Dienstag, 4. September 2018

Zehn Monate Haft für Cannabis-Konsum

 

 

Bayerisches Amtsgericht verurteilt 30-Jährigen wegen forstgesetzten Kiffens zu Bewährungsstrafe

 

 

Cannabis
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Sadhu van Hemp

 

 

Wer wissen will, wie mit Hänflingen verfahren wird, wenn der politische Wind von rechts weht, der sollte einen Blick nach Bayern werfen. Dort finden sich jene ideologisch verblendeten Zeitgenossen in Reinkultur, die den Anti-Cannabis-Krieg auf die Spitze treiben und ihrer Wut über die drohende Niederlage freien Lauf zu lassen. Es grenzt fast schon an Lynchjustiz, wenn mittlerweile sogar die kleinsten der kleinen Kiffer vor den Kadi gezerrt und wegen des Verstoßes gegen das Hanfverbot geradezu standrechtlich abgestraft werden.

 

Letzte Woche hatte sich ein 30-Jähriger vor dem Anti-Cannabis-Tribunal des bayerischen Freistaats zu verantworten – und es war aus Sicht vernunftbegabter Menschen eine Farce par excellence, die das Amtsgericht Erding ablieferte.

Dem Bewohner einer Obdachlosenunterkunft wurde vorgeworfen, in den Jahren 2016 und 2017 fast täglich von einem Bekannten ein (!) Gramm Marihuana gekauft zu haben. Die Anklageschrift fußte auf einer schriftlichen Zeugenaussage eines weiteren Bewohners der Obdachlosenunterkunft. Dieser hatte vor einigen Monaten bei der Polizeiinspektion Erding eine umfassende Beichte abgelegt, um (angeblich) mit seiner Drogenkarriere ein für allemal abzuschließen. Während der Plauderstunde fielen ein paar Namen, darunter auch der des Angeklagten und seines Hausdealers.

 

Der Angeklagte bestritt den Vorwurf und bezichtigte den Zeugen der Lüge. Vielmehr sei es um Geld gegangen, das der Mitbewohner dem Angeklagten schulde. Zweimal fünf Euro habe er dem Belastungszeugen geliehen, doch statt die Schulden zurückzuzahlen, habe dieser gedroht, ihn bei der Polizei wegen illegalen Cannabisbesitzes zu verpfeifen. Mit dieser Einlassung des Angeklagten stand Aussage gegen Aussage – doch das Gericht wollte das nicht so recht würdigen.

Allerdings war der Hauptbelastungszeuge nicht zur Gerichtsverhandlung erschienen. Amtsrichter Björn Schindler ordnete daraufhin an, den Mitbewohner von einer extra losgeschickten Polizeistreife vorführen zu lassen. „Pech gehabt“, musste der Erdinger Amtsrichter jedoch feststellen, nachdem auch der Versuch scheiterte, den Zeugen aus dem Gerichtssaal fernmündlich zu erreichen.

 

Doch fehlende Hauptbelastungszeugen sind für bayerische Gerichte offenbar kein Hinderungsgrund, kurzen Prozess mit hochgradig kriminellen Cannabis-Straftätern zu machen. Obwohl abwesend glaubte Amtsrichter Björn Schindler dem nicht auffindbaren Zeugen. Der Version des Angeklagten wurde kein Glauben geschenkt, da die zeitlichen Angaben wenig plausibel schienen. Konkret ging es um ein Telefongespräch, in dem der Mitbewohner damit gedroht habe, den 30-Jährigen bei der Polizei anzuzeigen. Laut Staatsanwaltschaft habe der vom Angeklagten benannte Zeitpunkt des Telefonats aber erst weit nach der Zeugenaussage bei der Polizei stattgefunden. Es sei also abwegig, dass der Mitbewohner mit einer Anzeige gedroht habe, nachdem er gesungen hatte. Diese höchstrichterliche Mutmaßung stützte ein Erdinger Polizeihauptkommissar, der den im Obdachlosenmilieu verschollenen Belastungszeugen als glaubwürdig darstellte, da sich dessen Denunziationen in Bezug auf andere Cannabis-Konsumenten als richtig herausgestellt hätten.

 

Kurzum – Amtsrichter Schindler glaubte der Aussage des nicht verfügbaren Hauptbelastungszeugen mehr als der des anwesenden Angeklagten und verurteilte den unverbesserlichen Kiffer, der wegen des Erwerbs illegaler Drogen vorbestraft ist, zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Überdies erging die Auflage, dass sich der Verurteilte regelmäßigen Drogentests zu unterziehen hat.

