Samstag, 26. Februar 2022

Cannabinoide aus Zucker?

Bild: Archiv

Forschern ist es gelungen aus Hefe und Zucker Cannabinoide herzustellen. Wie geht das und ist das sinnvoll?

Cannabinoide aus Hefe und Zucker herzustellen klingt seltsam. Es ist allerdings keine neue Idee und die Resultate klingen vielversprechend. Eine Studie der Federal University of Paraná (Brasilien) kann den Grundstein für eine neue Herstellungsart von Cannabinoiden legen.

Cannabis wird in vielen Ländern legalisiert und der Bedarf an Cannabis steigt stetig. In Deutschland haben wir einen Bedarf an über 500 Tonnen Cannabisblüten pro Jahr. Beim klassischen Indoor-Grow fallen zwischen 2,3 und 5,2 kg CO2 pro Gramm Blüten an. Das ist Vergleichbar mit einer Autofahrt von 15-40 km. Ein Konsument der ca. 15g pro Monat konsumiert würde auf einen Wert von 400-1000 kg CO2 pro Jahr kommen. Der durchschnittliche Deutsche verbraucht ca. 10.000 kg CO2 pro Jahr. Cannabis schadet beim Indoor-Grow der Umwelt. Daher ist es sinnvoll nach Alternativen zu schauen.

Phytocannabinoide (Cannabinoide in der Hanfpflanze) werden in der Zelle der Pflanzen synthetisiert und hauptsächlich in den Trichomen gespeichert. Bei der Biosynthese von Cannabinoiden entstehen zunächst sogenannte Monotherpene. Monotherpene sind sind der Hauptbestandteil von ätherischen Ölen und  können in der Pflanze weiter zu Cannabinoiden oder zu komplexen Terpenen umgewandelt werden.

Soweit so gut. Dieser Syntheseweg – die sogenannte Cannabinoid Fermentation soll nun nachgestellt werden. Hier kommt die Hefe ins Spiel. Zunächst mag es ungewöhnlich klingen, aus Hefe Cannabinoide herzustellen. Allerdings ist diese Idee nicht neu. Hefe ist ein Pilz der gentechnisch manipuliert werden kann. Es wurden verschiedene Mikroorganismen wie E.coli genutzt, die Hefe hat sich jedoch als Sieger etabliert. Hefe wird regelmäßig zur Herstellung von Arzneimitteln genutzt und hat hohes Potenzial.

Durch gentechnisch veränderte Hefe ist es möglich diese Synthese auch im Labor nachzustellen. Die Forscher veränderten die Hefe dabei genetisch soweit, dass sie die Ausgangssubstanz für Phytocannabinoide, also die Monotherpene produziert.

Als Substrat wurde Galactose verwendet. Galactose ist ein Einfachzucker vergleichbar mit Fructose (Fruchtzucker) und Glucose (Traubenzucker). Einfachzucker sind eine einfache und schnelle Energiequelle. Genau wie der Sportler Glucose nimmt um seine Leistung zu steigern braucht die Hefe ebenfalls eine Energiequelle. Hefe kann Galactose deutlich besser nutzen als Glucose.

Der Syntheseweg wurde vereinfacht erklärt; um ihn verständlicher zu machen. Die exakten Bezeichnungen der Enzyme sowie die verwendeten Temperaturen kann der geneigte Leser der Studie genau entnehmen. Weitere Referenzen sowie vergangene Erkenntnisse werden in der Studie angemerkt.

Das im Labor final entstandene Cannabinoid CBGA wurde unter Verwendung Enzymen zu ∆9-THCA und CBDA umgewandelt. 

Durch Hitzeeinwirkung wurden ∆9-THCA und CBDA zu ∆9-THC und CBD decarboxyliert. Die Cannabinoide liegen in eine Säuregruppe vor (COOH). Durch Hitze wird diese Gruppe abgespaltet und es entstehen die aktiven Formen von THC und CBD. Dasselbe was beim erhitzen der Blüten passiert, wurde im Labor nachgestellt.

