Freitag, 18. Februar 2022

Referendum: Ciao Cannabisanbau

Italienische Abstimmung über Cannabisanbau fällt flach.

Referendum, Italien
Traum ausgeträumt? Der Anbau in Italien ist geplatz.

Im Herbst vergangenen Jahres ergriff Italien eine grüne Welle: Mehr als 600.000 Unterschriften für eine Abstimmung konnten gesammelt werden. Der Hintergrund? Die Italiener wollten Cannabis – in geringen Mengen – selbst anbauen. Das Referendum sah hierfür gleich mehrere Gründe, die Legalisierungsbefürwortern vielleicht bekannt vorkommen: Durch die Legalisierung würde der Mafia eine wichtige Einnahmequelle entreissen. Nun erteilte das Verfassungsgericht dem Referendum aber eine Absage.

Die Entscheidung des Gerichts bezog sich aber weniger auf Cannabis – viel mehr sah Gerichtspräsident Giuliano Amato das Problem bei den restlichen Drogen, deren Aufzucht im Zuge des Referendums ebenfalls entkriminalisiert würde – Heroin und Kokain etwa. Ein solches Referendum würde zahlreiche internationale Verträge im Bezug auf die Rauschgiftkriminalität verletzen, so Amato.

Die Befürworter der Abstimmung zeigten sich entrüstet ob der Entscheidung des Verfassungsgerichts: Um die Kultivierung von Cannabis für den Einzelnen zu legalisieren, müsse man auch die Kultivierung aller anderen Substanzen erlauben. Das mag zunächst irreführend klingen, daher betonten diese, dass das Referendum nur die Kultivierung aller Pflanzen erlaube – die Weiterverarbeitung sei weiterhin verboten. Da Cannabis nicht verarbeitet werden müsse, könne man die Pflanze ohne Bedenken im Bezug auf die Legalität konsumieren. Damit wäre allerdings auch Hasch, Edibles und jede weitere Verarbeitung von Cannabis vom Tisch.

Die rechten Parteien begrüßten die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Hierzu ein kurzes Intermezzo im Bezug auf rechte Gesinnung und Drogen: In Anbetracht der Geschichte rechter Parteien und Drogen ist die Reaktion der italienischen Rechten eine zu erwartende – auch wenn faschistische und rechte Parteien schon länger einem Muster heuchlerischer Drogenpolitik folgen. Die Nationalsozialisten verteilten bekanntlich mehrere Millionen Dosen Pervitin – also Crystal Meth – an ihre Soldaten. Und das nachdem sie jahrelang eine Kultur des gesunden, drogenfreien Körpers betonten, Drogen aller Art verurteilten und die recht offene Drogenpolitik der Weimarer Republik drastisch einschränkten. Beim Körperkult zeigte sich auch schon damals: Impfungen und Nazis, das passt nicht gut zusammen: Die damalige Pocken-Impflicht wurde als jüdische “Einimpfung von Krankheiten” und “Rassenschande” stilisiert – nichts für den gesunden, deutschen Körper voller Naturheilprodukte. Das kommt einem bekannt vor – leider.

Zurück zu den Italienern des post-berlusconi Zeitalters: Die Mehrheit dieser zeigte sich enthusiastisch im Bezug auf eine Legalisierung. Die 600.000 Unterschriften konnten binnen weniger Wochen gesammelt werden. Nach der herben Niederlage zeigte sich der Frust auf verschiedenste Weise: Einige warfen der Abstimmung vor, nicht wirklich deutlich formuliert zu sein; andere sahen das Problem bei korrupten Richtern im Verfassungsgericht und in der Politik. Die italienische Politik ist schon seit Jahrzehnten in den Fängen der Mafia – Korruptionsskandale sind im Lande der Dolce Vita leider nicht ungewöhnlich.



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6 Kommentare
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Smile Indica
2 Jahre zuvor

Die komplette politische Blase in Europa ist korrupt, dagegen ist die Mafia schon fast eine christliche Vereinigung. Bei der Politik und dem ganzen Apparat habe wir es mit Schwerstkriminellen zu tun.

