Montag, 25. Oktober 2021

Wir müssen reden – über Cannabis!

Am morgigen Dienstag streiten sich im RBB-Bürgertalk Jugendrichter Müller und Jugendpsychiater Thomasius über die Cannabis-Legalisierung für Erwachsene

Cannabis

Eine Vorab-Fernsehkritik von Sadhu van Hemp

Sieben Cannabis-FachspezialexpertInnen sind morgen um 20 Uhr 15 ins Fernsehstudio des RBB geladen, um in Abwesenheit der Opfer der Cannabis-Prohibition darüber zu diskutierten, ob der deutsche Michel reif für einen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik ist. Die Gästeliste ist wahrlich bizarr und verspricht dicke Luft im Streit zwischen den Gegnern und Befürwortern einer Cannabis-Freigabe.

Mit dabei sind drei Gäste, die zwar von Tüten und Blasen keine bzw. nur wenig Ahnung haben, sich aber dazu berufen fühlen, im Namen aller Cannabis-Konsumenten zu sprechen und eine kontrollierte Freigabe (für Industriegras) zu fordern. Diesem Wunsch ablehnend stehen die anderen vier Gäste gegenüber, die ebenso keinen blassen Schimmer haben, wie es sich als Cannabis-Konsument anfühlt, stigmatisiert, diskriminiert und kriminalisiert zu werden.

Ein passionierten Kiffer, der seit einem halben Jahrhundert ein Doppelleben führt und trotzdem ein anständiger Mensch geworden und geblieben ist, erhält nicht die Chance, in eigener Sache zu sprechen und die Diskussion zu befruchten.

Die wohl schillerndste Person, die ihr Gesicht in die Kamera halten darf, ist der Bernauer Jugendrichter Andreas Müller (60). Mit rotglühendem Kopf wird er lautstark Anklage erheben gegen alle, die sich für eine Fortsetzung der Kiffer-Hetzjagd aussprechen. Unterstützend zur Seite stehen wird ihm Renate Künast (65), die als grüne Berufspolitikerin seit 1979 so tut, als hätte sie wie Hans-Christian Ströbele („Gebt das Hanf frei“) ein Herz für Kiffer. Profil darf auch ein neues Gesicht zeigen: Maria Krause (33) ist stellvertretende Bundesvorsitzende der neoliberal ausgerichteten „Partei der Humanisten“ (sic) und zugleich Hanfaktivistin. Inwieweit dieses Trio wirklich für die Mehrheit der geächteten Kiffer, Grower, Schmuggler und Dealer spricht, soll mal dahingestellt bleiben. Zumindest setzen sie sich für eine Entkriminalisierung der Konsumenten ein.

Bei der Auswahl der Gäste, die einer Hanffreigabe skeptisch bzw. ablehnend gegenüberstehen, hat die Redaktion des RBB-Bürgertalks auf die üblichen Verdächtigen zurückgegriffen. Als oberster Tugendwächter ist Rainer Thomasius (64) geladen, der in seiner Funktion als Kinder- und Jugendpsychiater der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, genau weiß, wie schädlich Haschisch und Marihuana für Erwachsene ist. Eifrig nickend wird das die geladene Mutter Sabine Hinze bestätigen, die sich im staatlich geförderten Verein „Elternkreise Berlin-Brandenburg, Selbsthilfe für Angehörige von Süchtigen“ engagiert.

Doch was ist schon eine Diskussionsrunde über die Hanffreigabe ohne eine Vertreterin der Polizei, die dem betagten RBB-Fernsehpublikum Horrorstorys von schwerstkriminellen Haschgiftrauchern auftischt, die kleine Kinder auf dem Spielplatz ins Gebüsch locken und Graspulver in die Nase spritzen? Zu diesem Zwecke hat der RBB das CDU-Mitglied und die stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Sabine Schumann (56) zum Rapport einbestellt. Um die besorgte Polizistin und Rainer-Wendt-Stellvertreterin mit ihren diffusen Ängsten nicht allein zu lassen, darf noch der Kriminologe Robin Hofmann von der Maastricht University ein bisschen Angst und Schrecken verbreiten. Die Aufgabe des gebürtigen Deutschen wird die Beweisführung sein, dass ausschließlich die böse Cannabis-Duldungspolitik das kleine Königreich der Niederlande zu einem bösen Narco-Staat gemacht hat.

