Donnerstag, 23. September 2021

Ludwig für größere Kluft ohne Problemlösung

Ludwig -

Feuer auf Daniela Ludwig

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), hat vorgeschlagen, den Cannabisbesitz bis zu einer Eigenbedarfsgrenze von sechs Gramm künftig bundesweit nicht mehr als Straftat sondern als Ordnungswidrigkeit zu verfolgen. Dieser Vorstoß hat bei vielen Experten starke Bedenken ausgelöst, denn mit dieser Neuregelung wird keines der akuten Probleme gelöst.

Problem synthetische Cannabinoide

Das größte gesundheitliche Problem für Konsumenten von Marihuana und Haschisch ist die Beimengung von synthetischen Cannabinoiden in immer häufiger auftretender Anzahl von auf dem Schwarzmarkt erworbenen Produkten. Einzig ein legaler kontrollierter Markt kann diesem Übel entgegenwirken.

Problem THC-CBD-Ratio

Ein weiteres gesundheitliche Problem stellt das Nichtwissen der Konsumenten betreffend Wirkstoffgehalte in auf dem Schwarzmarkt erworbenen Produkte dar. Der THC-Gehalt von marokkanischem Haschisch ist in den letzten Jahren massiv angestiegen, der CBD-Gehalt ist jedoch massiv in den entsprechenden Sorten gesunken. Gleiches gilt auch für diverse Sorten von Marihuana.

THC ist vor allem für die psychoaktive Wirkung verantwort­lich, es stimuliert Teile des Gehirns, was die Freisetzung von Dopamin verursacht – was wiederum ein Gefühl der Euphorie und des Wohlbefindens bewirkt. THC hat auch eine analgetische Wirkung, es lindert die Symptome von Schmerzen und Entzündungen. THC verursacht ein großartiges Gefühl der Entspannung. CBD ist hingegen ein kaum bis gar nicht psychotrop wirkendes Cannabinoid, das die Wirkungen von THC reduziert und reguliert. Je größer der CBD-Anteil im Vergleich zum THC-Anteil ist, desto klarer bleibt man nach dem Konsum im Kopf. Beim Konsum von Hanfprodukten (Haschisch, Marihuana) bewirkt ein hoher CBD-Anteil und ein entsprechend niedriger THC-Anteil eine eher sedierende, ein niedriger CBD-Anteil und ein hoher THC-Anteil eine eher anregende Wirkung. Das Verhältnis von THC zu CBD, die THC-CBD-Ratio, gibt Auskunft über die protektive Wirkung des CBD. Je größer dieser Wert ist, desto kleiner ist die protektive Wirkung des CBD.

Haschisch aus Marokko enthielt kurz vor der Jahrtausendwende im Schnitt einen THC-Gehalt von etwa 8 Prozent und einen CBD-Gehalt von etwa 4 Prozent. Zu dieser Zeit hatte die THC-CBD-Ratio den Wert 2. Im Jahr 2016 hatte Haschisch aus Marokko im Schnitt einen THC-Gehalt von 23 Prozent und einen CBD-Gehalt von 4 Prozent. Die THC-CBD-Ratio war 2016 etwa zweieinhalb mal so groß wie vor der Jahrtausendwende und hatte den Wert von etwa 5,5. Im Vergleich dazu hat traditionelles Haschisch aus dem Libanon eine THC-CBD-Ratio zwischen 0,5 und 0,8, da libanesisches Haschisch mehr CBD als THC enthält.

In einem Drogenfachgeschäft, in dem kontrollierte und klar deklarierte Substanzen angeboten werden, kann der Kunde frei entscheiden, ob er eine Sorte mit einem hohen oder niedrigen THC-Anteil respektive CBD-Anteil erwerben will. Die entsprechende Deklaration wäre dort bei Sorten genauso detailliert angegeben wie bei jeder Tütensuppe im Supermarkt, wo genau darauf geschrieben steht, wie viel Salz, Fett, Eiweiß etc. darin enthalten ist. Der Vorschlag von Frau Ludwig bringt somit kein Vorteil für den Gesundheitsschutz.

