Dienstag, 13. Mai 2025

Cannabis-Rauch nebelt ganze Stadt ein

Türkische Polizei verbrennt 20 Tonnen Cannabis auf einer Wiese im Stadtzentrum von Lice

Cannabis

 

 

Von Sadhu van Hemp

 

 

Der weltweite Vernichtungskrieg gegen die Hanfpflanze setzt sich unvermindert fort – auch in der Türkei. Fleißig wie die Bienen sammeln die Damen und Herren von der Gendarmerie Haschisch und Marihuana ein und füllen damit ihre Asservatenkammern auf. Im Laufe der Zeit kommen da so einige Tonnen edelster Rauchware zusammen, die in aller Regelmäßigkeit entsorgt werden müssen, um Platz für neues Raubgut zu schaffen.

Der Tag der „Müllabfuhr“ ist für die Polizei mitunter ein echtes Highlight, insbesondere in Ländern, wo die Exekutive ein Staat im Staate ist und weitgehend machen kann, was sie will – auch wenn es in einem Desaster endet.

 

Eine Kapriole der besonderen Art leistete sich die türkische Polizei Mitte April in der Ortschaft Lice in der Provinz Diyarbakir – mit drastischen Folgen für die Bevölkerung. Um der Welt zu zeigen, wie ernst man es in der Türkiye mit der Cannabis-Prohibition nimmt, hatte die Polizei zum Spektakel einer Open-Air-Drogenverbrennung geladen. 20 Tonnen Cannabis im Wert von umgerechnet rund 229 Millionen Euro, die zwischen 2023 und 2024 der Bevölkerung weggenommen wurden, galt es dem Feuer zu übergeben. Aber das nicht irgendwo im Geheimen auf freiem Feld, sondern ganz feierlich mitten im Stadtzentrum von Lice auf einer öffentlichen Wiese.

Zur allgemeinen Volksbelustigung wurden die konfiszierten Genussmittel so drapiert, dass der Scheiterhaufen die vier Buchstaben LICE zeigte. Ein Gag der Polizei, der nicht bei allen Zuschauern gut ankam.

 

Doch etwas anderes verhagelte den Feuerteufeln der Polizei das Feuerfest. Zwar brannte der Scheiterhaufen wie Zunder, doch leider etwas zu dolle. Geradeso als hätten Fußballfanatiker Bengalos gezündet, entstiegen dem Feuerchen dichte Rauchschwaden, die unversehens die 25.000-Einwohner-Gemeinde einnebelten. Laut Medienberichten stand die gesamte Bevölkerung vom Lice tagelang unter dem Einfluss der giftigen Drogendämpfe.

 

Anwohner versuchten, sich durch geschlossene Fenster und Türen vor dem Rauch zu schützen, dennoch klagten nicht wenige über Halluzinationen, Unwohlsein und Schwindelgefühle. Bei einigen Betroffenen verschlechterte sich das Befinden derart, dass sie medizinische Hilfe benötigten. Die Fahrlässigkeit der Polizei betraf insbesondere Kinder, ältere Menschen, Atemwegspatienten und schwangere Frauen, die der Rauchentwicklung über Stunden ungeschützt ausgesetzt waren.

 

Die Empörung der Bevölkerung über die stümperhaft durchgeführte Cannabis-Verbrennung ist groß. Nicht nur, weil mehrere hundert Liter Dieselkraftstoff als Brandbeschleuniger dienten, sondern auch, weil der Scheiterhaufen so angeordnet war, dass er den Namen der Stadt zeigte. Für die überwiegend kurdische Bevölkerung ist es ehrverletzend, dass ihre Stadt von den Sicherheitsbehörden den Stempel eines Drogen-El-Dorados aufgedrückt bekommt.

 

Das missglückte Spektakel der Cannabis-Verbrennung hat in der Türkei leicht verspätet für Aufsehen gesorgt und auch Kritiker und Experten auf den Plan gerufen. Erste Forderung ist, der Selbstbeweihräucherung der Polizei in Form von öffentlichen Drogenverbrennungen ein Ende zu setzen und beschlagnahmtes Cannabis und andere illegale Genussmittel künftig umweltschonend durch den Schornstein einer Müllverbrennungsanlage zu jagen.

 

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4 Kommentare
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Danielvira
1 Monat zuvor

Was für eine Verschwendung…

Haschberg
1 Monat zuvor

Dummheit ist das schlimmste Gift der Welt.

Ali
30 Tage zuvor

An Blödheit nicht zu überbieten. Und wer die Verhältnisse in der Türkei kennt, der kann sich vorstellen, dass da vorher etliche Kilos in die Taschen der Polizei wanderten. Schließlich sind die ja permanent unterbezahlt. Aber muss man dafür Tonnen von sehr gutem türkischen Haschisch verbrennen, ihr Idis!?

Zuletzt bearbeitet 30 Tage zuvor von Ali
Ralf
25 Tage zuvor

So lange der Faschismus die Welt beherrscht wird sich auch an der Diskriminierung und Vefolgung von uns nichts ändern. Die Inquisition zu beenden hat über 500 Jahre gedauert, ähnlich wird es uns Hanf liebenden Menschen auch gehen, ich sehe da auf absehbare Zeit kein Ende, noch zumal der Zeitgeist wieder Richtung geistiger Umnachtung strebt, wie damals. Vor500 Jahren half die Erfindung des Buchdrucks die Volksverblödung einzudämmen, heute setzen wir unsere Hoffnung auf das Internet, meiner Meinung nach vergeblich, da es schon längst in den Händen der Faschisten ist.