Mittwoch, 13. Oktober 2021

Die skurrilsten Weed-Busts der letzten Zeit

Die skurrilsten Weed-Busts

Beitrag von Henrik Aulbach

Der deutsche Staat ist ja gemeinhin dafür bekannt, Konsumenten ziemlich auf den Sack zu gehen. So machte letztlich eine Anzeige die Runde, bei der 0,01 Gramm Cannabis dem Beschuldigten zur Last gelegt wurden, wobei lediglich polizeiliche Ressourcen und Steuergelder verschwendet wurden. Noch schlimmer wird es, wenn legale Hanfunternehmen in den Fokus der Strafverfolgung rücken und um ihre Existenz bangen müssen. Aus diesem Grund sollen hier die skurrilsten Weedbusts der letzten Zeit zusammengefasst werden, um aufzuweisen, wie lächerlich der Staat gegen Cannabis vorgeht und dass die Prohibition mehr als aus der Zeit gefallen ist.

Grower und Dealer werden hochgenommen

In den Augen der meisten Konsumenten sind Grower fast schon wie Götter: Sie sorgen dafür, dass die deutsche Cannabis-Szene nicht komplett erlahmt und cleanes Zeug auf den Markt kommt. Dealer können unterdessen sehr wohl Rabauken sein: Je nachdem, wie sie ihr Geschäft verfolgen. Wird nur cleanes Zeug verkauft, darf man sich freuen, einen ordentlichen Dealer gefunden zu haben. Handelt es sich jedoch um einen solchen, der Streckmittel und gefährliche andere Lacing-Drugs beimischt, ist diese Person, vermutlich zurecht, kriminell. Leider wissen die meisten Dealer jedenfalls nicht, dass sie gestreckte und gelacte Scheiße gereicht bekommen und in jedem Fall ist der deutsche Staat daran schuld, dass Streckmittel überhaupt erst durch die Prohibition in Umlauf gelangen.

In jedem Fall hängt die Polizei genau diesen Personen eisenhart an den Fersen. Am 17. August 2021 geschah es, dass die Polizei in Dortmund in eine Wohnung in Bruchheck in Hörde, gemäß Recht und Gesetz mit einem Durchsuchungsbeschluss, eingefallen ist. Es handelte sich um eine leerstehende Wohnung, welche durch anonyme Hinweise und verdächtige Personen aufgefunden werden konnte. Mehrere Lüftungsanlagen hörte man bereits von draußen und die Fenster waren zugeklebt, weshalb es nicht lange dauerte, bis die Plantage gebustet wurde. Über 200 Pflanzen ließen sich vorfinden, welche die Polizisten so gleich abernteten. Ob wirklich alles davon letzten Endes in der Asservatenkammer landete, ist meines Erachtens mehr als fraglich. Glücklicherweise konnte der Grower jedenfalls nicht dingfest gemacht werden, seine Ernte und das gesamte Equipment ist er jedoch los.

Skurriler ging es in Schwabach zu. Ein älteres Ehepaar, um die 50 Jahre alt, findet sich nun vermutlich in einer angespannten Beziehung. So hat die 51-jährige Ehefrau die Polizei kontaktiert, weil ihr Ehemann in seinem Keller old school Growing betrieben hat. Dabei nutzte sie ein kurzes Zeitfenster aus, zu dem ihr Ehemann nicht im Hause war. Als die Polizei ankam, blieb auch der Ehemann nicht mehr fern, der zu seinem größten Verdruss die Polizei vor der Haustür antraf. Ohne viel Stress zeigte er sich direkt kooperativ und wies den Polizisten den Weg in seinen Keller. Es bleibt fraglich, ob ein Streit, das Geheimnis des Growings oder ein ähnlicher Fall für die Aktion der Frau gesorgt hat: In jedem Fall waren die Pflanzen weg und das Strafverfahren da.

Wenn Grower besonders subtil unterwegs sein wollen, ziehen sie sich häufig in Wälder zurück: Hier läuft keine Wohnung auf ihrem Namen, für Licht und Luft ist gesorgt und ihre Anonymität bleibt meistens bewahrt. Ein kleiner Fang gelang jedoch der Polizei in einem Waldstück nahe Poppenberg. Innerhalb einer einzigen Lichtung hat irgendein sehr hochmütiger Grower satte 20 Pflanzen platziert. Diese waren zu besagtem Zeitpunkt zwischen einem und zwei Metern hoch , weshalb die Pflanzen vermutlich kurz vor der Ernte standen. Anstelle des Growers, erntete nun jedoch die Kripo das Waldstück ab. Ein Forstarbeiter hat dabei die Meldung an die Polizei weitergereicht. Für den Grower bleibt zu hoffen, dass diese Plantage nicht seine einzige war.