Unter zuhilfenahme von Hexansäure konnten 8,0mg/L ∆9-THCA und 4.3 µg/L CBDA erzielt werden. Wurde die Hexansäure durch Butansäure ersetzt wurden 4,8 mg/l ∆9-THCVA und bzw. 6,0 µg/l CBDVA erzielt. Wenn mehr THC gewollt ist, sollte auf Hexansäure zugegriffen werden, bei mehr CBD sollte Butansäure verwendet werden

Einfach formuliert: Hefe + Galactose = Monoterpen 

Monoterpene + Hexansäure/Butansäure = THC und CBD

Der Syntheseweg wurde vereinfacht erklärt; um ihn verständlicher zu machen. Die exakten Bezeichnungen der Enzyme sowie die verwendeten Temperaturen sind in der Studie genau angegeben. 

Was bedeuten diese Zahlen jetzt?

Es konnten 1kg Cannabinoide für unter 1000 US$ hergestellt werden. Um dies in ein konkretes Beispiel zu bringen. 1g Cannabisblüten mit 15% THC (150mg) können für 1-2 € hergestellt werden. Mit der Hefe belaufen sich die Kosten für 150mg THC auf nur ~15 Cent.

Es wird angemerkt, dass aktuell nur drei Länder auf der Welt dazu im Stande sind es im großen Stil zu nutzen. Ein großes Problem ist hier nicht die mangelnde Erfahrung, sondern fehlende Lizenzen. Diese besitzen aktuell die USA, Kanada und Italien. Die Federal University of Paraná hatte zur durchführung der Studie eine Sondergenehmigung. Für Deutschland, ein Land mit vielen genialen Forschern und modernen Laboren ist es eine gute Chance hier aufzurüsten. 

Fazit

Die Herstellung von Cannabinoiden mit Backhefe (S. cerevisiae) ist möglich, allerdings ist der Ertrag gering. Beim Herstellungsprozess, der Cannabinoid Fermentation wandelt sich die Hexansäure zu 95% in Olivetol um und nur zu 5% in die benötigte Ölsäure. Dadurch entstehen Engpässe welche zu einem Ertragsverlust führen. Die industrielle Produktion von Cannabinoiden ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich. Es bedarf mehr Forschung um diese Engpässe auszugleichen.

Cannabinoid-Fermentation ist ein neues Forschungsgebiet und es gibt bisher wenig Erfahrung. Jedoch ist es ein sehr vielversprechendes Gebiet. Cannabinoide können so in hoher Qualität mit einem geringen Aufwand hergestellt werden. Dies ist hinsichtlich der starken Umweltbelastung durch Indoor-Grows ein Forschungszweig welcher mehr erforscht werden sollte. Die Chance sollten wir in Deutschland ebenfalls nutzen und der Forschung diese Option ermöglichen.

Ein Beitrag von Simon Hanf

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3 Kommentare
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Rainer
2 Jahre zuvor

Die Begeisterung für Forschung in Richtung Cannabinoide hält sich in Deutschland in Grenzen.Gutes Bier und guter Wein begeistern da schon eher.

GreenFree
2 Jahre zuvor

Gute Idee, Forschung ist immer gut
Aber die großen Farmen sollten mehr mit grüne, Strom anbauen und der Umwelt so zu helfen!

Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Für vereinzelte Forschungszwecke mag das vielleicht gerade noch akzeptabel sein, aber die wirklich umweltfreundlichste und energiesparendste Alternative zur Cannabinoiderzeugung aus Pflanzen des Indooranbaus ist die Cannabinoiderzeugung aus Outdoorpflanzen. Für deren Optimierung braucht es natürlich eine Legalisierung und alle unnatürlichen Methoden der Cannabinoidherstellung dienen bisher doch nur dazu, sich davor zu drücken