Rainer
2 Jahre zuvor

Ich empfinde es ehrlicher, wenn Ablehnungen, Anordnungen und Vorschriften nicht mehr mit Lügen oder anderen Märchen begründet werden.

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Zu dem Treiben christlicher Vereinigungen gehört aber auch:
pfaffueller Kindesspritzbrauch !

Und?, schon gewusst?, im Bundestag sitzt nun auch einer, der im ganz späten Mittelalter (1870) entstandenen kruden Idiotenschaft, der Zentrumspartei, dem braunen Extremkatholizismus. Der sollte sich mal aufmachen, um über die von der Ampel-Reg. geplante Cannabislegalisierung zu wettern. (An die Künstler, aussagekräftiges Emblem, oder?)
Dann klappt das auch mit der
B     R     D  igung  aller Vorhaben der Ampel-Reg..
YT:
Gwrm8UK1VIk

Bei der Zahl der 74 000 Alkoholtoten pro Jahr in Deutschland sieht man übrigends Handlungsbedarf, es ist noch Luft nach oben, weitere/höhere Ziele werden scheinbar schon angestrebt, mit dem bereits jetzt praktizierten “Guten Erfahrungen mit begleitetem Trinken”:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/hurrelmann-alkohol-18-jahre-100.html

mfG  fE

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von buri_see_kaeo
Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Im Kapitalismus ist leider die Mehrzahl der regierenden Poloitiker korrupt und mafiös, unabhängig vom Land. Aber die Stigmatisierung von Naturheilprodukten und pauschal auch jeglicher Impfkritik als faschistisch in diesem Artikel zeugt von einem vorurteilsbelasteten bzw. fehlenden differenzierenden Betrachtungsvermögen. Naturheilverfahren sind jahrtausende älter als der Nationalsozialismus, unter bestimmten Umständen durchaus wirksam (siehe gerade z.B. medizinischer Einsatz von Hanf) und lassen sich auch gut mit der sog.”Schulmedizin” kombinieren. Beides ergänzt sich hervorragend. Und nicht alle, die mRNA- und Vektorimpfstoffe gegen Covid19 sowie den damit einhergehenden aktuellen Impfzwang demokratisch kritisieren sind Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, rechtsoffen oder gar Nazis. Die diesbezügliche Anspielung im Artikel wirkt in ihrer Pauschalität unsachlich diffamierend und diskriminierend.

Haschberg
2 Jahre zuvor

Dass ein Referendum, welches gleichzeitig auch andere illegale Substanzen wie Mohn und Kokain zum freien Anbau zulassen möchte, zunächst mal abgelehnt wird, sollte niemanden verwundern.
Bei Cannabis selbst bin ich jedoch zuversichtlich, dass die Kiffernation Italien sehr bald den Anbau zum Eigenverbrauch legalisieren wird.
Dieser neue Trend wird nach und nach auch andere europäische Staaten erfassen und zu einem grundlegenden Umdenken in der Cannabispolitik führen.

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Etwas zu weit geholpert @ Haschberg, dem freien Anbau von Coca-Sträuchern mit auch nur minimalem verwertbaren Cocain-Gehalt stehen außerhalb der üblichen Anbaugebiete die Anforderungen bzgl. Temperatur und konstant niedrigem Luftdruck im Wege. D.h. Du bräuchtest eine (Nieder-)Druckkammer; freier Anbau, nee!
Hatte ich kaum beobachtet, dachte, die (IT) wären um Weihnachten 2020 schon fertig gewesen.
Immer wieder dieser konservative/rechte/reaktionäre Mist, der Klotz am Bein der Zivilisation.
Und immer wieder Lügen/Märchen/Verbrechen…, und dann ganz christlich: “…ich war’s nicht, Gott der Herr hat mir die Hand geführt…”.
Ach, wie viele Trends haben bereits in der Vergangenheit die Menschen in x-beliebigen Ländern erfasst, hier (DE) wurden sie stets erfolgreich niedergeknüppelt.
mfG  fE