Freitag, 1. Februar 2019

(P)Review 2018/2019

Was war, was kommt?


Von Sadhu von Hemp

2018 begann, wie das alte Jahr endete – und zwar kriegerisch. Mit dem Jahreswechsel gab es von der alten (geschäftsführenden) Bundesregierung die unmissverständliche Neujahrsbotschaft ans Volk: Eine kontrollierte Freigabe von Cannabis als Genussmittel kommt nicht in die Tüte, da der Gesundheitsschutz der Bevölkerung vorgeht. Somit war die Agenda des künftigen Merkel-Kabinett IV in der Cannabispolitik bereits in Stein gemeißelt, bevor die Regierung vereidigt war. Der Krieg gegen die Genusskiffer wird also bis auf Weiteres mit aller Härte fortgeführt – der Gesundheit zuliebe.

Und so setzten die Strafverfolgungsbehörden auch 2018 alles daran, möglichst viele der drei bis vier Millionen kiffenden Bundesbürger aus dem Verkehr zu ziehen. Wie viele Kriegsopfer auf Seiten der Hanfcommunity zu beklagen sind, ist abschließend noch nicht zu beziffern. Aber es werden viele, sehr viele sein, die Vater Staat mit der Repressionskeule 2018 gezüchtigt hat.

Ganz anders rutschten rund 40 Millionen Kalifornier ins neue Jahr. Dort herrschte Jubel, Trubel, Heiterkeit: Punkt Mitternacht war Schluss mit dem Anti-Hanf-Krieg im Golden State.

Jedem Bürger ab 21 Jahren ist es seitdem gestattet, 28,5 Gramm Marihuana zu besitzen und bis zu sechs Marihuana-Pflanzen zum Eigenbedarf anzubauen. Der lange Kampf der kalifornischen Legalisierungsaktivisten hat ein halbwegs glückliches Ende gefunden – im flächenmäßig drittgrößten und mit Abstand bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA.

In Deutschland setzt derweil die Justiz ihr kriegerisches Handwerk fort, die unerwünschten Nebenwirkungen des unausgereiften Hanfmedizinalgesetz zu Gunsten der Krankenkassen zu beseitigen. Nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung im März 2017 wurden in den ersten neun Monaten bei den Krankenkassen bereits über 13.000 Anträge auf Kostenerstattung für Medizinalhanfblüten gestellt. Angesichts der Antragsflut und der Wucherpreise der Apotheken, fürchten die Finanzjongleure der Krankenversicherungsunternehmen ein Fass ohne Boden. Deshalb muss 2018 verstärkt Justitia ran, um mit verbundenen Augen darüber zu entscheiden, welche Krankheit eine Krankheit ist und gegebenenfalls mit Cannabis gelindert werden kann.

Aber nicht nur in Deutschland führt die frei gewählte Polit-Elite einen erbarmungslosen Krieg gegen Cannabispatienten und Genusskiffer. Im März erschüttert das Schicksal eines sechsjährigen Jungen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland. Alfie Dingley leidet unter einer seltenen Form der Epilepsie, und seine Eltern waren mit ihm in die Niederlande geflüchtet, um das Leid des armen Kerls mit Cannabisöl zu lindern. Nachdem ihnen das Geld ausgegangen war, kehrten sie auf die Insel zurück, wo sich der Gesundheitszustand des Jungen rapide verschlechterte, weil die Ärzte ihn nicht mit Cannabis weiterbehandeln durften. Mitte Juni überrollt erneut eine Welle der Empörung die rechtskonservative Regierung. Der Zoll hatte einer Mutter bei der Einreise ein paar Fläschchen Cannabisöl für ihren 12-jährigen unter Epilepsie leidenden Sohn abgeknöpft. Mit dem Rücken zur Wand sah sich das Innenministerium gezwungen, sich der Notlage des Jungen zu beugen und per Sondergenehmigung die Fläschchen zurückzugeben. Ende Juli gibt sich die Regierung geschlagen und legalisiert Cannabis zu medizinischen Zwecken.

