Mittwoch, 5. Oktober 2022

Netzwerk Cannabis Social Clubs – Eckpunkte Forderungen Legalisierung

Foto: Su/Archiv

Es gründen sich immer mehr Cannabis Social Clubs (CSCs). Diese haben sich zusammengeschlossen und ein Eckpunkte Plan veröffentlicht. Dieses wollen wir euch hier präsentieren. Das Eckpunktepapier erklärt die Prohibition für gescheitert und schreibt dazu:  “Die Prohibition ist gescheitert, willkürlich, teuer und schädlich für die gesamte Gesellschaft. Das vorgebliche Ziel, die Reduktion des Konsums bestimmter Drogen, konnte nicht erreicht werden. Zu diesem Schluss kommen alle relevante wissenschaftlichen Studien und sogar die Uno, über die einst Drogenverbote weltweit installiert wurden, kommt nach Evaluierung ihres 10-Jahres Programms zur Drogenbekämpfung 2008 zum gleichen Ergebnis”

Die drei gängigen Drogen sollten gleich behandelt werden: „Wir arbeiten im Grunde an einer echten Legalisierungsbemühung, um Cannabis auf die gleiche Stufe wie andere legale Stimulanzien wie Alkohol, Tabak und Kaffee zu stellen. Alle Regelungen müssen evidenzbasiert sein. Ideologisch getriebene Regulierungen sind gescheitert und werden wieder scheitern. Das Verfolgen unwissenschaftlicher Prohibitionsansätze ist nur angemessen, um Legalisierungsziele wie den Schutz von Gesundheit, Jugend und Verbrauchern zu vereiteln und die Märkte offen zu halten. 

 Das einzig Sinnvolle wird so gefordert: „Wir halten daher die Herausnahme von Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz für eine Grundvoraussetzung für eine ehrliche Legalisierung, ebenso wie die Anerkennung von Unrecht durch die Verweigerung unserer Grundrechte auf Selbstbestimmung als Grundsatz der Gleichbehandlung durch jahrzehntelange Kriminalisierung und Unterdrückung von Marihuanakonsumenten.

 Klare Erwartungen sind vorhanden: „Wir hoffen, dass niemand wegen Besitzes, Anbaus oder Handels mit Cannabis strafrechtlich verfolgt, angeklagt und verurteilt wird. Wir erwarten eine vollständige Amnestie für alle gewaltfreien Verbrechen im Zusammenhang mit Cannabis.”

Das Thema Eigenanbau wird immer noch diskutiert und CSC hat auch zu diesem Thema eine klare Position. „Die Legalisierung muss durch individuelle und kollektive Selbstkultivierung Selbstgenügsamkeit schaffen. Wir sehen keinen Grund, unseren eigenen Anbau nicht genauso zu regulieren wie Zigaretten. Ohne Beschränkung der Anbaufläche oder Anzahl der Ernten ist die Selbstversorgung mit Tabak durch Eigenanbau ohne Genehmigung oder Registrierung und ohne besondere Sicherheitsvorschriften erlaubt und steuerfrei. Eine Sonderregulierung von Cannabis durch Beschränkung der Pflanzenzahl oder der Anbaufläche ist rational und evidenzbasiert nicht zu rechtfertigen. Die Grenze liegt in der Selbstversorgung selbst: Sobald Menschen für ihren vermeintlichen Eigenbedarf handeln, kann und soll dies wie Steuerhinterziehung und unerlaubte kommerzielle Landwirtschaft bestraft werden. Weder Tabak noch Marihuana erfordern neue Beschränkungen. 

 „Der Selbstanbau von Cannabis durch Cannabis Social Clubs bietet viele Vorteile gegenüber dem eigenen Anbau zu Hause: 

 • Erfahrene Züchter übernehmen die Führung und garantieren den Produkten qualitativ hochwertige Standards.  

 • Kann ein kontinuierliches Spitzensortiment garantieren. 

 • Problematische Konsummuster können rechtzeitig erkannt werden.