Eine Stunde haben die Kontrahenten  Zeit, sich aufzuplustern und am Thema vorbeizureden. Es wird über Kinder und Jugendliche, statt über Erwachsene gesprochen. Von Mafiaclans, Kokain und synthetischen Drogen wird die Rede sein, und alles wird bunt durcheinander geworfen. Die sieben Gäste werden ihre zugeteilten sechs, sieben Minuten Redezeit dazu nutzen, ihre vorgefertigten Textbausteine abzusondern und optimal zu performen. Zwischendurch wird das Mikrofon kurz ins ausgewählte Studiopublikum gehalten – und schwupp ist‘s auch schon vorbei mit dem Bürgertalk im Rundfunk Berlin Brandenburg.

Die, um die es ging, durften wie immer nicht zu Wort kommen.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

20 Kommentare
Ältester
Neuster Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen
Hans Dampf
2 Jahre zuvor

@Sadhu van Hemp,
wieder einmal wie von Dir gewohnt absolut treffend formuliert. Das ganze Theater ist reine Stimmungsmache und wird den eigentlichen Themen bzw. Anliegen in keiner Weise gerecht.

Aber anscheinend brauchen es die braven Bürger und Bürgerinnen auf diese Weise, um zu lernen wie mit beispielsweise Cannabis und deren Freigabe umzugehen ist.
Sie sind an diese Art von Berichterstattung bereits gewöhnt.
Wir leben in einer total verdrehten Zeit.

Hoffentlich findet die ganze Debatte ein annehmbares Ergebnis und endet nicht wieder in einem Trauerspiel.
Gruß H.D.

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von Hans Dampf
Haschberg
2 Jahre zuvor

Der arme Richter Müller muss wieder einmal seinen klugen Kopf herhalten.
Er wird erneut zugeballert werden von allen möglichen übertriebenen und verallgemeinerten Klischees seiner prohibitionsbesessenen Gegner, die scheinbar beabsichtigen, dass sich die gefolgstreuen Deutschen lieber mit dem schrecklichen Alkohol totsaufen, als sich mit einer weitaus harmloseren Heilsubstanz, die obendrein das Bewußtsein erweitert, das Leben zu verschönern.
Aber die Tage dieser unseligen und nicht mehr lernwilligen Anachronisten sind bereits angezählt.

MicMuc
2 Jahre zuvor

Und wieder wird medial die Diskursgesellschaft simuliert. Eine dumme, ungebildete, unaufgeklärte und indoktrinierte Gesellschaft soll sich ein Bild machen im “Meinungsstreit”. Dabei hat jede Meinung die gleiche Dignität. Denn meinen kann man viel, selbst Widersinniges. Aber wenn der bedeutenste Kinderpsychologe der Republik oder Vertreter der Polizei, einer Institution die – dank Framing – ein hohes Ansehen genießt (bei den rechtsgescheitelten Spießbürgern) sprechen, dann hat doch bei dieser “Expertise” eine Meinung per se Gewicht und muß nicht wisenschaftlich interdisziplinär fundiert noch logisch begründet werden. Es reicht, den Teufel nur drastisch an die Wand zu malen, um die Menschen emotional zu manipulieren bis hin zur hysterischen Massenpsychose, um die Masse einerseits gefügig zu machen, andererseit nach dem Motto “divide et impera” aufzuhetzen,… Weiterlesen »

Greenkeeper
2 Jahre zuvor

Solche unsachlichen Laber-Sendungen braucht kein Mensch. Wenn Grüne und FDP bei den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen ihre Wähler (immerhin über 26 % zusammen) nicht vergessen, dann wird die Legalisierung kommen müssen – in welcher Form auch immer. Da können die Prohibitionisten sich die Köpfe heiß reden, wie sie wollen. Gut, kann natürlich auch sein, dass Grüne und FDP die Hanf-Fans unter ihren Wählern in Zukunft nicht mehr brauchen, etwa weil sie meinen, auf diese verzichten zu können. Auch möglich, kann man dann auch nicht ändern. Außer bei der nächsten Wahl sein Kreuz woanders machen.

