Dienstag, 8. Dezember 2020

Nordmazedonien liebäugelt mit Cannabis-Legalisierung

Premierminister Zoran Zaev will Cannabis nach niederländischem Vorbild freigeben

legalize Cannabis

Von Sadhu van Hemp

Nordmazedonien ist ein kleiner Staat mit großen Problemen. Vielen der zwei Millionen Bürger geht es wirtschaftlich schlecht: Hohe Arbeitslosigkeit und niedrige Kaufkraft prägen das Land, das bis heute vergeblich darauf hofft, in die Solidargemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen zu werden. Nordmazedonien dümpelt vor sich hin – und das ist durchaus erwünscht. Argwöhnisch beäugen die Nachbarländer den zentralgelegenen Binnenstaat auf der Balkanhalbinsel, der an Serbien, Bulgarien, Griechenland, Albanien und an das Kosovo grenzt. Die Nachbarstaaten unternehmen seit Jahrzehnten alles, um den Zwergstaat kleinzuhalten und außenpolitisch zu isolieren.

Es wird also fleißig gestänkert: Bulgarien etwa blockiert die EU-Beitrittsverhandlungen mittels eines vom Zaun gebrochenen Streits um die erste Amtssprache des kleinen Vielvölkerstaates. Mazedonisch sei nur ein Dialekt der bulgarischen Sprache, was in der nordmazedonischen Verfassung zu verankern sei.

Die Griechen wiederum zettelten einen Streit um den Landesnamen der „Republik Mazedonien“ an: Da Mazedonien eine griechische Provinz ist, sei es unzulässig, die ehemalige jugoslawische Teilrepublik mit diesem Landesnamen zu versehen. 2018 lenkte die Regierung in Skopje ein und änderte den Landesnamen in Nordmazedonien.

Um aus dem wirtschaftlichen Abseits herauszukommen, greifen die Nordmazedonier nach jedem Strohhalm, der sich bietet. Einer dieser Strohhalme soll nun die Hanfpflanze sein, wenn man den Worten des Premierministers Glauben schenken will. In einem Interview mit dem mazedonischen Dienst der Deutschen Welle sagte Zoran Zaev, dass die Regierung über eine Cannabis-Legalisierung nachdenke. Die Überlegungen würden sich an der niederländischen Toleranzpolitik orientieren, wo es Cannabis-Konsumenten zugestanden wird, geringe Mengen Cannabis zu erwerben und anzubauen.

Auf die Frage, ob aus Skopje ein zweites Amsterdam werden solle, antwortete der 46-jährige Sozialdemokrat: „Warum nicht? Das ist das Ziel.“ Ein staatlich kontrollierter Handel mit Cannabisprodukten könne „der Gastronomie und dem Tourismus helfen. (…) Dies ist Teil eines Wirtschaftsprogramms, auf das wir große Hoffnung setzen.“ Zaev macht keinen Hehl daraus, dass die Cannabis-Freigabe jene Touristen anlocken soll, die sonst nach Amsterdam reisen.

Über die Cannabis-Freigabe nach holländischer Art müsse zuvor allerdings noch eine öffentliche Diskussion geführt werden, betont der Premier. Alle Bürger seien bei dem Entscheidungsprozess einzubinden. Falls eine Mehrheit der Bevölkerung eine Freigabe von Haschisch und Marihuana ablehnt, werde die Idee verworfen.

Ob der Kurswechsel der Regierung gelingt, steht in den Sternen. Aber die stehen gut. Denn Cannabis ist in Mazedonien längst kein Tabuthema mehr und der Rubel rollt bereits: 2016 wurde der Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke legalisiert, und die ersten Netzwerke sind geknüpft. Die bislang zugelassenen Unternehmen kooperieren mit ausländischen Investoren und produzieren derzeit für den Export. Mit dabei – ein bisschen Vetternwirtschaft muss schon sein – ist auch Trajce Zaev, der Vetter des Premierministers. Als Geschäftsführer eines früheren Gemüseproduzenten hat sich das Vetterchen nun ganz dem Hanfanbau verschrieben. Beste Voraussetzungen also, dass Premier Zoran Zaev seine Pro-Cannabis-Agenda weiterverfolgt – auch zum Wohle der eigenen Sippschaft.

Doch nicht nur in Nordmazedonien drohen die Ampeln auf Grün zu springen: Seit Februar debattiert das kroatische Parlament über eine Gesetzesvorlage zur kontrollierten Cannabis-Freigabe. Erlaubt werden soll der kommerzielle Anbau sowie die Aufzucht einiger Pflanzen für den Eigenkonsum.

Auch Albanien schielt auf den überaus lukrativen legalen Cannabis-Markt. Premierminister Edi Rama kündigte im Mai an, ein Gesetz zur Legalisierung des Hanfanbaus für medizinische Zwecke auf den Weg zu bringen. Eine Reform zur Entkriminalisierung der Hänflinge scheint jedoch nicht in Planung. Zu groß ist wohl der politische Einfluss der Drogenkartelle, um den letzten Schritt hin zur staatlich kontrollierten Freigabe zu wagen.