 • Vereinsräume bieten die Möglichkeit des gemeinschaftlichen Konsums, um eine gewisse soziale Kontrolle zu gewährleisten 

 • CSC ist ein geschlossener Kreis, er wird nicht auf Dritte übertragen. 

 Jugendliche sollten sich nicht an Cannabis-Fachgeschäfte, Cannabis-Cafés oder Cannabis-Social-Clubs wenden, außer zu Präventions- und Aufklärungszwecken bei geeigneten Veranstaltungen. Jugendliche müssen jedoch auch gut über den Marihuana-Konsum informiert sein. Jugendliche, die mit Marihuanakonsum auffallen oder mit einer geringen Menge Marihuana erwischt werden, werden nicht bestraft. Das Jugendschutzgesetz muss in Bezug auf Marihuana ergänzt werden, damit es wie Tabak und Alkohol angewendet werden kann.

Keine Registrierung:

Neben Melde-, Verpackungs- und Werbevorschriften sehen wir den Datenschutz als wichtigen Bestandteil des Verbraucherschutzes. Als Cannabis Social Club nehmen wir den Schutz unserer Mitglieder und deren Daten sehr ernst. Wir sind nicht bereit, diese Daten regelmäßig und ohne Grund an staatliche Stellen weiterzugeben. Wir lehnen auch Registrierungen von einzelnen Homegrowern und Kunden von Cannabis-Fachgeschäften strikt ab. Genauso wie es keine nationale Liste von Menschen geben sollte, die schwul sind, Mitglieder demokratischer Parteien oder Menschen mit bestimmten Merkmalen, sollte es auch keine nationale Liste von Menschen mit bestimmten Konsumpräferenzen wie eben auch bei Cannabiskonsumenten.

Werbung:

Im Sinne des Gesundheits- und Jugendschutzes kann es auch Einschränkungen bei der Werbung für Cannabis geben, die Tabak, Alkohol oder Glücksspiel ähneln. 

Altersbeschränkungen und Jugendschutz, Gesundheits- und Verbraucherschutz: Es gilt zu vermeiden, dass Legalisierungsgegner die am Cannabishandel beteiligten Personen wegen Werbung verklagen. Angebliche Vorwürfe, wie im Fall des mittlerweile gestrichenen § 219 bei Praxis der Abtreibung gilt hier als trauriges Negativbeispiel was vermiden werden muss. 

Deklarations- und Verpackungspflichten: Alle über den Fachhandel in Verkehr gebrachten Cannabisprodukte müssen auf den ersten Blick erkennbar sein. Außerdem sollten die wichtigsten Wirkstoffe wie THC oder CBD und Co. in Prozent angegeben werden. Bei Lebensmitteln muss zusätzlich der THC-Gehalt pro Packung und pro verzehrter Einheit in mg angegeben werden. Im Sonderfall von THC-haltigen Lebensmitteln muss die Verpackung so gestaltet sein, dass sie für Kinder sicher und schwer mit herkömmlichen Lebensmitteln zu verwechseln ist. Das Gleiche gilt für Marihuana, wir würden gerne sehen, dass öffentliche Präventionskampagnen akzeptiert werden, insbesondere bei jungen Menschen, wie zum Beispiel die sehr erfolgreiche Kampagne „Kenn dein Limit“. 

Wir hoffen auch, dass öffentliche Anti-Marihuana-Kampagnen insbesondere von jungen Menschen angenommen werden, wie zum Beispiel die sehr erfolgreiche „Kenn dein Limit“-Kampagne. Auch im Fall von Marihuana sollten ideologische Fehlinformationen einer objektiven und akzeptablen Erklärung weichen. Die Suchtprävention gegenüber psychotropen Substanzen, aber auch die Gefahren nicht substanzbezogenen Suchtverhaltens (z. B. Spielsucht) sollten unserer Meinung nach grundsätzlich Teil des schulischen Lehrplans sein. Als CSC sind wir umfassend qualifiziert und bereit, uns in der Präventions- und Sensibilisierungsarbeit zu engagieren. 