Zum höchsten Fest der Katholiken waren sie dann endlich auferstanden von den Toten: Angela Merkel und ihr GroKo-Gruselkabinett. Lange hat sie sich geziert, die alte Tante SPD, doch dann kam der obligatorische Wortbruch und das Versprechen, der CDU/CSU als geschrumpfter Juniorpartner auch künftig im Anti-Hanf-Krieg soldatisch zur Seite zu stehen. Die Wiedergeburt der Groko hauchte zugleich der CSU-Spaßbremse Marlene Mortler neues Leben ein, die seitdem wie gehabt ins Kriegshorn bläst und Deutschlands Angstbürger mit alternativen Wahrheiten über den Sinn und Zweck des Anti-Cannabis-Krieges versorgt. Zugleich zeigt sich das Marlenchen vom Hopfenhof von der feigen und hinterlistigen Seite, wenn sie etwa einen Diskussionsabend aus Feigheit vor dem Feind schwänzt oder an einem Strafantrag wegen Ehrverletzung gegen das Hanf Journal festhält, der letztlich von der Berliner Staatsanwaltschaft abgelehnt wird. Mortler ist und bleibt eine arme Seele, die sich längst in ihrem trüben Geschick verloren hat und wie ein trotziges Kind selbst gegen die vernunftgesteuerten Kanadier stänkert.

Wen wundert es da noch, dass Deutschland auch nicht zu Potte kommt, was die staatlich regulierte Cannabisproduktion betrifft? Die extra für das Hanfmedizinalgesetz eingerichtete Cannabisagentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) handelte sich im März vom Oberlandesgericht Düsseldorf eine schallende Ohrfeige ein. Die Richter beanstandeten die Ausschreibung für die Lizenzen zum staatlich regulierten Cannabisanbau und stoppten das Verfahren. Und das war nur der Anfang. In der zweiten Juli-Hälfte startete das zweite Ausschreibungsverfahren für die Produktion von Medizinalhanf, das Mitte November schon wieder ins Stocken geriet, nachdem die Cannabisagentur ohne Angabe von Gründen die Abgabefrist für die Bewerbungsunterlagen um einen Monat auf den 11. Dezember verschoben hatte. Auch 2019 werden sich noch genug Haare in der Suppe finden lassen, die Grund zur Klage geben und die (un)verantwortlichen Beamten des BfArM in Verdacht bringen, mit gezinkten Karten zu spielen.

Auch in den Niederlanden will es die rechtkonservative Regierung mit Staatswiet probieren, aber nicht um etwas Gutes zu tun. Plan ist es, mit dem Wiet-Experiment über kurz oder lang allen Coffeeshop-Betreibern Daumenschrauben anzulegen und Importrauchwaren aus dem Handel zu bekommen. Die anfängliche Euphorie der Haschgift-Community, dass das Experiment mit der vollständigen Legalisierung endet, ist jedoch längst dahin und Skepsis macht sich breit. Immer mehr Coffeeshops zaudern, und wenn die Vernunft siegt, wird 2019 hoffentlich alles beim Alten bleiben und die Diskussion in den Niederlanden neuen Schwung nehmen.

2018 hat der Zug der Hanflegalisierung tüchtig Fahrt aufgenommen, zwar nicht im verschlafenen Deutschland, und schon gar nicht im rechtsnational regierten Österreich, aber in anderen Ländern. Das vergangene Jahr hatte so einige Highlights:

Ende April erlaubt mit Simbabwe das zweite Land des afrikanischen Kontinents den staatlich kontrollierten Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Luxemburg folgt im Juli mit der Freigabe von Medizinalhanf. Mitte September entschied in Südafrika der oberste Gerichtshof des Landes, dass das Hanfverbot verfassungswidrig ist und ab sofort Marihuana für persönliche Zwecke gestattet ist. Nun ist die Regierung am Zug, sich ein verfassungskonformes Hanfverbot auszudenken. Im Oktober folgten Griechenland und Litauen mit der Zulassung von Cannabis als Medizin.

Einen richtig schönen Tag im weltweit tobenden Anti-Hanf-Krieg erlebten auch 37 Millionen Kanadier. Denn am 17. Oktober folgte Kanada dem Beispiel Uruguays und sieht sich seitdem nicht mehr in der Pflicht, sich dem UN-Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel in Sachen Cannabis zu unterwerfen.

