Dienstag, 15. Oktober 2019

Schuldspruch wegen zwei Cannabis-Pflanzen

Amtsgericht Freudenstadt inszeniert Strafprozess wegen des illegalen Anbaus von zwei Hanfpflanzen auf dem Balkon

 

Sadhu van Hemp

 

Welch großes Unglück das Cannabis-Verbot über die Menschen bringt, zeigt das traurige Schicksal eines Mannes aus Freudenstadt in Baden-Württemberg. Alles begann damit, dass ein besorgter Bürger seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkam und der Polizei eine Drogenplantage in einem Mehrfamilienhaus meldete. Die Polizei rückte umgehend mit Mann und Maus aus, stürmte die Wohnung und wurde fündig – auf dem Balkon. Die dort betriebene Drogenplantage bestand aus zwei Cannabis-Pflanzen. Im Zuge der Wohnungsdurchsuchung förderten die Schnüffler noch drei Ecstasy-Tabletten und eine handelsübliche Zentralfeuerpatrone zutage. Die Beweisstücke wurden konfisziert und der 48-jährige Wohnungsmieter wegen des Verstoßes gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz angezeigt.

 

Nachdem die Polizei im Sommer 2017 ihren Dienst am Bürger vollzogen hatte, brach für den Mann aus Freudenstadt die Welt zusammen. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis fristlos und der heute 48-Jährige sah sich gezwungen, der drohenden Obdachlosigkeit dadurch zu entgehen, indem er im Kinderzimmer seines Elternhauses unterkroch. Dies führte dazu, dass der Beschuldigte für das Gericht nicht mehr auffindbar war, da er es versäumt hatte, sich umzumelden. Dadurch zog sich das Verfahren mehr als zwei Jahre in die Länge.

Seinen Lebensunterhalt bestreitet er bis heute durch Almosen, die ihm Vater Staat im Rahmen des Zweiten Sozialgesetzbuch gewährt.

 

Letzte Woche war es dann endlich soweit: Das Amtsgericht Freudenstadt eröffnete den Strafprozess gegen den Unglücklichen. Gleich zu Beginn der Verhandlung gab der Beschuldigte alle ihm zur Last gelegten Rechtsverstöße zu. Er sagte aus, die Patrone auf einem Hochstand im Wald gefunden zu haben. Eine Schusswaffe habe er nie besessen. Was die Ecstasy-Tabletten betrifft, gab der Angeklagte an, diese von einem Freund bekommen zu haben. Dass er noch im Besitz der Pillen war, sei ihm gar nicht bewusst gewesen.

Ebenso wenig habe er gewusst, dass die Aufzucht von zwei Cannabis-Pflanzen auf dem heimischen Balkon eine Straftat darstellt. Vielmehr habe er geglaubt, dass die Strafvorschriften für den Hanfanbau zum Zwecke des Eigenbedarfs längst gelockert worden seien. Zuletzt beteuerte die arme Seele mehrfach, dass er sein damaliges Verhalten zutiefst bereue und seitdem ein drogenfreies Leben führe.

 

Wie es sich für einen Schauprozess gehört, wurden keine Kosten und Mühen gescheut und Zeugen der Anklage geladen. Ein Polizeibeamter gab zu Protokoll, dass die beiden Rauschgiftpflanzen aufs Revier gebracht wurden, wo sie bis zur Blüte gehegt und gepflegt wurden. Die Ernte der Blätter und Blüten brachten pro Pflanze 15 Gramm auf die Waage. Auf eine Analyse des THC-Gehalts wurde verzichtet.

 

Für die Staatsanwältin gab es keinen Zweifel, dass es sich bei dem geernteten Cannabis um eine nicht geringe Menge handelte, was eine Verurteilung unumgänglich macht. Der Vorwurf des Verstoßes gegen das Waffengesetz wurde angesichts des vollumfänglich geständigen Angeklagten großzügiger Weise fallengelassen. In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Geldstrafe in Höhe von 45 Tagessätzen zu jeweils 15 Euro, also 675 Euro.

 

Der Rechtsbeistand des Angeklagten widersprach der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Höhe der Strafe sei unangemessen, da die Tat schon viel zu lange zurückliege und die Ernte nur als geringe Menge zu betrachten sei. Auch läge keine Bestimmung des Wirkstoffgehalts der beiden beschlagnahmten Cannabis-Pflanzen vor. Der Anwalt plädierte – wie schon zu Beginn der Verhandlung – auf eine Verfahrenseinstellung mit der Auflage von Sozialstunden.

 

Das letzte Wort hatte wie immer der Richter. Die leise Hoffnung, dass Amtsgerichtsdirektor Rainer Graf-Frank angesichts des Justizirrsinns, der sich in seinem Gerichtssaal abspielt, das schlechte Gewissen beißt, erfüllte sich nicht. Statt sich wie der Bernauer Kollege Andreas Müller außerstande zu sehen, den Angeklagten noch tiefer in die Scheiße zu reiten, und den Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen, verkündigte der Richter ein in seinen Augen salomonisches Urteil – trotz der „nicht geringen Menge“. Zu Gunsten des Angeklagten sprachen das umfassende Geständnis, der Verlust der Wohnung und die lange Verfahrensdauer. Und so gab es für den Angeklagten die Schnäppchen-Strafe von 45 Tagessätzen zu 10 Euro – eine Ersparnis von 225,00 Euro. Davon lassen sich immerhin schon mal die Anwalts- und Verfahrenskosten anzahlen.