Das wahre Verbrechen: Die Strafverfolgung legaler Hanfunternehmen

Wer sich als Hanfunternehmen im deutschen Markt ein Standbein aufbauen will, muss mit zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Behörden rechnen. Ich selbst bin als Autor bei zahlreichen Unternehmen tätig und so gut wie keines von diesen hat nicht mehrere Anzeigen vonseiten des Staates bekommen. Es scheint schon fast so, als wollen die Behörden und insbesondere die Polizei den Hype um das Cannabis zurückhalten, um entsprechende Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig zu machen. Glücklicherweise wehren sich zahlreiche Unternehmer dagegen und geben alles, um den legalen deutschen Hanfmarkt am Laufen zu halten.

So erscheint es fast schon wie ein schlechter Witz, dass die bayerischen Behörden Lidl bezichtigen, illegale Hanfprodukte in ihre Regale einzuräumen, wo es sich hierbei doch um ein internationales und hoch angesehenes Unternehmen handelt. So machte es in letzter Zeit viele Schlagzeilen, dass die bayerische Polizei in Filialen von Lidl einfiel. 21 Produkte auf der Basis von Hanf kamen neu in das Sortiment des Discounters, womit es sich einen neuen Markt erschließen wollte. Nicht einmal CBD war in den Produkten enthalten, lediglich der Hanf-typische Geschmack sollte gegeben sein.

Die Polizei räumte jedenfalls die Regale leer und ließ keine Hanfprodukte mehr für neugierige Kunden übrig. Dabei stammen die Produkte von einer Marke namens „Mary & Juana”, welche nicht nur bei Lidl erhältlich ist, sondern auch bei vielen anderen Shops. Cannabissamen und -blätter bilden dabei die Basis für die Produkte. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die bayerischen Polizisten ihre Schandtat eingestehen und Lidl den legalen Verkauf gestatten.

Der Fall des Cerveny

Wenzel Cerveny nennt sich ein Händler, der nichts weiter machen wollte, als harmlosen Hanftee zu vertreiben. Er verfügt über mehrere Läden, die über 500 Produkte aus Cannabis angeboten haben. Als ein richtiger Cannabisenthusiast, war er sogar der Gründer eines Cannabis Instituts, um die Heilpflanze wieder richtig salonfähig zu machen.

Im Oktober letzten Jahres erreichte ihn eine Strafanzeige vonseiten der Staatsanwaltschaft. Über 17 Seiten hinweg wurde ihm zulasten gelegt, dass man aus seinem Hanftee potentere Drogen herstellen könnte. In über 30 Fällen soll der Betreiber so gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben, wobei lediglich legaler Hanftee verkauft wurde. Die Grenze von 0,2 % THC wurde so in keinem Fall überschritten. Wie man etwa aus alkoholfreiem Bier, da ein minimal kleiner Bestand Restalkohol gegeben ist, härtere Spirituosen destillieren könnte, so könne man aus den minimalen Spuren an THC härtere Drogen produzieren. So die Argumentation der ach so klugen Staatsanwaltschaft.

Die Rechnung der Staatsanwaltschaft sah wie folgt aus: 120 kg des Hanftees waren in einer Lieferung enthalten. Die Laboruntersuchungen ergaben einen THC-Gehalt von 0,04 %, der also weit unter der gesetzlichen Grenze von 0,2 % liegt. Wenn man nun ein wenig rechnet, lässt sich feststellen, dass in den 120 kg Hanf insgesamt 25 g THC gegeben waren, was die Staatsanwaltschaft zur besagten Anzeige verließ. Dabei beläuft sich die Anzeige auf bandenmäßigen Handel mit Cannabis, was für einen Teehändler mehr als lächerlich ist.

Dabei war der Besitzer ziemlich gut aufgestellt. 20 Mitarbeiter versorgte er mit einem guten Einkommen sowie einer netten Arbeitsumgebung. Steuern und Sozialabgaben wurden immer pünktlich gezahlt, bei Cerveny handelt es sich um einen einwandfreien Unternehmer. Ähnliche Prozesse liefen gegen weitere Unternehmen aus dem süddeutschen Raum, hierzu gehören bekannte Namen wie „Hanf im Glück”, „Hanfgöttin” oder „EMPALIKO”. 

Im Frühling und Herbst des Jahres 2020 fanden zudem zwei großangelegte Razzien in München statt, an denen sage und schreibe 180 Polizisten legale Hanfshops und Wohnungen von Mitarbeitern durchsuchten, wobei Letzteres eine Frechheit darstellt. Konfisziert wurden 370 kg Hanftee, knapp ein halbes Kilo CBD Hasch und 60 kg CBD Blüten. Zusätzlich bereicherte sich die Polizei an 44000 Euro Bargeld sowie zwei geladenen Schusswaffen.

