Montag, 14. Oktober 2019

Moskauer Gericht schickt Cannabis-Konsumentin in Strafkolonie

25-jährige Israelin in Russland wegen des Besitzes von 9,6 Gramm Cannabis zu 7,5 Jahren Lagerhaft verurteilt – israelischer Präsident winselt um Gnade

 

 

Die weltweite Cannabis-Prohibition ist Fluch und Segen zugleich: Fluch für Abermillionen kriminalisierte Konsumenten und Segen für kriminelle Cliquen, die sich das Verbot in welcher Form auch immer zu Nutze machen. Auch die korrupte russische Polit-Elite weiß die Ächtung des Heilkrauts zu schätzen, denn nichts geht leichter von der Hand, als missliebige Personen wegen eines Cannabis-Vergehens zu züchtigen. Immer wieder inszeniert die russische Justiz Schauprozesse gegen Bürgerrechtler und Systemkritiker, die wegen untergeschobener Drogen zu langen Lagerhaftstrafen verurteilt werden.

 

Dass mit der russischen Justiz nicht gut Kirschen essen, musste eine junge Frau aus Israel erfahren, die letzten Freitag vom Stadtgericht in Chimki wegen Drogenschmuggels zu siebeneinhalb Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt wurde.

Im April war die junge Israelin auf dem Weg von Indien nach Israel auf dem Flughafen Moskau-Scheremetjew zwischengelandet. Im Transitbereich wartete sie sieben Stunden auf den Anschlussflug, bis plötzlich die Handschellen klickten. Bei der Kontrolle des aufgegebenen Gepäcks hatten russische Zollbeamte 9,6 Gramm Cannabis entdeckt. Die junge Frau, die neben der israelischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde in Untersuchungshaft genommen. Eine Haftverschonung wurde abgelehnt, obwohl Mitglieder der Jüdischen Gemeinde angeboten hatten, eine Kaution zu hinterlegen und für einen Hausarrest die Unterkunft zu stellen.

Vor Gericht räumte die 25-jährige Naama Issachar den illegalen Hanfbesitz ein, wies aber den Vorwurf des Drogenschmuggels zurück.

 

Für die Kreml-Führung ist die israelische Cannabis-Konsumenten ein Geschenk des Himmels. Gibt es doch mit Israel ein Problem, das Moskau aus der Welt schaffen will. Laut israelischen Medien geht man in Jerusalem davon aus, dass das hohe Strafmaß darauf abzielt, Naama Issachar als Faustpfand einzusetzen, um einen seit Dezember 2015 in Israel inhaftierten russischen Hacker freizupressen, der wegen Spionageverdachts kurz vor der Auslieferung an die USA steht. Die Familie von Naama Issachar spricht unumwunden von Geiselhaft, zumal der Kreml einen Gefangenenaustausch angeregt haben soll. Russischen Medienberichten zufolge habe das Außenministerium in Moskau damit einer Bitte der Familie des Hackers entsprochen, dem eine lebenslange Haft in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis droht.

 

Die israelische Staatsführung hat diesem Deal eine Absage erteilt. Die sonst in Rechtsfragen eher kreative Regierung sieht keine Veranlassung, einen seit fast vier Jahren in U-Haft sitzenden mutmaßlichen russischen Hacker mit einer jungen Staatsbürgerin auszutauschen, die wegen des Verstoßes gegen das Hanfverbot eine siebeneinhalbjährige Haft in einer Strafkolonie vor sich hat. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begründet die unterlassene Hilfeleistung damit, dass nach Ansicht der Rechtsexperten die Auslieferung des Hackers in die USA nach einer Entscheidung des Höchsten Gerichts unvermeidbar ist.

 

Somit bleibt es bei Protestnoten, die Jerusalem gen Moskau schickt. „Dies ist eine unverhältnismäßig hohe Strafe für eine junge Israelin ohne kriminelle Vergangenheit“, teilte das Außenministerium nach Bekanntgabe des Urteils mit. Außenminister Katz sagte: „In Israel würde sie nicht einmal vor Gericht stehen.“

Der israelische Präsident, Reuven Rivlin, hat am Sonntag an Wladimir Putin appelliert, Gnade vor Recht walten zu lassen. „Heute habe ich mich an den Präsidenten von Russland, Wladimir Putin, – einen Freund des jüdischen Volkes und des Staates Israel – in Bezug auf Naama Issachar gewandt. Sie hat einen schweren Fehler begangen und dies gestanden. Das verhängte Urteil könnte schreckliche Konsequenzen für ihr Leben haben“, schrieb Israels „Grüßaugust“ auf Twitter und veröffentlichte zugleich das offizielle Schreiben an Putin. „Ich appelliere an Ihre Güte und Ihr Mitgefühl mit der Bitte, sich in den Fall einzuschalten und die Begnadigung von Naama Issachar anzuordnen.“

 

