Freitag, 15. April 2022

Mehrheit der Europäer für Legalisierung

Die Umfrage zeigt, dass Millionen die Prohibition für unangebracht halten

Es ist schön, wenn das Bauchgefühl richtig liegt. Das ist nur leider nicht immer der Fall: Die eigene Bubble ist trügerisch – auch wenn der Großteil der Bekanntschaft der eigenen Meinung zustimmt, heißt das noch gar nichts. Einzelne Erfahrungsberichte sind statistisch daher so insignifikant, dass sie bei Studien die schlechteste Note bezüglich Glaubhaftigkeit erhalten. Anders sieht das aber bei Umfragen mit mindestens mehreren hundert Teilnehmern aus. Und so zeigte sich kürzlich bei einer dieser Umfragen, dass die Mehrheit der Europäer für eine Legalisierung von Cannabis ist. Richtig gefühlt, oh Bauch!

Hanway Associates, die Gruppe hinter der Umfrage, befragte erwachsene Bewohner und Bewohnerinnen (also 18+) acht verschiedener europäischer Länder ob sie denn für eine Legalisierung und Regulierung von Cannabis für über 18-Jährige sind. Darunter sind auch die Einwohnerreichsten und wirtschaftlich stärksten Länder Europas: Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweiz und Großbritannien. Schnell stellte sich heraus, dass in allen Ländern mehr als die Hälfte der Einwohner für eine Legalisierung waren – bis auf zwei. Einerseits scheint Deutschland noch unsicher, hier waren genau 50 Prozent für eine Legalisierung, 29% dagegen und 18% weder noch. Überraschenderweise schneidet Holland am schlechtesten ab: Nur 47% sind hier für eine Legalisierung, ähnlich wie in Deutschland sind hier 29% dagegen und 20% unentschieden. Damit erfährt Cannabis in Deutschland und Holland die geringste Zustimmung und größte Ablehnung.

Aber dennoch: In keinem Land waren ansatzweise so viele Menschen gegen eine Legalisierung wie dafür. Durchschnittlich liegt die Zustimmung bei 55%, Spitzenreiter sind Italien und Portugal – besonders in Portugal hat man gute Erfahrungen mit der Entkriminalisierung aller Drogen gemacht. Ein Schritt vor dem sich Deutschland leider noch sehr zurückhält. Dennoch: Charlotte Bowyer, Co-Autorin der Umfrage, sagte der amerikanischen Zeitschrift Marijuana Moment: “We see this polling as significant because it suggests that widespread cannabis reform in Europe is now simply a question of when and how, rather than an ‘if.'”

Spannend war auch die Umfrage nach der Art der Legalisierung: Will die Mehrheit vielleicht zuhause anbauen? Oder lieber in Social Clubs kiffen? Diejenigen, die für eine Legalisierung stimmten, wurden diesbezüglich befragt – und auch hier stellte sich heraus, dass die Mehrheit der Europäer (oder zumindest der Cannabis-freundlichen Europäer) für Fachgeschäfte ist. Am wenigstens Zustimmung erhielten die Social Clubs, am meisten Ablehnung hingegen erhielt der Eigenanbau. Das liegt, laut den Autoren der Studie, vermutlich an dem “not in my backyard” Sentiment – eine Zustimmung per se, aber nicht solange die Umsetzung in der eigenen Nachbarschaft geschieht. Diese Einstellung kommt öfter bei der Diskussion um Sozialbauten oder Obdachlosenhilfe auf. Dennoch: Die Zustimmung für Fachgeschäfte liegt bei 81% Prozent, eine klare Tendenz der Mehrheit der Europäer.

Ein kleiner, negativer Nachgeschmack bleibt jedoch: Die Studie wurde von Curaleaf International gesponsort. Eine Studie, deren Sponsor ein Interesse am Resultat hat, ist immer mit vorsicht zu betrachten.

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4 Kommentare
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CaPot
1 Jahr zuvor

Es wird Zeit – wie schon angesprochen, schauts in Portugal einfach gut aus mit allem – ich einige Bekannte die nach Portugal ausgewandert sind, das Land macht vieles richtig und sehr gut…äußerst lebenswert (natürlich auch wegen Wellenreiten!)

Rainer
1 Jahr zuvor

Der Eigenanbau ist nicht mit irgendwas anderem zu toppen.Seit wann fragen Politiker nach dem Willen der Bevölkerung,wenn es nicht um die Durchsetzung der Regierungsinteressen geht?

Ramon Dark
1 Jahr zuvor

Wenn die Umfrage wirklich für die Einwohnerzahl von ganz Europa repräsentativ sein soll reichen auch einige hundert Befragte nicht aus. Da wären wohl noch einige tausend sehr knapp bemessen. Repräsentativ könnte auch die Zusammenfassung einiger tausend Einzelerfahrungsberichte sein, die dann aber unabhängig und unbeeinflusst voneinander entstanden sein müssten.

Haschberg
1 Jahr zuvor

Mal gespannt, wie lange das konservativ verseuchte EU-Parlament noch braucht, um endlich zu kapieren, dass es höchste Zeit ist, diesen gemeinen faschistoiden Krieg gegen Hanfkonsumenten endlich zu beenden.