Nun mag man erschrecken und sich denken, dass die zwei geladen Schusswaffen den Todesstoß bedeuten. Dabei gehörten diese Waffen allem Anschein nach einer Person, die einen entsprechenden Berechtigungsschein vorweisen konnte. Folglich hat die Staatsanwaltschaft diese Informationen gezielt in den Umlauf gesetzt, um dem legalen CBD Geschäft das Image von illegalem Drogenhandel einzuverleiben. In der Anklage an besagten Herren Cerveny ist darüber hinaus nur über Marihuana die Rede, bei legalen Cannabisprodukten spricht man jedoch eher vom (Nutz-)Hanf, um gezielt eine Trennung zwischen der Droge und den legalen rauschfreien Produkten herzustellen.

Ganz Deutschland ist betroffen

Drei junge Unternehmer, die schwere Beschwerden aufwiesen, die durch medizinisches Cannabis bestens gelindert werden konnten, wollten sich mit ihrem Unternehmen „Green Pioneers”  dafür einsetzen, dass mehr Menschen diese Hilfe zugute kommt. Mit legalen Produkten, die unter anderem auf CBD basierten, wollten sie durchstarten. Nun wird auch ihnen vonseiten der Staatsanwaltschaft bandenmäßiger Drogenhandel vorgeworfen.

Erneut ist es der Hanftee, welcher der Staatsanwaltschaft ein Dorn im Auge ist. Selbstverständlich wird, wie es beim legalen Handel üblich ist, EU-zertifizierter Nutzhanf verwendet. Glücklicherweise lassen sich die drei Gründer dieses Unternehmens nicht unterkriegen: Aufgrund schwerer Imageschäden wollen sie Schadensersatz von der Staatsanwaltschaft einklagen. Uns bleibt nur übrig, ihnen das Beste auf diesem Weg zu wünschen.

„Bunte Blüte” ist ein Berliner Unternehmen, welches aufgrund von Hanftee Stress mit der Polizei bekam. In zahlreichen Spätis in Berlin werden ihre Produkte vertrieben, wobei es sich eben um komplett legale Hanfteesorten handelt.

Bei mehreren Durchsuchungen fiel so die Polizei in die Wohnungen der genannten Gründer ein. Mehrere Kilogramm der Hanfblüten wurden beschlagnahmt, womit zugleich ein großer Teil des firmeneigenen Kapitals entwendet wurde. Hier argumentieren die Gründer des Berliner Unternehmens damit, dass mehr als ein Kilo gebraucht wird, um einen einfachen Rausch zu verursachen. Folglich müsste ein gewiefter Konsument mehr als 10.000 € für den Rausch bezahlen und es anschließend irgendwie bewerkstelligen, diese enorme Menge an Blüten zu konsumieren.

In diesem Fall bestand das Argument der Staatsanwaltschaft darin, dass der Umgang mit Blütenständen und unverarbeiteten Pflanzenteilen einer speziellen Erlaubnis bedarf. Eine Ausnahme besteht gesetzlich dann, wenn der THC-Gehalt nicht höher als 0,2 % ist. Das war jedoch bei dem besagten Berlinern Unternehmern der Fall. Man mag sich erneut die Frage stellen, weshalb der Staatsanwaltschaft derartige kriminelle Aktionen gestattet und sogar verziehen werden. Ich persönlich hoffe, dass die entsprechenden Entscheidungsträger in Zukunft mit massiven Folgen zu rechnen haben werden.

Die tausenden nüchternen Autofahrer, die ihren Lappen hergeben mussten

Zu guter Letzt soll noch den zahlreichen Autofahrern bedacht werden, die sich komplett nüchtern hinter ihr Steuer setzten, nur um von Polizisten angehalten zu werden und wegen Konsums ihren Führerschein zu verlieren, der jedoch Tage in der Vergangenheit lag. Wie wir alle wissen, bauen sich THC und dessen Abbauprodukte nicht gleichmäßig im Blut ab, weshalb der Blutgehalt des THCs in keinster Weise über die gegebene Psychoaktivität eine Aussage treffen kann. Nichtsdestotrotz zieht  der veraltete deutsche Staat dieses Kriterium immer noch heran, um herauszufinden, ob Autofahrer unter der Rauschwirkung des Cannabinoids am Steuer saßen.