Otto Normal
2 Jahre zuvor

@Sadu “Die, um die es ging, durften wie immer nicht zu Wort kommen.” Das ist doch auch gar nicht gewollt. Schon die lächerliche Sendezeit für solche Themen sagt doch alles. Propaganda! @MicMuc Alle Diktatoren eliminieren zuerst die intelligenten Menschen da sie vor denen Angst haben. Dabei sollte man eigentlich mehr Angst vor den Dummen haben. Auch bei uns wird mehr und mehr zensiert. Zunächst begründete man dies mit Kinderpornografie, jedoch ließ man die Kirche bei diesem Thema außen vor um nicht in ein Wespennest zu stechen. Später hieß es Haßkommentare wobei es keine klaren Grenzen gibt ab wann denn ein Kommentar sog. Hatespeech sei. Genau aus diesem Grund unterscheidet unsere Verfassung – sie möge auf dem Müllhaufen der Geschichte in… Weiterlesen »

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von Otto Normal
k3k3
2 Jahre zuvor

Als ob es jemanden interessiert, was da für Clowns von sich geben.
Die Sache ist durch, da können die Prohibitionisten noch so laut lügen. Ich bin gechillt, in einigen Monaten bestelle ich mir dann meine ersten Samen und setze sie in die Erde.

Urfreak'68
2 Jahre zuvor

Otto Normal hat Recht – kommentieren so lange es noch geht!
Unsere Kriegsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Russland offen mit einem Atomschlag gedroht.
Bei mir um die Ecke lagern ca.20 dieser alles vernichtenten Bomben die im Ernstfall von der Bundeswehr (Fliegerhorst Büchel) eingesetzt werden sollen. Erst wird es Hell,dann knallt’s, dann kommt Sturm und danach ist RUHE ! Jedenfalls Menschliche Ruhe. Ganz lange.
Die Schwarzen,CDU und CSU,treten nach wo es nur geht um soviel Verbrannte Erde zu hinterlassen wie möglich. Ich Hasse dieses Pack mittlerweile! Es muss aufgedeckt werden was dieses Korrupte Politiker Gesindel angerichtet hat!

Rainer
2 Jahre zuvor

Mit Künast in den Knast,gabs vor einigen Jahren als Fazit hier zu lesen.

Manfred
2 Jahre zuvor

Ich verstehe nicht ganz, wie der Autor zu der Schlussfolgerung kommt, dass “die um die es geht, nicht zu Wort kommen”. Mit Maria ist doch sogar eine versierte Vertreterin des “Deutschen Hanfverbands” eingeladen. Ich weiß, wie es unserer Sache besser dienen sollte, wenn man zu einer solchen Sendung einen “normalen Kiffer von der Straße” einlädt, der seine 7min Redezeit ohne Vorbereitung dann vermutlich gar nicht pointiert nutzen könnte. Oder geht es dem Autor vielmehr darum, dass er selbst hätte eingeladen werden wollen? Vielleicht muss der ein oder andere da auch selbst mal wieder lernen, seine eigene Eitelkeit etwas zurückzustellen.
Grüße
Manfred

Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Nun, die Cannabisbefürworter in dieser aus Propagandazwecken als demokratisch inszenierten Diskussionsshow mögen vielleicht selbst nicht konsumieren, aber vom Thema her haben sie zumindest mit Sicherheit ein grosses, theoretisches Fachwissen dazu und stehen auch hinter der Sache. Allerdings zeigt gerade eben das Kräfteverhältnis Pro und Kon Legalisierung von 3 : 4 wo es bei diesem Theaterstück lang geht. Dazu kommt natürlich auch noch die zweifellos beabsichtigte Abwesenheit von Konsument*innen, die eventuell ihre positiven Lebenserfahrungen hinsichtlich Hanf mit einbringen könnten. Und die deutschen Primaten werden wohl wieder in der Mehrheit das Ergebnis der Debatte untertänigst schlucken wie den aktuellen pandemiefördernden Coronaimpfzwang. Hauptsache, Sündenböcke für die breite Masse bleiben erhalten und kurzfristige soziale und finanzielle Vorteile scheinen in greifbarer Nähe. Prost, Mittelalter und… Weiterlesen »

Alvin
2 Jahre zuvor

Schreibt Eure Meinung zur Sendung!!! Instagram

@rbbfernsehen

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Eine Meinung kann man haben, die sollte sich in Argumenten mit Fakten belegen lassen, OK
Der Wischmop brüllt jedoch wieder (immer die selbe Scheiße) Warnungen raus: “Kiffen Konjunktiv bei Jugendlichen bla, bla, bla…” Ohne Konjunktiv, kann ich bei den Cannabis-Vorhaben der GRÜNEN & LINKEN nirgends erkennen, dass der Zugang zu Cannabis für Jugendliche so sehr gewährleistet werden soll, wie es die Prohibition erlaubt/ermöglicht.
mfG  fE

