Mittwoch, 2. Mai 2012

„Für mich ist der Gebrauch von Marihuana normal.“

Im Gespräch mit DJ Waxfiend

Als Teenager hat er mit zwei Kassettendecks begonnen Musik zu spielen. Heute spielt DJ Waxfiend auf Partys in der ganzen Welt. Seine 2005 ins Leben gerufene Partyreihe ‚Jamrock‘ ist international bekannt und gehört zu den größten Dancehall Parties Europas. Waxfiend bedeutet so viel wie vinyl-süchtig und mit dieser Leidenschaft schafft es der in Amsterdam geborene DJ immer wieder sein Publikum zu begeistern. Anlässlich zu seiner Show in Berlin hat er sich zu folgendem Interview bereit erklärt.

Wann hast du deine Leidenschaft für Musik entwickelt?
Als ich aufgewachsen bin, war ich ständig von Musik umgeben. Ich habe damals hauptsächlich Hip Hop gehört. Es lief vieles im Radio, aber ich mochte auch jede Menge Musik, die nicht von den DJs gespielt wurde. So habe ich irgendwann begonnen selbst aufzulegen. Ich fing mit zwei Kassettenspielern an. Ich habe zwischen den zwei Decks hin und her geschaltet und mir meine eigenen Sets zusammengestellt. Dieses Hobby ist dann zu meinem Leben geworden.

Mit Hip Hop hast du angefangen. Wodurch kam der Wechsel zum Dancehall?
Ich hab nie wirklich komplett gewechselt. Ich lege auch immer noch Hip Hop auf. Als ich noch zur Schule ging, ich glaube, ich war damals so ungefähr 15 Jahre, habe ich auf Schulpartys aufgelegt. Ich spielte viel Underground Hip Hop, was allerdings vielen Mädchen nicht gefallen hat. Ich musste also eine Musikrichtung finden, die mir gefiel und zu der die Mädchen gerne tanzten. Der Plattenladen in der Nähe meiner Schule, in dem ich alle meine Platten kaufte, war auch einer der Hauptanlaufpunkte für Reggae und Dancehall in Amsterdam. Während ich dort meine Platten aussuchte, hörte ich viel Reggae und Dancehall, der von den Rastas im Laden gespielt wurde. Es hat mir gefallen und ich fing an mich mehr mit diesen Musikrichtungen zu beschäftigen. Ich habe viel recherchiert und begonnen Dancehall und Hip Hop zu mixen. Ich wollte die Musik bekannt machen, die damals nicht die Aufmerksamkeit bekam, die sie meiner Meinung nach verdiente.

Wie würdest du deinen Stil also beschreiben?
Das ist schwer zu sagen. Es kommt drauf an, auf was für einer Party ich spiele. Ich spiele ja auch nicht nur Hip Hop und Reggae / Dancehall, sondern auch R&B, Dubstep, Soca, etc. Ich mache viele Remixe, denn ich mag es, verschiedene Stile zu kombinieren und daraus etwas Neues zu schaffen. Music is Music. Ich glaube, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Musikrichtungen immer mehr verschwimmen. Vielen gefällt diese Entwicklung nicht, weil sie denken, dass dann irgendwann alles gleich klingen würde. Ich sehe das weniger negativ, weil sich dadurch auch viele neue Möglichkeiten ergeben und neue Stile entstehen können. Ich will mich nicht beschränken. Solange Musik gut ist, werde ich sie spielen.

Du legst auf Partys auf, spielst aber auch für Radiosender. Was gefällt dir besser?
Mir gefällt beides. Ich habe vor ein paar Jahren die Partyreihe ‚Jamrock‘ ins Leben gerufen, die inzwischen in ganz Europa bekannt ist. Ich habe die Reihe von Anfang an mit einer Radioshow verbunden, weil ich wollte, dass die Leute mehr über Reggae und Dancehall erfahren. Auf einer Party zu viel über die Songs und die Künstler zu erzählen, würde die Stimmung kaputt machen. Dafür ist eine Radioshow besser geeignet. Gleichzeitig dient meine Show dazu, die Tunes bekannt zu machen, die dann auf dem Dance laufen. Die Leute sind immer besser drauf, wenn sie Lieder hören, die sie bereits kennen. Das ist wohl in jeder Szene so. Auf den Dances bekomme ich eine direkte Reaktion vom Publikum. Ich kriege Forwards für gute Tunes und kann sofort sehen, wie mein Set bei den Gästen ankommt. Das hilft mir, mich bei der Musikauswahl zu orientieren.