 

Inwieweit es dem Verurteilten gelingen wird, künftig auf den Genuss von Cannabis zu verzichten, um die Bewährungsauflagen zum Wohle des bayerischen Volkes zu erfüllen, steht in den Sternen. Vielleicht hilft ja das verabreichte Urteil dem Bösewicht, den Joint gegen einen Maßkrug einzutauschen und sich der gepflegten Alkoholsucht hinzugeben – so wie es sich unter weißblauem Himmel gehört.

 

 

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30 Kommentare
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Harald
5 Jahre zuvor

Und jetzt a Mass auf den großen Erfolg für die Gerechtigkeit!!! Es sind ja bald Wahlen?!!

Karli
5 Jahre zuvor

Messerstecherei in Chemnitz und es gab sofort ROCK GEGEN RECHTS, kostenlos.
Wenn man so was wie hier liest dann wünscht man sich sofort ROCK FÜR HANF natürlich auch kostenlos.
Sollte Frau M., oder ein anderer Heilpflanzenverbieter, Unfug erzählen müsste es sofort ein Konzert geben. Wo sind die mutigen Damen und Herren Künstler?

Harald
5 Jahre zuvor

@Karli
Hallo Karli,
deinen Kommentar finde ich gut, aber du träumst offenbar immer noch von einer besseren Welt. Bei den Künstlern gibt es welche wie Snoop, etc., die überhaupt nichts scheißt und die offen zu ihren “Lastern” stehen.
Das sind sowieso die, die immer gegen die verlogene Doppelmoral bibelfester Christen eintreten, aber die Mehrheit versteckt sich. Bei denen erfährt man erst etwas von ihren “Hobbys”, wenn es so offensichtlich ist, dass es niemand mehr “übersehen” kann. Aber das ist dann kein Cannabis sondern “legale Hilfsmittel” wie Alkohol und Tabletten oder illegale wie Koks und Heroin und wenn sie dann einen Entzug machen dürfen sie geläutert in den Schoß der Gesellschaft zurückkehren!!! Hüte dich vor den “Anständigen”!!

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Wenn man dies liest, fragt man sich (berechtigt), was wir teils für ein Bananenstaat sind. Entschuldigung, das war jetzt beleidigend. Dort wo die Bananen wachsen, reagiert man bei Cannabis nicht so pervers, wie hier. Gestern erst die Aussagen vom Söder, in einer Drogenhöhle, äh, einem Bierzelt: “Bayern ist das schönste Land weltweit.” „Bayern ist nicht ein Land der Mahner. Bayern ist ein Land der Macher. Bayern kann es besser als die Anderen.” Eeeeeeecht? Toll, ausserhalb Bayerns werde ich besser nicht mehr sagen, dass ich genau da herkomme. Bayern ist das schönste (Bundes-)Land? Naja, für CDU/CSU-Wähler vielleicht, zumindest sicherer, als woanders. Für einen Bayern. Weil nach solchem Scheiss, kann man sich kaum noch raus trauen! Zum Schluss der Ansprache hat hat… Weiterlesen »

Toni
5 Jahre zuvor

Wähl ja keine afd!

Der Realist ohne Kraut
5 Jahre zuvor

Ein mittelloser Obdachloser ist der Schwerverbrecher und gehört, da er ja schon wegen Ähnlichem auffiel, mit aller Härte bestraft. Klar, und der Regen fällt nach oben. Nur gut, dass das Besäufnis im ‘besten Land’ begonnen hat. Jetzt darf man’s sich wieder gut gehen lassen und sich dem vollen Suchtpotenzial aus Hopfen und Malz hingeben. Bald sieht’s man wieder: die legalen Säufer, die in ihrem Erbrochenem liegen, die wild pöbelnden Idioten, die sonst kein Wort herausbekommen und die lieben Christunioner, die sich zusammen mit den Sozis ihrem Vorzeige-Gebräu hingeben und genüsslich in sich hineinkippen. Gut, dass das alles legale ‘Volkskultur’ ist! Man kann nur hoffen, dass der arme Verurteilte nicht ebenfalls im Rausch des Alkohols verfällt und gleichzeitig wünsche ich, dass… Weiterlesen »

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Die AfD genauso wenig, wie eine der C-Parteien.
Ganz sicher keine mit sogenannter “Kultur”. 🙂

Der Realist ohne Kraut
5 Jahre zuvor

Da müsste man ja total behämmert sein, sein Kreuz bei der Union oder der AfD zu setzen!!