Smile Indica
2 Jahre zuvor

Die ganze Diskussion ödet an. Es ging und geht nicht um Gesundheitsvorsorge oder Jugendschutz, sondern einzig und allein um finanzielle Interessen. Die Politik ist korrupt und willfähriger Zahlungsempfänger verschiedener Interessengruppen. Die eine Partei ist dafür und wird bezahlt, die andere dagegen und wird bezahlt und irgendwelche selbsternannten Gutachter schwingen sich dazu auf alles besser zu wissen als der Rest der Menschheit und wetrden dafür bezahlt. Die einzige Option für Freiheit und zwar in allen Bereichen, ist endlich dieses Pack vor die Tür zu setzen und nicht zuzulassen, dass jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird und uns wertvolle Lebenszeit stiehlt. Sie heben mnur Macht weil wir es zulassen, denn in der Realität sind es kleine Pisser, von denen… Weiterlesen »

trec.
2 Jahre zuvor

Die Sendung war abwürgend moderiert.
75% pro zu 25% neg. unrepesablen Wertungen haben a G`schmäckle, ….vei wergli

trec.
2 Jahre zuvor

Fundstücknachtrag:
New York verbietet Cannabis Drogentest auf Arbeit! …aber allein durch den Konsum auf eine Unfähigkeit zum Arbeiten zu schließen und den Drogentest einzufordern ist verboten.

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von Trec 0.1
Hans Dampf
2 Jahre zuvor

Die Sendung eben auf RBB war wie erwartet, mit Verlaub, große Scheisse. Es ist erschreckend zu sehen auf was für einem Niveau die Diskussion um eine mögliche Freigabe noch immer stattfindet. Die ganze Sendung hätte auch in den 70er oder 80er Jahren laufen können. Im Vergleich dazu ist es heute nicht wirklich besser geworden. Nur verängstigte Mütter und Fachleute die keine sind. Einzig die ,,Kleine“vom Hanfverband kam , meiner Meinung nach gut und kompetent rüber und war dazu noch nett anzusehen. Ansonsten war alles wie gehabt. Richter Müller kämpft aufgeregt und mit hochrotem Kopf für Gerechtigkeit und Legalisierung während sein Erzkontrahent Thomasius den Menschen Angst machen will und Halbwahrheiten auftischt. ES WAR EIN TRAUERSPIEL. Zu sehen, wie rückständig viele Leute… Weiterlesen »

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von Hans Dampf
Haschberg
2 Jahre zuvor

Meine vor der Sendung gehegte Befürchtung hat sich leider weitgehend bestätigt. Einige der geladenen Gäste wollen einfach nicht verstehen, dass es doch in erster Linie die Prohibition ist, die ihre Kinder ausschließlich mit illegalen mafiösen Schwarzmarkt – Strukturen konfrontiert, welche nicht nur ungeprüftes Cannabis mit Verunreinigungen und unbekannter Stärke anbieten, sondern nicht selten auch andere harte Drogen. Hier liegt doch das eigentliche Problem. Gerade deswegen brauchen wir endlich legale Fachgeschäfte, die nicht nur aufklären, sondern wenigstens geprüfte saubere Produkte mit Warnhinweisen anbieten. Auch wenn dadurch die Schwarzmärkte sicherlich nicht ganz verschwinden, können wir das Problem wenigstens reduzieren und dem organisierten Verbrechen so zu einem guten Teil das Wasser abgraben. Ist es denn nicht schon für jeden Einzelnen ein ungeheurer Gewinn… Weiterlesen »

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Hans Dampf +  “Hoffentlich lässt sich die künftige Regierung nicht beirren und hält an der dringend notwendigen Aufholjagd der Gesellschaft fest.” Der totale Paternalismus hat aber auch Klappsköppe hervorgebracht. Ich wusste ja schon: “…mal eine(r) sagt, was ich denn machen soll…”, oder aus dem Reise-Katalog: “An Bord betreut Sie eine deutschsprachige Reiseleitung…” Wie kann denn an erwachsenen Menschen das gesamte bisherige Leben folgenfrei vorbeigegangen sein, Eltern ???: “…ich wusste nicht, ob das Pubertät oder Drogen-Konsum ist…” Beim schwarzbraunen Gesochs dürften zum Tod Oswald Kolles (2010) die Sektkorken geknallt haben; warum?, beim Michel hat doch sein Wirken keine Spuren hinterlassen! Aufholjagd der Gesellschaft , wenn dann manche immerhin ,wenigstens Was, merken, dass Kinder in die Welt setzen für sie kein so… Weiterlesen »

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von buri_see_kaeo