Wie hat ‚Jamrock‘ angefangen?
Ich habe zuerst Dancehall- und Reggae-Mix-CDs aufgenommen und verkauft. Damit war ich auch recht erfolgreich. Auf Partys habe ich weiter hauptsächlich R&B und Hip Hop aufgelegt. Wenn ich Dancehall spielte, wollten die Leute immer nur die gleichen Lieder hören. Sean Paul, Wanye Wonder, Elephant Man … ich war es irgendwann leid immer nur die bekannten Standards zu spielen, denn ich wusste, dass es noch so viel anderen guten Dancehall gibt, den ich promoten wollte.
Dadurch kam die Idee eine Party ins Leben zu rufen, die sich auf diese Musikrichtung spezialisiert. Ich habe in einem kleinen Club, in den nur ca. 200 Leute passten, angefangen jeden Dienstag zu spielen. Diese Partys gibt es heute noch. Sie liefen so gut, dass wir beschlossen in größere Locations umzuziehen und auch Dances am Wochenende zu veranstalten.
Wir hatten damals jedes Mal 1400 Gäste, der Club war ausverkauft und draußen war eine Riesenschlange, also sind wir in einen noch größeren Club gezogen. Wir haben die Promotion intensiviert und waren dann bei ca. 2500 Leuten pro Abend.

Du lebst in einem Land, in dem Marihuana rauchen legal ist. Die Niederlande sind eine der wenigen Ausnahmen auf dieser Welt. Denkst du, dass Marihuana in allen Ländern unter Einhaltung strenger Jugendschutzbestimmungen legal sein sollte?
Ich verstehe, ehrlich gesagt, nicht, warum so viel Wind ums Gras rauchen gemacht wird. Alkohol kann man ja auch überall kaufen, oder? Ich sehe mehr Leute außer Kontrolle geraten und schlimme Dinge tun, weil sie zu viel getrunken haben, als Leute die am Rad drehen, weil sie zu viel gekifft haben. Menschen, die high sind, sind eher entspannt und ruhig. Sie prügeln sich nicht mit anderen oder machen irgendwas kaputt. Ich bin in Amsterdam aufgewachsen. Für mich ist der Gebrauch von Marihuana normal. Es ist befremdlich für mich, wenn ich in andere Länder reise und sehe, was Gras dort für ein Problem darstellt. Für uns ist es die normalste Sache der Welt. Manche trinken nach der Arbeit ihr Bier, andere rollen sich einen Spliff.

Ist es wirklich so, dass in den Niederlanden niemand mehr ein Problem damit hat?
Es war nie eine große Sache. Ich denke, ich kann verstehen, dass manche Länder den Konsum von Marihuana regulieren bzw. verbieten wollen. Doch der Weg, wie sie das im Moment machen, ist nicht der richtige. Auch wenn es verboten ist, wenn ich in Deutschland auf eine Reggae Party gehe, sehe ich genau so viele Leute kiffen wie in Amsterdam. Ich denke, dass Verbote selten der richtige Weg sind. Man muss die Leute aufklären und sie dazu anregen verantwortungsbewusst zu handeln.

Wo siehst du dich selbst in zehn Jahren?
Das kann ich nicht sagen. Hoffentlich auf einer sonnigen Insel mit einem Haus nah am Wasser und einem Boot vor der Tür (lacht). Ich weiß es wirklich nicht. Ich liebe Musik und sie wird wohl immer eine Rolle in meinem Leben spielen. Selbst mit 50 werde ich nicht müde werden für mein Publikum aufzulegen.

Vielen Dank für das Interview.

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