Mittwoch, 9. März 2022

Dorfapotheke verweigert medizinisches Cannabis – Erfahrungsbericht

Cannabis-Medizin-Bedrocan-Flos-Medical-Patienten
Bild: Susanne Winter/Archiv

Landkreis Karlsruhe: Meine Dorfapotheke hat mir Cannabismissbrauch unterstellt, bei meiner Hausärztin angerufen um die Echtheit des Rezepts zu prüfen und hat sich letztlich geweigert mir medizinisches Cannabis zu geben.

Am Donnerstag, den 03.03.22 hohlte ich mir bei meiner Hausärztin ein neues Privatrezept ab. Ich habe 6 Wochen gebraucht, um das erste Rezept (25g) fast komplett aufzubrauchen. Die Verordnung war für 30 Tage angesetzt und ich habe es aus finanziellen Gründen auf 50 Tage gestreckt. 

Meine Hausärztin hat mir ohne zu zögern ein weiteres Privatrezept für eine günstigere Sorte (“nur” circa 10€ pro Gramm) ausgestellt. Am selben Tag lief ich noch in die Apotheke und gab mein Rezept wie gewohnt ab. Die junge Apothekerin war sehr interessiert und stellte mir Fragen zu medizinischen Cannabis. Nichtsahnend ging ich nach Hause und als ich am nächsten Morgen meine Emails überprüfte traf mich der Schlag. 

Meine Hausärztin hat mir geschrieben; dass die Apotheke bei ihr anrief um zu überprüfen ob das Rezept echt sei. Meine Hausärztin bejahte dies. Des weiteren hat die Apotheke die Dosisangaben auf dem Rezept nachgerechnet. Auf dem Rezept standen: “Einzeldosis (ED): 50 mg Tagesdosis (TD): 100 mg” und so rechnete die Apothekerin mit 250 Tagen für 25g Cannabis. (Das Cannabis ist nur 6 Monate laut Hersteller verwendbar). 

Die Dosis hat meine Hausärztin exemplarisch aufgeschrieben. Eine mit ihr geplante Verordnung waren 25 Gramm in 30 Tagen = TD: ~833mg 

Meine Hausärztin hielt 0,83g am Tag für angebracht, sagte aber ich solle es selbst einschätzen und so konsumieren, wie es mir gut tut. Aus finaziellen Gründen bin ich aktuell immer noch unter der idealen Dosis und das merke ich auch deutlich.

Desweiteren hieß es in der Email, man könne bzw. wolle sich nicht mit der Verordnung befassen, seitens der Apotheke, da es nicht gehen würde. 

Ich lief schon entnervt zu der Apotheke um mein Rezept abzuhohlen und wurde von der Chefin höchstpersönlich ins Kreuzverhör genommen. Es wurde behauptet ich würde “viel zu viel” konsumieren, und dass das keine “normale” Verordnung mehr wäre und man sich damit nicht weiter beschäftigen kann/möchte.

Die durchschnittliche Verordnung liegt bei 1,6 Gramm an Tag. Ich konsumiere nicht mal halb so viel wie der durchschnittliche Patient und dies ist dann Missbrauch? 

Die selbe Apotheke hat mir Oxycodon retard TD: 90/45mg gegeben. In der Packungsbeilage steht eine Höchstmenge von 80mg am Tag. Dies wurde aber nicht nachgerechnet.

Nur bei medizinischem Cannabis wurde nach Missbrauch gesucht und dieser auch einem Patienten vorgeworfen. 

Nach einer kurzen Google Suche fand ich eine Apotheke in Karlsruhe welche die Sorte sogar vorrätig hatte und dies auf der Website auch so angegeben hat. Ich rief bei der Apotheke an und machte mich anschließend direkt auf den Weg. Es verlief reibungslos.

Der Apotheker wog die verordnete Menge ab und konnte die Position der anderen Apotheke nicht nachvollziehen. 

Ebenfalls kopierte der Apotheker (der eine Fortbildung für medizinisches Cannabis hatte) das Rezept für mich, falls ich Probleme mit der Polizei bekommen sollte.