Der Anwalt der jungen Frau zweifelt grundsätzlich an der Rechtmäßigkeit des Strafverfahrens. In der Geschichte Russlands sei es noch nie vorgekommen, dass eine Person wegen Drogenschmuggels festgenommen wurde, ohne überhaupt das Land betreten zu haben. Laut Anwalt Alexander Tayus seien Prozess und Urteil politischen Erwägungen geschuldet. „Naama hat die Grenzkontrollen nicht durchlaufen. Ihr Gepäck befand sich in den Händen der Fluggesellschaft, und sie hätte es erst nach der Landung in Tel Aviv erhalten. Sie hat kein Verbrechen in Russland begangen.“

 

 

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5 Kommentare
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Harald
4 Jahre zuvor

Was für ein Schwachsinn, produziert von machtgeilen Despoten. Wir haben in Deutschland zwar keine Despotenregierung, aber machtgeil sind die Mitglieder unserer Regierung allemal. Prohibition wird als Druckmittel gegen das Volk eingesetzt und jeder Richter, der einen schlechten Tag hat, kann seine schlechte Laune, an einem unschuldigen Menschen auslassen. Unschuldig deshalb, weil die Prohibition per se illegal ist. Also wer gehört 7,5 Jahre ins Gefängnis, die Frau oder die Richter. Natürlich die Richter, denn diese sind, in diesem und ähnlich gelagerten Fällen die Verbrecher. Also kein Unterschied zu gleichartigen deutschen oder weltweiten Urteilen in diesem Bereich. Die Verbrecher sind immer die, welche erhöht in schwarzen Roben sitzen. Das Dreckspack !!!

Fred
4 Jahre zuvor

Ein guter Artikel. Den sollten sich alle, die ernsthaft ein Problem mit der Demokratie und der damit verbundenen Rechtsstaatlichkeit hierzulande haben, intensiv lesen und drüber NACHDENKEN, sofern möglich.

Otto Normal
4 Jahre zuvor

Vorweg: Die Frau tut mir leid.
In Deutschland wäre sie ebenfalls vor ein Strafgericht gestellt und abgeurteilt worden, weshalb wir uns darüber nicht beschweren sollten nur weil es jetzt in Russland geschah. Unsere Politverbrecher sind nicht besser als Putin, nur macht er es offener.

Nunja, Israel ist nicht gerade ein Vorbild wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht. Völkerrechtswidrige Landnahme (Siedlungsbau auf fremden Boden) ist für diesen Staat tägliche Normalität, regelmäßige Mißachtung von UN-Resolutionen eine Selbstverständlichkeit.

Nun gerät Israel selbst an ein verbrecherisches Regime, welches sich nicht durch die Moralkeule des Holocaust beeindrucken lassen kann wie das der Deutschen, und ist empört.
Das russische Regime und das in Israel benehmen sich in ihrer jeweiligen Region wie die Axt im Walde.

Harald
4 Jahre zuvor

Ein kleiner Exkurs zur Rechtsstaatlichkeit, der offenbar dringend nötig ist. EuGH sieht deutsche Justiz als nicht unabhängig an Kern der Rechtsstaatlichkeit ist die Unabhängigkeit der Justiz von der Politik. Unrechtsstaaten zeichnen sich dagegen dadurch aus, daß die Justiz zum Handlanger politischer Wünsche verkommt und nicht mehr verfassungsrechtlich geschützte Individualrechte der Bürger gewahrt werden, sondern eine politisch verwobene Gefälligkeitsjustiz vor allem bürgerliche Grundrechte infrage stellt. Genau dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun der deutschen Justiz bescheinigt. Danach ist die deutsche Justiz nicht unabhängig, weil zum Beispiel internationale Haftbefehle von Staatsanwälten statt von Richtern ausgestellt werden und die Staatsanwälte politisch weisungsgebunden sind. Es entscheidet also nicht ein ordentliches Gericht darüber, wer international verfolgt und verhaftet werden soll, sondern eine Staatsanwaltschaft, die… Weiterlesen »

Prepster-1911
4 Jahre zuvor

Obwohl Cannabis in vielen belangen die optimale Lösung ist hält Hr. Putin Cannabis für eine Medikament was zu dieser Zeit nicht frei zugänglich für jeden sein sollte. Sollte es keine Bedrohung mehr geben zwischen den Weltmächten wäre das natürlich eine andere Voraussetzung. Die Amis heilen ihre Soldaten von Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) seit einigen Jahren sehr erfolgreich mit Cannabis dank Hr. Obama. Man kann Hr. Putin auch verstehen da er nicht erkennen kann wie weit das die Kampffähigkeit des russischen Volkes beeinträchtigt. Im Krieg hätten die Soldaten und das Volk viel bessere Überlebenschancen mit Cannabis da man durch Cannabis besser schläft und Nahrung zu sich nehmen kann falls der Frust einem den Hunger vertreibt. Auch der Umgang mit Angstzuständen, Kummer und… Weiterlesen »