in uns selbst zu finden ist. Mit Keyboard, AutoTune, TalkBox und Vocoders entdeckte er neue Möglichkeiten sich auszudrücken. So entstanden Reggae Beats, die neben Desmond Decker Platz nehmen könnten, Neo Soul- und Conscious Rap-Stücke, die an Jill Scott oder Q-Tip erinnern und experimentelle Kleinodien, die mit der Arbeit von Flying Lotus oder J Dilla blutsverwandt sind. Der John Coltrane des HipHops liefert ein großartiges Dokument einer Reise in neue Gefilde der Musikgeschichte. Ein Muss für jeden, der Vadim schätzt und für diejenigen, die sich gerne fernab abgesteckter Grenzen inspirieren lassen.
www.myspace.com/djvadim
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Zwicker: Songs Of Lucid Dreamers
(compost records)
Zwicker alias Cyril Boehler ist ein sehr produktiver Produzent, Komponist und DJ aus Zürich und repräsentiert eine neue Generation Schweizer Produzenten. Neben mehreren Vinyl-Veröffentlichungen auf Compost Black Label erschienen einige seiner Tracks bereits auf Compilations der Labels BearFunk und Get Physical. Ausserdem produzierte er Remixe für Spektrum, Minus 8, Jamie Lloyd oder Stephan Eicher (Grauzone). Auf seinem Debütalbum „Songs Of Lucid Dreamers“ pflegt Zwicker eine Symbiose aus mutierten Disco-Sounds, House, Pop und Electro und vermischt vollkommen unverkrampft perkussive Beats mit einprägsamen Melodien und futuristischen Klanglandschaften. Gleich der erste Song „Who You Are“ mit Heidi Happy geht mir gut rein, und auch die seelenluftige Stimme von Olivera Stanimirov belebt drei frühlingshafte Tracks, von denen mir „Strangeways“ am besten gefällt. Wem wie mir auch Spoken Art etwas gibt, freut sich sicherlich über Billy Oden in „Dragon Fly“. Weitere Gastvokalisten sind Jamie Lloyd („Sleepwalking“ und „Sui’s Knee“) und Valentino Tomasi in der Synthie-Ballade „Ping Pong Muses“ sowie Serpentine in „Prism“. Zusammen mit Matt Didemus von den Junior Boys gibt’s noch einen trippy morphenden „Traumdeuter“, während James Teipdek auf der „Submarine Kabelgau“ mitgroovt. „Die meisten der Songs auf diesem Album sind über Träume. Geschrieben von mir und dem Gast-Vokalisten. Wir sind Musiker und folgen unseren Träumen Tag und Nacht. In meinen Träumen und Lieder bin ich ein Träumer“, meint Zwicker. Ich fühl‘ mich dabei heidi happy.
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Various: Ragga Ragga Ragga! 2009
(greensleeves records)
Cover und Titel zeugen nicht gerade von überschäumendem Einfallsreichtum. Aber zumindest weiss man sofort, womit man es zu tun bekommt. Die Selection präsentiert einen Querschnitt durch das aktuelle Dancehall-Treiben, damit der trendbewusste Ragga-Hase weiß, wohin er 2009 zu bouncen hat. Schwachbrüstiger ist das Genre über die Jahre nicht geworden. Melodisch legen Vybz Kartel mit „Life Sweet“ und Black Ryno mit „Real Stingers“ noch ein recht ruhiges Tempo vor, bevor Laden mit „Time To Shine“ eine fast schon hymnische Nummer zum Besten gibt. Busy Signal speit mit „Money Tree“ mal wieder ein knallbuntes Feuerwerk, und Mavados charakteristischen Tonfall finde ich auch nach wie vor sehr angenehm. Aidonia, RDX und Bragga Dat gehen mit hämmernden Riddims nach vorne, und Ricky Blaze feat. Fresh Prince & Jr. Vibes brillieren in „How Me Look“ ganz fantastisch. T.O.K. und Beenie Man toasten sich in ihren grossartigen Dancehall-Hymnen fast einen Knoten in die Zunge. Und nach Bounty Killer’s tragendem Finale gibt’s auf der Bonus-CD 15 explosive Killer Cuts, die „15 Years of Ragga Ragga Ragga“ zelebrieren und weitere gezielte Handkantenschläge ins Genick setzen. Das einzige, was ich vermisse, sind die Ladies, ansonsten ist das ein Top-Sampler. – Wer’s nicht unbedingt thematisch aber musikalisch etwas ruhiger mag, wird mit Sizzla’s neuem Album bedient sein. Der kehrt mit „Ghetto Youth-Ology“ endlich wieder zu seinen Wurzeln zurück, spricht Themen wie Spritualität, Recht und Wahrheit und schließt sich „Da Real Thing“ von 2002 in seiner Message und konsequenten Stimmung 100% an.
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