 

Nach der Urteilverkündung sagte der völlig konsternierte Abgeurteilte, dass er sich noch nicht im Klaren darüber sei, ob er sich mit dem Richterspruch abfinden oder Rechtmittel einlegen soll.

 

Quelle: Schwarzwälder Bote

 

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8 Kommentare
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Egal
4 Jahre zuvor

Seht was die wider angerichtet habt!
Wider ein harmloser Bürger mehr der durch eine Heilpflanze seine Unterkunft verloren hat.
Ganz großes Kino!
Das ist das aller letzte!
Schämt euch!

Harald
4 Jahre zuvor

Schande über dieses Dreckspack von Staatsanwälten und Richtern. Bei der illegalen Arbeitnehmerüberlassung wie z.B. bei Ryanair für das Kabinenpersonal wird nicht gehandelt und es hat keine Konsequenzen und ist damit Rechtsbeugung. Da verstecken sie ihre kleinen Pimmelchen in ihren schwarzen Roben, das feige Pack. Was hier betrieben wurde ist ein ganz klarer Verstoß gegen die Verfassung und die Verfolgung Unschuldiger. Dazu habt ihr offenbar genug Mut ihr feiges Gesindel. Geht heute Abend wichsen und erzählt Mama zuhause was für tolle Hechte ihr doch seid. Ihr habt mal wieder Deutschland gerettet.

Egal
4 Jahre zuvor

Das verstößt gegen Artikel 25 Menschen Recht!

Rainer Sikora
4 Jahre zuvor

Das Deutschland im Augenblick keine Waffen in die Türkei verkaufen darf,beschäftigt und regt die da oben im Moment viel mehr auf,als so ein ziviler Ungehorsam.Die da Oben würden dem armen am liebsten noch mehr zusetzen.Aber offene Ohren, für mehr Repressionen gegen Unschuldige, haben die immer.

dkong
4 Jahre zuvor

Wie es sich für einen Schauprozess gehört, wurden keine Kosten und Mühen gescheut und Zeugen der Anklage geladen. Ein Polizeibeamter gab zu Protokoll, dass die beiden Rauschgiftpflanzen aufs Revier gebracht wurden, wo sie bis zur Blüte gehegt und gepflegt wurden….

da werden die Beamten doch wohl nicht selbst gegen das Anbauverbot Vertoßen haben ?

R. Maestro
4 Jahre zuvor

Braucht sich heute kein Cop mehr tot wichs.. äh, hotten. Es ist über 25 Jahre her, da hat mich eine angehauen, ich sollte ihr einen Hunni für nen Cop besorgen. Pustekuchen. Aber im Süden drehn sich nicht mal die Uhren anders. Eine Pflanze ist eine Pflanze, zwei wären eigentlich ein Paar, und nicht gleich eine ganze Plantage?! Grün macht blöd? Klar, deshalb haben die ihre Farbe geändert. “Lieber schlau als blau”?! Cool von denen, welche nicht ungern besoffen nach Hause fahren und dann ihren Dienstausweis zücken. Macht ja nix, die Politik lebt euch das verrottene Verhalten vor. Der Vater meiner Ex, ewig her, aber bei Parkverstössen, hat er auch Vitamin “B” herausgezogen. Bevor diese anderen vor die Tür kacken, es… Weiterlesen »

buri_see_käo
4 Jahre zuvor

aber nicht nur das, @dkong, in der Aussage rühmte sich ein Beamter sogar, im Vorfeld des Schauprozesses die Beweismittel (gemeinschaftlich mit Kollegen) manipuliert zu haben. Sowas hätte man mal mir überlassen sollen; ich hatte einst schon indoor zur Jahreswende begonnen…, dann raus, gehegt & gepflegt…, auch immer richtig beschnitten… -> dennoch, im Spätherbst ein Baum, 3,5m hoch, beindicker Stamm… Gestern erst hatte Harald sich zur Rechtsstaatlichkeit geäußert: “EuGH sieht deutsche Justiz als nicht unabhängig an”, die hatten DE vor ca. 3..4 Monaten deswegen gerüffelt, so ging es durch die Medien. Harald hat wohl auch Beispiele recherchiert, ja Als der Legalisierungszug vor ca. 2 Jahren anrollte…, ich hab’s ja gewusst: hier gibt es einem Amoklauf der Prohibition – ganz traditionell: vor… Weiterlesen »

R. Maestro
4 Jahre zuvor

Anbei ein Tipp:
Verbandskasten und Warndreieck im Fahrgastraum aufbewahren.Es geht bei der Nachfrage nur um den Blick in den Kofferraum. Klar wurde ich blöd gefragt, warum ich dies nicht im Kofferraum habe.Antwort:Im Falle eines Heckunfalles habe ich sicher noch Zugriff darauf.Gefällt denen kein Stück, aber was spricht dagegen?Da schauen sie recht blöd, nachvollziehbar und folgliche Resignation und Verärgerung, aber da haben die kaum ein Argument dagegen. 1:0 für den Halter/Fahrer.Wenn die uns blöd und scheinheilig kommen wollen, das können wir auch!

Wenn es nur darum geht die zu ärgern, aber es ist wirkungsvoll. Die Erfahrung zeigt es. Hä,hä!