Besitz-/Verkaufsbeschränkungen:

In Deutschland gibt es keine Besitz- oder Verkaufsbeschränkungen für Genussmittel. Jeder Erwachsene kann so viel Kaffee, Tabak oder Alkohol kaufen und besitzen, wie er möchte. Ein gut sortierter Keller gilt als besonders wertvolles Kulturgut. Niemand denkt, dass ein Weinliebhaber mit mehreren hundert Litern Wein im Keller sich selbst oder gar Dritte gefährdet. Auch gerät ein Weinliebhaber nicht allein wegen seines Angebots in den Verdacht, Schwarzmarkthändler zu sein. Gesetzliche Besitzbeschränkungen auf ein paar Kilo Kaffee oder ein paar Flaschen Bier oder Wein wären unzumutbar. Aber auch die Obergrenze für den Besitz von Marihuana ist nicht zu rechtfertigen, bleibt willkürlich und wird von uns ausdrücklich verneint. 

Lizenzierung:

Die Lizenzierungs- und Zurechnungsbedingungen für Kultur und Gewerbe müssen so gestaltet werden, dass neben großen Unternehmen und Ketten auch KMU und Startups den Marktzugang erhalten. Darüber hinaus sollten diejenigen, die das Unrecht des Cannabisverbots erlitten haben, bei der Erteilung von Genehmigungen vorrangig berücksichtigt werden. Dies betrifft hauptsächlich Beteiligte mit Vorstrafen wegen des Verkaufs von Cannabis sofern sie keine weiteren Straftaten begangen haben (z.B. Körperverletzung). 

Fachmarktpersonal (Servicepersonal)

Fachmarktpersonal (Servicepersonal) soll geschult werden mit der Möglichkeit, sich durch die Module weiter zu qualifizieren. CSC ist auch in der Lage und bereit, entsprechende Seminare zu organisieren. Darüber hinaus kann es im Bereich Cannabis eine Vielzahl von Ausbildungen geben, darunter auch grundständige Studiengänge, ähnlich denen der Medizin. Neben dem Ziel, den heimischen Schwarzmarkt zu schwächen, soll hier auch die Beseitigung historischer Ungerechtigkeiten eine Rolle spielen. Vor allem in den traditionellen Anbauländern wird die Existenz von Kleinbauern auf Druck der Importländer seit Jahrzehnten ruiniert. Mit einem Ende der Verbote und des Missbrauchs einheimischer Verbraucher muss auch der „internationale Krieg gegen Drogen“ gegen die Hersteller enden. 

Führerschein:

Der faire Umgang mit verschiedenen psychotropen Substanzen muss auch in den Straßenverkehrsgesetzen geregelt werden. Ähnlich wie bei der 0,5-Promille-Grenze für Alkohol verlangen wir für Marihuana eine Grenze von 10 ng/ml THC im Serum  und eine Strafanpassung. Diejenigen, die ihren Führerschein verloren haben, ohne dass eine Vergiftung mit mehr als 10 ng/mL THC in ihrem Serum festgestellt wurde, sollten ihren Führerschein wieder bekommen können. 

Amnestie:

Diejenigen, die wegen reinen Besitzes/Handels und mit Marihuana verurteilt wurden, erhalten eine vollständige Begnadigung und die Einträge werden so schnell wie möglich aus den Aufzeichnungen entfernt. Inwieweit hier Ansprüche geltend gemacht werden können, ist rechtlich zu prüfen. 

Auswertung:

Neutrale wissenschaftliche Einrichtungen und Universitäten sind für die Datenerhebung und -bewertung verantwortlich, und die gewonnenen Daten sollen  der Öffentlichkeit in ganz Europa leicht zugänglich sein. Diese Studien sollten auch die durch das Verbot verursachten Schäden berücksichtigen und relevante Expertenorganisationen wie Schildower Kreis, Akzept, ENCOD usw. einbeziehen, sowie den CSCs. 