Friedensschaffende Maßnahmen werden auch aus Mexiko vermeldet, nachdem Ende Oktober der Oberste Gerichtshof das Cannabisverbot gekippt und die Regierung zu einem verfassungskonformen Umgang mit den Konsumenten aufgefordert hat. Entspannt geht es auch im US-Bundesstaat Massachusetts zu, wo im November die ersten Potshops öffneten, um die Hänflinge vom Schwarzmarkt fernzuhalten. Ebenso motiviert zeigen sich die Politiker in New Jersey, die mit eigenen Gesetzen das bundesweite Cannabis-Verbot umgehen wollen und eine Gesetzesvorlage zur Freigabe von Cannabis zum Freizeitgebrauch diskutieren. Etwas weiter ist man in Michigan. Dort brachte der Nikolaus die Legalisierung. Und zu guter Letzt wurden die Neuseeländer mit der Zulassung von Medizinalhanf beschenkt.

Doch das wohl Erstaunlichste anno 2018 war, dass die neue Regierung des Großherzogtums Luxemburg nach der im April erfolgten Legalisierung von Medizinalhanf Anfang Dezember den Entschluss fasste, den einmal eingeschlagenen Weg der Vernunft konsequent weiterzugehen und als erster EU-Staat die Kampfhandlungen gegen die kiffende Bevölkerung gänzlich einzustellen. Eine Regierungskoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen macht’s möglich.

So hübsch sich die internationale Bilanz 2018 auch liest, 2019 wird für die hiesige Hanfcommunity abermals ein Kriegsjahr mit viel Leid und Entbehrungen. Sehnsüchtig werden die Blicke in die Ferne schweifen – dorthin, wo Frieden einkehrt und kein Mensch fürchten muss, wegen des Verstoßes gegen das Hanfverbot seine Freiheit, seinen Job, seine Fahrerlaubnis, seine Wohnung, seine Reputation und seine Kinder zu verlieren. Gute Nachrichten aus Deutschland und Österreich wird es im kommenden Jahr nicht geben.

Obwohl – eine gute Nachricht könnte vielleicht aus Österreich kommen und für Turbulenzen sorgen: Im Frühjahr versammeln sich in Wien die Delegierten der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen, um darüber zu befinden, inwieweit die Einstufung von Cannabis als gefährliche Droge noch haltbar ist. Wer weiß? Vielleicht geschieht ja das Wunder von Wien, und 2019 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, das den Paradigmenwechsel in der weltweiten Cannabispolitik einleitete.

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10 Kommentare
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Lotus
5 Jahre zuvor

In Deutschland wird Cannabis immer noch nicht bei jedem Paitenten von den Kassen übernommen, noch jeder potentielle Hanfpatient auch annerkannt, es sei den man kann sich einen Privatarzt leisten,da ansonsten scheinbar nur selten Rezepte von normalen Ärzten verschrieben werden, siehe Nutzerzahl des Gesetztes Canabis als Medizin, aber der Staat beweist mal wieder volle toleranz siehe link… https://web.de/magazine/gesundheit/kasse-barthaar-entfernung-transsexueller-bezahlen-33536744 Zitat:”Das Sozialgericht Hannover folgte der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach transsexuelle Versicherte Anspruch auf geschlechtsangleichende Behandlungen zur Minderung ihres psychischen Leidensdrucks haben.” ich bin offiziel psychisch/nervlich Krank, mein Leidensdruck ist so gut wie jeden Tag groß, was auch an den Gesetz liegt ,sowie meinem Status als illegaler Patient aber warum hab ich dann wohl überhaupt keinen gleichberechtigten Anspruch auf Cannabis als Medizin wie andere… Weiterlesen »

Börni
5 Jahre zuvor

https://arge-canna.at/pro-cannabis-empfehlungen-der-who-an-die-un-veroeffentlicht/?fbclid=IwAR038FnekJgrhXSxw9YEm21bNyMK3tcyxEUZerxCjiCP3dYsX2jwdBb3cXQ

wie gewonnen so zeronnen….alles was passieren wird ist das Cannabis als Medikament (wie Methadon etc..) eingestuft wird also dürfen nur Pharmafirmen Herstellen (anbauen) nicht Normal Bürger…..verarsche hoch5

Harald
5 Jahre zuvor

Es wird Zeit, dass diesen Politverbrechern Paroli geboten wird. Was die Herrschaften vergessen ist – Sie arbeiten für das Volk und nicht das Volk für sie. Hoffentlich hat das Volk bald genug von dieser Verarsche in allen Bereichen. Wir, das Volk sind nicht dazu da uns von euch Politikern ausnehmen und betrügen zu lassen!!!