Problem Rechtsgleichheit

Derzeit ist in Deutschland der Besitz von Marihuana und Haschisch eine Straftat und untersteht somit dem Legalitätsprinzip. Das Legalitätsprinzip ist in Deutschland die Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft, Polizei, Zoll und Steuerfahndung), ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen, wenn sie eine den Anfangsverdacht rechtfertigende zureichende Kenntnis von einer (möglichen) Straftat erlangt hat. Bei geringen Mengen muss in einigen Bundesländern das Verfahren eingestellt werden, in einigen Bundesländern kann das die Staatsanwaltschaft das tun, muss es aber nicht. Die geringen Mengen sind auch nicht in allen Bundesländern in gleicher Höhe angesetzt. Es besteht somit keine Rechtsgleichheit in allen Bundesländern.

Die von Frau Ludwig vorgeschlagene Umstufung des Besitzes von bis zu sechs Gramm von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit führt dazu, dass die Polizei und die Ordnungsämter nach dem Opportunitätsprinzip verfahren können. Es handelt sich somit um eine Ermessensentscheidung, ob hier ein Bußgeld erhoben wird oder nicht. Das Opportunitätsprinzip beschreibt das Handeln einer Ordnungsbehörde im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Die Ordnungsbehörde kann, muss aber nicht eingreifen. Hier gilt generell der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die Bekundung von Frau Ludwig klingt für viele nach einem begrüßenswert fortschrittlichen Vorstoß aus einer politisch konservativen Ecke, könnte die Lage von Cannabiskonsumenten in Deutschland aber verschärfen. Gegenwärtig ist der Besitz von Cannabis zwar strafbar, aber das Strafverfahren bei geringen Mengen wird in der Regel eingestellt. Nach Ludwigs Vorschlag soll der Besitz von bis zu sechs Gramm eine Ordnungswidrigkeit sein. Dadurch würde auf die Besitzer künftig eine Geldbuße zukommen anstelle eines eingestellten Verfahrens. Für Geringverdiener stellt Ludwigs Vorschlag somit eine Verschärfung der Situation dar. So schreibt Sascha Waterkotte vom Deutschen Hanfverband: „Für Menschen mit höherem Einkommen mag die Zahlung eines Bußgeldes eine Verbesserung darstellen, da sie im Falle eines Strafverfahrens unter Umständen ihren Job verlieren könnten. Hingegen werden Menschen, die durch ein Cannabis-Strafverfahren vielleicht nicht gleich ihren Job verlieren, aber über geringe finanzielle Mittel verfügen, durch eine Umwandlung zur Ordnungswidrigkeit stärker sanktioniert als vorher – speziell in repressiven Bundesländern. Ihnen droht sogar Erzwingungshaft, wenn sie das Bußgeld nicht zahlen können. Die Wirkung dieser Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit bringt also ein soziales Ungleichgewicht mit sich, weshalb der Deutsche Hanfverband eine solche Form der Entkriminalisierung als unsozial empfindet und sie ablehnt.“

Frau Ludwig bemängelt oft die unterschiedlich definierten sogenannten geringen Mengen in den einzelnen Bundesländern und tritt stets für eine Vereinheitlichung derselben ein. Mit ihrem Vorstoß wollte sie wohl einen Schritt einleiten, der nach ihrer Ansicht in die richtige Richtung führt. Ein Blick über den Tellerrand – sprich Grenze Deutschlands – hätte ihr jedoch vor Augen geführt, dass das Ordnungsrecht, das nach dem Opportunitätsprinzip gehandhabt wird, nicht unbedingt zu mehr Rechtsgleichheit führt. Ein Blick über die Grenze in die Schweiz zeigt, wie unterschiedlich die Kantone Ordnungsbußen für das Kiffen (ist in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland verboten) verteilen. Im Jahr 2018 wurden etwas mehr als 7.000 Kiffer wegen Kiffens in der Schweiz gebüßt. Die polizeiliche Jagd auf Kiffer ist in den Kantonen recht unterschiedlich ausgeprägt. Bezogen respektive hochgerechnet auf 100.000 Einwohner wurden im Kanton Zug über 300 Kiffer gebüßt (380 Bußen bei 125.000 Einwohnern), im Kanton Glarus ist die Wahrscheinlichkeit 60 mal kleiner, wegen Kiffens eine Buße zahlen zu müssen. Der Kanton Glarus hat etwas mehr als 40.000 Einwohner und im ganzen Jahr 2018 wurden 2 Bußen gegen Kiffer verfügt – macht hochgerechnet 5 Bußen pro 100.000 Einwohner. Rechtsgleichheit sieht anders aus.