Ansprüche auf kommerziellen Anbau:

Fehler sollten bei Auktionen für die Produktion von medizinischem Cannabis  nicht wiederholt werden. Die Lizenzierung ist nicht nur für große ausländische Unternehmen relevant. Auch KMU und Startups sollen die Möglichkeit haben, in den Markt einzusteigen. Dies darf nicht durch übertriebene Sicherheitsansprüche beeinträchtigt werden. Darüber hinaus sollten diejenigen, die das Unrecht des Cannabisverbots erlitten haben, bei der Erteilung von Genehmigungen vorrangig berücksichtigt werden. Darüber hinaus fordern wir die Förderung einer nachhaltigen und klimafreundlichen Landwirtschaft. 

Höhere THC-Grenzwerte:

Wir lehnen höhere THC-Grenzwerte für Cannabisblüten und -konzentrate vollständig ab. Je höher die Wirkstoffkonzentration, desto geringer die Dosierung und desto weniger unerwünschte Nebenprodukte werden verbraucht. Aus gesundheitlicher Sicht ist eine Begrenzung des Wirkstoffs kontraproduktiv. Für handelsübliche (essbare) Lebensmittel vereinbaren wir ggf. eine Begrenzung des Wirkstoffs pro Verzehreinheit.

Die deutschen CSC’s bieten Blienert noch ein Gespräch an, indem sie ihm ihr Eckpunktepapier vorstellen möchten. Dabei ist die Hoffnung dass er diese Einladung annimmt und mit den deutschen CSC’s konsultiert. Den ohne den Drogenbeauftragten, ist eine Legalisierung nur schwer umsetzbar. Daher ist es wichtig, dass auch die deutschen CSC’s angehört werden und ihre Position in der Debatte bereitstellen. 

(Hinweis: Um den Forderungen und dem Credo der CSC’s gerecht zu werden wurden der Text aus sicht der CSC’s geschrieben ohne auf überwiegend viele Zitate zurückzugreifen)   

Ein Beitrag von Simon Hanf

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4 Kommentare
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Fred
1 Jahr zuvor

Würde ich sofort unterschreiben.

Hier noch ein Link zu einer wirklich guten Diskussion zum Thema.
https://youtu.be/sgZa0z860S0

Absolut sehenswert. Vor allem Erwin Rüddel ( CDU ) auf dem Weg zur Erkenntnis.

Daniela Blomeyer,
1 Jahr zuvor

Die Aufstellung der Anforderungen für CSCs etc. finde ich sinnvoll. <3
Wie weit der Weg noch ist, konnte man gestern bei dem Video https://youtu.be/sgZa0z860S0 erfahren. Habe es mir angetan und keinen weiteren Fortschritt erkennen können.

Heisenberg
1 Jahr zuvor

Die Prohibition ist erst dann gescheitert,wenn sie weg ist.Solange bleibt alles wie es ist,und ich nehme eine Verstärkung der Pronibition wahr,durch vermehrte Meldungen über Vorkommnisse diesbezüglich.Wenn wir noch dreißig oder vierzig Jahre Zeit hätten,könnten die vielen Hürden überwunden,und die Anforderungen erfüllt sein,um die Legalisierung in Betracht zu ziehen.

Ramon Dark
1 Jahr zuvor

Die Forderungen der CSC’s sind wirklich die umfassendsten und gerechtesten die mir neben denen des DHV bisher bekannt sind. Was mir dabei allerdings noch fehlt ist die eindeutige Forderung nach zumindest längerfristigem fairen internationalen Handel mit hohen Sozial- und Ökostandards (nicht nur nachhaltig und klimafreundlich, sondern möglichst auch komplett bio, korrekte Löhne und menschenrechtlich korrekte Arbeitsbedingungen) sowie dabei das versuchte Bestreben multilaterale Handelsbeziehungen zu traditionellen Anbaugebieten wie z.B. Marokko, Libanon, Nepal usw. zu schaffen um auch dort wieder die inzwischen auf internationalem Druck eingeführte Prohibition beseitigen zu helfen. Das wäre auch hierzulande ein Vorteil für die verfügbare Sortenauswahl und eine Massnahme gegen den Schwarzmarkt.