Diese Erfahrung hat mich gelehrt wie stigmatisiert das Thema medizinisches Cannabis ist. Ich nehme für die nächsten Verordnungen lieber einen längeren Weg auf mich, wenn ich dafür kompetente Beratung bekomme.

Dies kann ich auch jedem Patienten raten. Geht zu einer Apotheke die sich mit Cannabis auskennt. 

Ich kann nachvollziehen, wenn man skeptisch ist. Ich kann nicht nachvollziehen, wenn man einen Patienten NACH dem Gespräch mit der verordneten Ärztin weiterhin verdächtigt Cannabismissbrauch zu begehen und den Patienten ins Kreuzverhör nimmt.

Ein Erfahrungsbericht von Simon Hanf

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8 Kommentare
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CaPot
2 Jahre zuvor

Tja, sowas nennt man bei uns hier am Land –> Dorftrottel mit Verfolgungswahn 😉
es wird noch viele Jahre brauchen, bis wir endlich soweit sind…leider

Bayerischer Patient
2 Jahre zuvor

Das kommt in Bayern öfter mal vor.

Haschberg
2 Jahre zuvor

Unglaublich, wie frech man sich Cannabiskonsumenten gegenüber verhält, wenn sie statt der gefährlichen Pharmamittel mal eine Heilpflanze verschrieben haben wollen.
Auch hier werden wieder Freiheitsrechte von Menschen auf üble Weise mit Füssen getreten.
Wer gibt diesen Volksidioten das Recht zu bestimmen, wie ich meine Krankheit zu behandeln habe?
Hört endlich auf, euren verdammten Cannabisfaschismus auch noch auf Patienten auszuweiten!

Rainer
2 Jahre zuvor

Cannabis normal ist noch sehr weit weg.

Smile Indica
2 Jahre zuvor

Die Dorfpolizei hat ihren Job erfüllt. Willkommen im Arbeiter-und Bauernstaat. Blockwart wird vielleicht später ein Ausbildungsberuf. Es ist wie in der Jungend dieser Pfarrerstochter, das was sie kennt und immer schon wollte.

Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Da kommt noch was auf uns zu, wenn nach der Legalisierung doch Apotheken für den Cannabisverkauf zuständig sein sollten. Wahrscheinlich brauchts dann in so reaktionären Provinzapotheken mit ihrem Lokalmonopol nach einer genau vorgeschriebenen Pflichtlektüre eine Kiffberechtigungsprüfung, einen 100seitigem Antrag bei anschliessender Wartezeit von mindestens 5 Jahren innerhalb der auch noch quartalsweise eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung abzugeben ist. Scheisspharmahöriges Drecksprohibitionistenpack! Vorurteilsbehaftet von Arsch bis Kopf(falls letzterer überhaupt vorhanden)! Eigentlich müsste diese Apotheke Schmerzensgeld und Fahrtkosten nach Karlsruhe bezahlen. Ist wirklich diskriminierend bis dorthinaus.

Tom
2 Jahre zuvor

“Die durchschnittliche Verordnung liegt bei 1,6 Gramm an Tag.” Klar, bei Schmerzpatienten oder Substitution durchaus üblich. Sogar mehr. Darum ist es ja auch ein Durchschnittswert. Kennt die Apothekerin auch die “korrekte” Dosierung bei z.B. Migräne, MS? Bei mir sind es 70 mg Cannabis 3x am Tag im Verdampfer. Wie soll ich so auf 1,6 Gramm am Tag kommen? Ach ja klar; indem ich es missbrauche und weniger verwende. Sowas ist sehr verdächtig. Frank Drabin läßt grüßen. Mit Aussagenlogik scheint die Dame nicht so richtig vertraut zu sein. Man kann nur noch den Kopf schütteln. Pharmareferentin (Oxycodon), ja, aber niemals Apothekerin. Wenn doch dann höchstens mit Rücksicht auf die Eltern.

Micha
2 Jahre zuvor

Wenn eine Apotheke sich weigert, Cannabisrezepte einzulösen, kann man sich übrigens bei der Landesapothekerkammer beschweren. Denn grundsätzlich sind Apotheken verpflichtet, Rezepte einzulösen.