An dieser Stelle soll keine besondere Story aufgetischt werden, da vermutlich ein jeder Konsument Geschichten aus seiner näheren Umgebung kennt. Allzu häufig hört man jedoch in Berichten der Polizei oder von Magazinen, dass Fahrer bekifft hinter dem Steuer erwischt wurden. Viel zu häufig werden hier verantwortungsbewusste Konsumenten betroffen, die sehr wohl nicht nach einem Joint hinter das Steuer gerieten, sondern die einfach aufgrund des erhöhten Wertes in ihrem Blut dessen bezichtigt wurden. Glücklicherweise hat man als Autofahrer, nachdem man die Probezeit hinter sich hat, so etwas wie ein Strike übrig: Wird man mit einem erhöhten THC-Wert erwischt, besteht die Chance, den Führerschein zu behalten, wenn man anschließend die Abstinenz nachweisen kann. Dennoch ist es eine Schande, dass nüchterne Fahrer aufgrund einer derart kritischen und nicht wissenschaftlichen Methode ihren Führerschein verlieren.

Fazit

In jedem Falle ist die Strafverfolgung von Growern und Konsumenten eine Schandtat, da hier unschuldige Menschen bestraft werden für Taten, die in vielen anderen Ländern schon längst legal sind. Wirklich hirnrissig ist es jedoch, legalen Unternehmern ihr Geschäft streitig zu machen, indem fälschlicherweise erklärt wird, dass es sich um einen bandenmäßigen Drogenhandel handelt. Wie derartige Anzeigen überhaupt erstattet werden können, ist mehr als fraglich und ein Beweis für die Unfähigkeit der Prohibition sowie der ausführenden Behörden. Es bleibt also einfach übrig zu hoffen, dass entsprechende Strafverfolgungen schnell eingestellt werden und dass das öffentliche Interesse an ihnen wächst, auf dass die Verantwortlichen ausfindig gemacht und eines Besseren belehrt werden können.

Quellen:

https://www.blick.ch/wirtschaft/razzia-bei-lidl-in-bayern-polizei-beschlagnahmt-cannabis-brownies-id16753708.html

https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/polizei-findet-cannabis-plantage-in-leer-stehender-wohnung-in-hoerde–1665254.html

https://www.br.de/nachrichten/bayern/ehefrau-verpetzt-ihren-mann-wegen-cannabispflanze-an-polizei,Sg2mdMc

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-hanf-tee-prozess-1.5108365

https://www.rtl.de/cms/fulda-razzia-wegen-cannabisprodukten-jungunternehmer-green-pioneers-unser-cbd-ist-legal-4791101.html

https://www.bz-berlin.de/berlin/berliner-hanf-start-up-ist-jetzt-ein-fall-fuer-die-polizei

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4 Kommentare
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Haschberg
2 Jahre zuvor

Sehr guter Bericht, der die ganze absurde Misere gegen Millionen friedliebender und zu Unrecht verfolgter Hanfkonsumenten, wie auch deren Unternehmer, dokumentiert.
Mit dieser völlig unlogischen und unverhältnismäßigen Absurdität muss endgültig Schluss sein!
Auch dafür haben wir Wähler uns mehrheitlich zur Schaffung einer reformorientierten Ampelkoalition entschieden.

Rainer
2 Jahre zuvor

Nicht nur Staatsanwalt und Polizei,sondern auch viele Normalbürger sind negativ gegen Kiffer eingestellt.Manche sagen,daß sie nichts dagegen haben,wenn jemand einen Joint raucht,solange er nicht fährt.Und der Gedanke mit der Einstiegsdroge ist auch noch da.

Ramon Dark
2 Jahre zuvor

Alter Spruch:Wo Unrecht zu Recht wird wird Widerstand zur Pflicht. Einer der wenigen Lichtblicke der aktuellen deutschen Justiz ist Richter Müller.

MicMuc
2 Jahre zuvor

@Rainer:”Manche sagen, daß sie nichts dagegen haben, wenn jemand einen Joint raucht, solange er nicht fährt: “Das autokratisch-faschistische Denken folgt doch einem immer gleichen Denkmuster. Er würde ebenso sagen: Ich habe nichts gegen Schwule, solange er keine Kinder anfäßt.” So könnte ich mir gut vorstellen, daß damals unter ähnlicher Prämisse für den Erhalt des §175 mit Verweis auf den “Jugendschutz” argumentiert wurde. Es ist wie ein running gag bei “The Simpsons”, wo immer eine rothaarige Frau hysterisch schreit: “Wer denkt an die Kinder?!” Zwei Begriffe solltet Ihr und alle aus dem Vokabular streichen: LIBERALISIERUNG und UNVERHÄLTNISMÄßIG!!! Freiheitsrechte gehören substantiell zum Individuum und werden nicht von der Obrigkeit mehr oder weniger gewährt oder zugesprochen. Und die Frage der Verhältnismäßigkeit erledigt sich… Weiterlesen »