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10 Kommentare
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Ralf
3 Jahre zuvor

Klare Gedanken und Ziele – läuft.

Otto Normal
3 Jahre zuvor

Tolle Entwicklung. Frau Ludwig ist sicher “not amused”.
Die europäische Prohibitionsfestung wird damit nun von West (Niederlande) und von Ost belagert. Ob sie mit einem Coffeeshop-Modell wie in den Niederlanden noch in die EU reinkommen bleibt fraglich.
Aber evtl. machen die dann ohnehin soviel Kohle mit Drogen-Tourismus das sie die EU gar nimmer brauchen. Aber alle die im äußersten Westen wohnen werden trotzdem in die Niederlande fahren weil es viel näher ist.

M. A. Haschberg
3 Jahre zuvor

Sicherlich eine sehr gute Entscheidung dieser ehemaligen Teilstaaten Jugoslawiens, um ihre desolate Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
Die ökologischen Voraussetzungen für Outdoor – Plantagen sind auf dem Balkan nahezu perfekt und diese wunderbare robuste Pflanze läßt sich problemlos und kostengünstig vermehren.
Außerdem können diese früher unter Türkischer Herrschaft stehenden Länder ohnehin auf eine alte Hanfkultur zurückblicken.
Also höchste Zeit, diese wieder aufleben zu lassen.

Snowflake
3 Jahre zuvor

Andere machen vor wie es geht und sie machen es richtig. Unsere bayrisch- schwarzen Neandertaler dagegen verschlafen auch diese Entwicklung wieder und beweisen erneut, dass sie unfähig und absolut unchristlich sind. Aber was will man von solch verlogenen Hinterwäldlern wie einer Frau ludwig auch erwarten. Außer den üblichen, korrupten Sprechblasen kommt von diesen Faschisten eh nur heiße Luft.
So was nennt sich Elite. Ich habe gerade Brechreiz und rauche zur Besserung, jetzt erst mal ein wenig gutes Gras.

Skunki
3 Jahre zuvor

Hoffentlich machen sie es gescheiter als die Niederländer und regeln nicht nur das Voordeurbeleid sondern setzen auch Regeln für die Hintertür der Coffeeshops, was den Anbau und Einkauf der Ware betrifft. Irgendwo muss das Zeug ja herkommen, Cannabis fällt nicht vom Himmel. Dass Konsumenten in NL ihr Weed selber anbauen dürfen ist ein Gerücht und wird schon lange nicht mehr toleriert.
Selbst der Anbau weniger Pflanzen kann in Holland zum Verlust der Mietwohnung führen, Banken kündigen Hausbesitzern das Darlehen usw. Und wer sich mal mit Amsterdamer Coffeeshop-Betreibern unterhält weiss, welchen staatlichen Schikanen sie in den letzten Jahrzehnten ausgesetzt waren.
Legalisierung ist was anderes.
GEBT DAS HANF FREI!
Ihr habt den Drogenkrieg verloren.

Horscht
3 Jahre zuvor

Nur heisse Luft.

buri_see_käo
3 Jahre zuvor

…könne der Gastronomie und dem Tourismus helfen… das liest sich gut, wenn geographisch süd- und südosteuropäische Länder den Umgang mit Hanf entkrampfen, individuelle Freiheiten zulassen. Das wird aber eine Herausforderung für die deutsche Tourismus-Industrie da mit der “Freiheit des Krummies auf ‘nem Kasernenhof gegenanzustinken”. Wer schreibt denn mal eine Mail an den DeHoGa, sich bitte mal mit der “Problematik” zu befassen? Papierne Reise-Kataloge gibt es doch auch noch?, darin sollte bei den Reise-Zielen durch ein Symbol/Icon darauf hingewiesen werden, dass Cannabis-Konsum zivilisiert gehandhabt wird.

mfG  fE

H'79
3 Jahre zuvor

Es scheint zu Jahresende so einiges ins Rollen zu kommen hinsichtlich Entkriminalisierung/Legalisierung von Cannabis …

Hans Dampf
3 Jahre zuvor

Egal was die/wir oder andere in Zukunft noch alles veranstalten werden.
Tatsache ist nunmal, über alles wächst Gras.
In Anlehnung an,,Foyer des Arts”. – Komm in den Garten. Aus der Scheibe,,Von Bullerbü nach Babylon”.
Unbedingt mal reinhören.
Vielleicht mit einem kleinen Smoke!?
Bleibt gesund.
Das waren noch Zeiten.

Ein Rückblick über den Tellerrand – Hanfjournal
3 Jahre zuvor

[…] In Israel und Mexiko wurden die Weichen für eine Freigabe in den kommenden Monaten gestellt, und in den Parlamenten Nordmazedoniens, Albaniens und Kroatiens zeichnen sich Mehrheiten für einen Richtungswechsel in der […]