Irgendwer
5 Jahre zuvor

@ Harald
Quasi jeder Kanzler hat geschworen den Nutzen DES Volkes zu mehren
Das Volk ist also nur dazu da, sich ausnehmen und betrügen zu lassen

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Ausser mit Druck, wird sich hier nichts ändern.
Zu groß, der Sumpf, bzw. der Muff unter denTalaren …..

Chris
5 Jahre zuvor

Ich habe seit mehr als 18 Jahre Schmerzen und ich werde diese auch den rest meines Lebens haben.
Wieso kann ich nicht selbst entscheiden, welche Medizien ich nehmen möchte?
Wie kann denn überhaupt irgend eine andere Person darüber bestimmen?
Ich finde zum verrecken auch keinen Arzt der mir das verschreibt. Viele haben immer noch Angst ihre Approbation zu verlieren.
In was für einer Welt leben wir hier eigentlich?

Irgendwer
5 Jahre zuvor

@ Chris
Täuschland hat mehr Einwohner als Kanada, die Pharmamafia will uns weiter vergiften mit ihrem Scheiß … und abkassieren.
Kennst du den Kanzlereid ? Steht im Grundgesetz irgendwo… und schau mal nach Artikel 146 ganz genau aufpassen. Überleg mehrfach hin und her. Semantisch sezieren was da steht

Der Realist ohne Kraut
5 Jahre zuvor

Was ist dazu noch zu sagen? Hier in Deutschland bleibt das Verbohrte in den Köpfen der Falschen und Falscher…

Viele Nationen bemerken neben der Vernunft, dass man mit gutem Cannabis auch gutes Geld verdient und außerdem den Schwarzmarkt in die Schranken weißt. Das sind aber alles Fakten, die hier nur die Wenigsten unserer Vorzeige-Regierung interessieren.

Es gibt Sachen, die gibt’s nicht. Oder doch? Ihr solltet es mal lesen.
https://mobil.stern.de/neon/wilde-welt/gesellschaft/cannabis-legalisierung–immer-mehr-notrufe-wegen-bekiffter-hunde-8561636.html

Otto Normal
5 Jahre zuvor

Soso…
“Eine kontrollierte Freigabe von Cannabis als Genussmittel kommt nicht in die Tüte, da der Gesundheitsschutz der Bevölkerung vorgeht. ”
…hat die Regierung gesagt…

…gemeint hat sie jedoch:
“Eine kontrollierte Freigabe von Cannabis als Genussmittel kommt nicht in die Tüte, da die Ideologie von Frau Mortler und der Schutz der Lobbygruppen die von der Prohibition leben müßen (z.B. Dr. T. und die Mafia), vor der Gesundheit der Bevölkerung vorgeht.”

Irgendwer
5 Jahre zuvor

Ob’s als spam gewertet wird, ist mir jetzt egal. Nochmal mit gekürzten links
@ Otto
Gesundheitsschutz ist natürlich nur geheuchelt.
Perverse sind das. Denen geht’s um Zugangsverweigerung und Schädigung auch von Jugendlichen durch Medikamente, die im Hirn sinnlos zusätzliche Synapsen wuchern lassen. Abhängig macht solches Dreckzeug. Es wurde wohl auch bei Epilepsie eingesetzt.
Obwohl, oder weil es beim Absetzen Anfälle bewirkt, wird’s als Antidepressiva von Ärzten aufgeschwatzt ….
Und dafür hacken sie auf Cannabis ein.

aerzteblatt.de/nachrichten/100720/Neurologen-sehen-Probleme-beim-Wechsel-auf-wirkstoffgleiches-Epilepsiemedikament-eines-anderen-Herstellers

flexikon.doccheck.com/de/M%C3%BCnchhausen-by-proxy-Syndrom

diefreiheitsliebe.de/politik/cannabis-endlich-legalisieren/#reply-title

PS:
Mortler persönlich ist quasi egal. Sie ist nur eine austauschbare Tröte und Schießbudenfigur