Dienstag, 17. August 2021

Kiffen in der Peripherie II

Kiffen in der Peripherie

Angst. Mit großem A.

Von Jutta McLovin

Da sind wir wieder – in der bereits vor einer Weile geschilderten Kleinstadtszene. I’m back. Raus aus der Hauptstadt, zurück in die kleinstädtische Heimat. Was aber leider auch back ist, wie englischer Rücken, sind ständige Panikattacken und Herzklopfen. Nur dass das leider nicht am Kraut per se liegt, oder auch an der Mischung mit Tabak, die ja vielerorts strikt abgelehnt wird, oder an einem gewerblichen Treiben meinerseits sondern an den äußeren Umständen und gesetzlichen Regelungen. 

Kiffen ist für mich essentiell, hilft mir bei meinen ADHS-Symptomen, lässt mich schlafen und an sich einfach ein angenehmerer Zeitgenosse sein. Ich könnte mich auch mit Ritalin, Schlaftabletten und Antidepressiva behandeln lassen – möchte ich aber irgendwie nicht. Vielleicht kann der geneigte Leser das nachvollziehen. Ich gehe meiner Arbeit nach, vernachlässige mein Leben nicht, um high sein zu können und bin generell sehr froh, dass ich irgendwann zum Hanf gefunden habe. 

Kiffen dient für mich also der Feierabendentspannung. Ich tu damit niemandem weh, es nimmt mir viel Leid, das andere nicht im Alltag plagt – es ist nur halt leider nicht erlaubt in der Bundesrepublik. Das schafft Probleme; Probleme bei der Beschaffung, Probleme bei der Lagerung, Probleme beim Konsum. Und langsam auch Probleme mit meinem Herz-Kreislauf-System.

Nun sind wohl auch mein Vermieter und einige Nachbarn auf den Trichter gekommen, dass ich gern abends mal das ein oder andere (dabei bleibt es aber in der Regel) Tütchen wegpaffe. Das Rauchen in meinen eigenen vier Wänden, wenn eben auch gesittet, ist mir nun also im Moment nicht mehr möglich. Die Gefahr einer Hausdurchsuchung (die einfach nur lächerlich erfolglos ausgehen würde, den Steuerzahler dafür aber einige tausend Euronen kosten dürfte und mich einer Art von Stress aussetzen würde, die ich, so möglich, einfach gern vermeiden würde) ist einfach zu hoch. Die allabendliche Quest irgendwo am Block zu rauchen, wie ein 14-jähriger, der sich vor seinen Eltern versteckt, bleibt mir also momentan nicht erspart. 

Immer wieder, wenn ich diese Situation reflektiere oder auch mit Freunden darüber spreche, kommt der Gedanke „Sag mal, hör doch einfach auf, wenn das so stressig ist!“ ins Feld. Ja, naheliegend, ich möchte ja aber eben in dem Rahmen, in dem ich konsumiere, auch weiterhin konsumieren (siehe weiter oben). Ich habe eben nicht unbedingt ein Unrechtsbewusstsein, bei diesen Handlungen. Ich verstehe auch nicht ganz, warum ich mich wie ein Krimineller fühlen muss, weil ich abends gern schlafen möchte und mich nicht mit toxischen Tabletten, die am nächsten Tag auch mächtig schlauchen (alles schon probiert), zuballern möchte. 

Es ist verzwickt. Aber Cannabis ist eben kein Brokkoli! Und ich offensichtlich ein Straftäter.

Wir können nur hoffen, dass die Bundestagswahl uns eventuell einen ähnlichen Glücksgriff verschafft, wie die Entscheidung zur Legalisation der sogenannten „Homo-Ehe“ in 2017. Aber die Ausgangssituation und die Thematik sind leider grundverschieden. Wie viele nutzlose Anzeigen könnten eingespart, wie viele Teenager-Leben und andere Biographien nicht versaut, wie viele Steuern eingenommen werden und vor allem: wie viele Polizisten könnten ihrer Arbeit in gesellschaftlich sehr viel wertvollerer und relevanterer Art und Weise nachgehen. Auf dass uns der Bundestag eventuell erneut überraschen möge!

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5 Kommentare
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Roy
2 Jahre zuvor

Wenn es medizinisch begründet ist, verstehe ich nicht warum der Autor sich seine Medizin nicht vom Arzt verschreiben lässt? Ich bin chronischer Schmerzpatient und hab mir auch einen Arzt gesucht, der mir meine monatlich benötigte Menge verschreibt. Ja, ich weiß, dass nicht jeder Arzt von Cannabis als Medizin begeistert ist und man sehr oft entweder belächelt oder als Junkie abgeschrieben wird, aber wenn man einen langen Atem beweist, dann findet man auch irgendwann den richtigen Arzt. Ich selber habe zwei Jahre und ca. 10 Ärzte gebraucht bis ich Erfolg hatte. Jetzt bekomme ich pro Monat drei Sorten und insgesamt 30g verschrieben. LG

DIE HANFINITIATIVE
2 Jahre zuvor

Vor kurzem hörte ich erst wieder eine Geschichte eines Patienten der Cannabinoide als Medikament vom Arzt verordnet bekam, der aber, trotz Klage, keine Kostenübernahme von der Kasse hat. In seiner Ortsapotheke bekommt er das Medikament, auf Privatrezept für 24,51 € das Gramm. 25 km weiter – über der Grenze in Holland – bezahlt er mit demselben Rezept 4,80 € das Gramm. Wie es das Schicksal will, wurde er wegen gerade stattfindender Corona-Kontrollen an der Grenze kontrolliert und trotz Patientenausweis und Rezept, erst mal der üblichen “BtMG”-Behandlung unterzogen. Für einen schwer traumatisierten Menschen eine Tortur, da er ja unschuldig war und dies immer wieder beteuerte. Inzwischen wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Der Patient leidet seitdem unter Angstzuständen und will… Weiterlesen »

Haschberg
2 Jahre zuvor

Sehr gut kommentiert. Dieser Artikel veranschaulicht den sinnlosen Prohibitionswahnsinn auf so treffende Weise.
Es wird daher höchste Zeit für eine grundlegende Veränderung dieses ganzen unverhältnismäßigen Drogenverbotsdesasters.

Otto Normal
2 Jahre zuvor

Wikipedia
“Neben den Möglichkeiten des Genusses oder des Missbrauchs als Rauschmittel, der auch das Risiko einer Abhängigkeitserkrankung bergen kann, kann medizinisches Cannabis mittlerweile…blablablub”

Es wird bereits am Anfang damit gedroht daß man von dem Haschgift anhängig werden kann, dabei ist es mittlerweile erwiesen das Cannabis nicht abhängig macht sondern der beikonsumierte Tabak. So tief sitzt die Indoktrination bereits, selbst bei Wikipedia.

Prohibition ist ein Verbrechen!

Zuletzt bearbeitet 2 Jahre zuvor von Otto Normal
aXXL
2 Jahre zuvor

Bei Problemen mit der Geruchsentwicklung durch Rauchen sind Cookies, Brownies, Kakao eine Option, die allerdings einiger Erfahrung bei der späteren Dosierung bedarf.