Beitrag von Hans Cousto

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8 Kommentare
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Frank
2 Jahre zuvor

Hat die ihr Hirn schon total versoffen ???

Haschberg
2 Jahre zuvor

Ich hoffe nach der Wahl nichts mehr als eine Neubesetzung dieses höchst verantwortungsvollen Amtes einer Drogenbeauftragten durch eine politisch unabhängige und auf diesem Gebiet bestens geschulte Person.
Es muss ein(e) Experte(in) sein, die (der) alle mehr oder weniger suchterzeugenden Stoffe endlich nach ihrer tatsächlichen Gefährlichkeit behandelt und einstuft und nicht – wie bisher – nach dem Wohlwollen einflußreicher Lobbyisten.
Alles andere ist eine widersinnige und unverhältnismäßige Augenwischerei, die eigentlich ganz und gar die Falschen trifft und bestraft.

Otto Normal
2 Jahre zuvor

@Haschberg Das würde einen funktionierenden Rechtsstaat voraussetzen, ohne Lobbyismus, Korruption, permanente Lügereien, Betrügereien und eine Gerichtsbarkeit die ihren Job macht und nicht – wie die Eunuchen in Karlsruhe – im Dornröschenschlaf verweilt, während unsere Politverbrecher unser GG zernagen wie Termiten und sich gemeinsam mit den Kapitalisten bereichern. Eine Staatsanwaltschaft die nicht wegschaut, strafvereitelt und vertuscht wenn unsere Polizei einen Zivilsten tötet (so wie in Detmold). Das würde weiterhin voraussetzen daß das Schweinepack von SPD/CDU/CSU/FDP/Grüne/AFD aus den Parlamenten und anderen Ämtern entfernt wird. Last but not least würde es noch obendrein voraussetzen, daß endlich eine sehr gründliche Entnazifizierung stattfindet insbesondere bei Staatsanwaltschaften, der Polizei und bei den Geheimdiensten, die man sogar gänzlich abschaffen müßte, da sie sich noch nie mit den… Weiterlesen »

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

@ Otto Normal, Delmenhorst!,
featured by SA Oldenburg
Und wenn die rote-Socken-Kampagne beim Michel zieht:
Hans-Georg Maaßen, unser neuer Innenminister.
@ Otto Normal, Rest i.O.
mfG  fE

buri_see_käo
2 Jahre zuvor

Und wenn die rote-Socken-Kampagne nicht zieht:
Dann sollten sich Cannabis-Konsumenten schon mal “warm anziehen”;
Hans Cousto hat da statistisches Material aufbereitet, in nicht konservativ regierten Bundesländern ist der Repressions-Faktor (überbordender polizeilicher Eifer) besonders hoch, scheinbar sehen die die jeweilige Bevölkerung als Feinde, weil ja selbst unbedingt hirarchisch strukturiert(obrigkeitshörig?), wie auch die CDU-Wahlverein-Hirarchie. Ich nehme das seit 40 Jahren wahr, Statistiken darüber habe ich aber nie erstellt, bei z.B. Anti-AKW-Demos, Umweltschützer-Demos.

Fazit, es muss also schnell gehen, wenn die Entkriminalisierung/Legalisierung bei positivem Wahlausgang je in Aussicht steht.

mfG  fE

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von buri_see_kaeo
Greenkeeper
2 Jahre zuvor

Ermessensentscheidung? Na toll, so werden dann also demnächst die leeren Landeskassen gefüllt. Man greift dem Cannabiskonsumenten ins Portemonnaie. Wenn es darum geht, den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen, erfinden Politiker immer neue Unverschämtheiten. Warum überhaupt Bußgeld? Was ist denn moralisch falsch daran, wenn ich in meinem Hobbykeller Haschkakao trinke? Welche Ordnung gefährde ich damit? Und warum muss mein Nachbar für sein Weizenbier kein Bußgeld bezahlen? Das sind alles berechtigte Fragen und Einwände, auf die weder Frau Ludwig noch ihre Partei eine überzeugende Antwort drauf hat. CDU/CSU unwählbar!

Smile Indica
2 Jahre zuvor

Diese Kreatur hat auf diesem Posten nichts verloren. Korrupt bis zum Anschlag und genau so unfähig, wie all das andere schwarze Gesindel.

Chuwawa
2 Jahre zuvor

Gute Analyse,
Fazit:
keine Problemlösung Frau Daniela Ludwig
was bleibt?
Vorrücken gefährdet!