Donnerstag, 11. Mai 2006

>> Poetry / Electronica

Das Bierbeben: Alles fällt (shitkatapult)

„Das Bierbeben“ wurde im Jahre 2000 gegründet und ist Bestandteil der „Künstlergruppe im Namen des Volkes“, denn der Ekel, der das Bierbeben beim Blick auf die kulturelle Realität der heutigen BRD widerfährt, fordert das Arbeiten in selbstgestalteten Gruppen als freudvollen Gegenentwurf hierzu geradezu heraus. Klingt so interessant, dass das Album „Alles fällt“ hier schon den ganzen Tag rauf und runter läuft. Hmm, die bierbebende Philosophie ist diffus, die musikalische Ausrichtung fraglich und der politische Anspruch besteht aus Elektronik, Gesang und Gitarren. Die fünf Mitglieder stammen aus Hamburg und Berlin, und ihre künstlerischen Einflüsse setzen sich wie folgt zusammen: Beton Combo, Cotzbrocken, Asmus Tietchens, Franz Josef Degenhardt, Faust, George Antheil, Ingrid Caven / Peer Raaben, Dopplereffekt (nur T. Mynther), Bonnie „Prince“ Billy, Liimanarina, Strangulated Beatoffs und natürlich dem Asia Hung im Mercado Hamburg-Altona, wo es Bratnudeln für 2,50 Euro gibt. – Ich kapier’ zwar überhaupt nix, is’ aber auch egal, da das Album der absolute Oberhammer ist. Etwas zu schaffen, was auf Dauer schön bleibt, war der vorrangige Wunsch. Es waren lange Nächte und Tage, auch in dem erlangten Bewusstsein, dass gewisse, nicht unsympathische Hörer elektronischer Musik auf eine auch nur andeutungsweise irrtümlich programmierte Bassdrum o. ä. sehr vergrämt, spöttisch oder gar aggressiv reagieren und der Stil und die Aussagen der Texte dem Zeitgeist entgegengesetzt sind. Elf Tracks laden jedenfalls zum Nachdenken und Grooven ein, und ich bin schwer begeistert. „Im Kreis“ narkotisiert, betäubt und paralysiert sogleich. Und „Bis die Liebe nicht mehr weh tut“, werden wir leben. Das Bierbeben fragt: „Warum faltest Du die Hände“ und klärt uns auf, was „Ihr“ falsch macht und was „Der heimliche Aufmarsch“ eigentlich bedeutet. Alles fällt und alles fällt. Mit einer eigenen Interpretation von „Kein schöner Land“ befindet sich auch traditionelles Liedgut auf dem Album. Die „Häuser“ stammen dagegen textlich wie musikalisch von EA80. Und mit „Des Nachts“ und „Keiner wird Dein Herr sein“ dringen noch zwei weitere Lieblingsstücke in mein Ohr. Ob die Ansprüche, mit denen das Bierbeben an die Sache heran gegangen ist, wirklichkeitsnah sind oder sich gar als erfüllbar bzw. gar nicht erfüllbar herausstellen, wird die Zeit entscheiden. Juwel oder Unrat? Das muss jeder selbst entscheiden. Suum cuique. We prepare no victory.

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