Ich denke, dass hier einige sind, die genau wissen, wo’s Kreuzchen NICHT hingehört.

Eine Partei wie die AfD macht unser Land noch unsicherer und stützt viele Idioten, die sonst jammernd und weinend im Kämmerlein säßen.

“Wir sind das Volk… Wir sind das Volk.” Nein, ihr seid der Abschaum der Gesellschaft. Da mache ich auch keinen Unterschied zu Terroristen. Egal, aus welcher Ideologie heraus. Alles Abschaum!

Die Unioner sind ja nur die Marionetten der Lobbys. Die tun nichts, was das Volk stört… 😀

Harald
5 Jahre zuvor

Das alles hat sich aber nur entwickeln können, weil die meisten zu bequem, dumm und satt geworden sind. Die Gesellschaft interessiert sich mehrheitlich für Nichts und Niemand. Wie heißt es so schön : “Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber” und unsere Gesellschaft ist mehrheitlich leider total verblödet.

Ragnar R.
5 Jahre zuvor

“Wer wissen will, wie mit Hänflingen verfahren wird, wenn der politische Wind von rechts weht…”.

Das ist eine hanebüchene Aussage. Mit Rechts hat das rein gar nichts zu tun. Sondern mit einem sonderbar urteilenden Richter. Wenn der Rest im Artikel zudem so stimmen sollte, dürfte das Urteil sogar noch anfechtbar sein.

Auch Rechte kiffen und setzen sich für eine Legalisierung ein. Eigentlich setzt sich jeder dafür ein, der die Sinnlosigkeit und das Unrecht des Verbots begriffen hat. Ganz egal, aus welchem politischen Lager. Solche Stimmen hörste aus rechten und konservativen Parteien wie FDP, CDU, AFD, CSU, …
Übrigens war der Staatsanwalt, der meinen Bruder wegen Cannabis-Besitzes vor Gericht brachte, ein bekennender Linker. Merkwürdige Leute gibts überall.

Der Realist ohne Kraut
5 Jahre zuvor

@Ragnar Damit magst du Recht haben. Aber ich weiß nicht genau welche Politik du verfolgst. In Deutschland, insbesondere Bayern (Sachsen sowieso) werden immer wieder Tendenzen nach rechts aufgezeigt und teilweise selbst durch entsprechende Regierungparteien geäußert. Mir ist völlig klar, dass Befürworter aus zahlreichen Altersschichten, Parteien, Religionen usw. kommen. Das ist aber nicht das Thema hier. Ein Richter, der ein massives Urteil zur ‘rechten’ Zeit fällt… gleichzeitig merkt man wieder, dass die Bayern das Thema Cannabis ganz anders sehen und mit voller Härte bekämpfen (wollen), anstatt nach Lösungen zu suchen. Wenn man nicht über den Tellerrand schaut, sieht man nicht, was auf dem Tisch liegt. Genau so stellt sich die Regierung (übrigens nicht nur im Freistaat) dar. Und das ist’s doch,… Weiterlesen »

Witzbold
5 Jahre zuvor

Bayern wird aber nicht von Rechts regiert.
Sadhu lässt keine Gelegenheit aus seine politische Gesinnung mit Hanfthemen zu verknüpfen.

Bitte mehr Hanf und weniger Politik.

Der Realist ohne Kraut
5 Jahre zuvor

Inoffiziell, ja…

unbeugsam
5 Jahre zuvor

Das schlimme ist ,das die Kiffer usw doch nur Spielfiguren für die Elite sind,Mit den Kiffern kann man schon Wahlen beeinflussen. Jeder Partei die damit wirbt ,hat ihre 5 % sicher. Und das eine Legalisierung eh von ganz woanders entschieden wird,als von unseren Clownsparteien muss ich doch nicht erwähnen?

Wer unterstützt Rechts und Links…. Es ist immer der lachende Dritte

R. Maestro
5 Jahre zuvor

Hatte gerade ein Gespräch. Ein Bekannter hatte sich vor einem halben Jahr den Arm gebrochen, wurde operiert.
Heute nässt es immer noch und verursacht Schmerzen.
Ich habe ihm zwar CBD-Öl nahe gelegt, sinnlos.
Vielleicht wird`s nie was, immer Schmerzen oder vielleicht wird der Arm auch steif. Egal.
Den Ärzten somit ein guter Kunde, auch der Pharmaindustrie.
Was mit Cann anfängt, kann ja nur schlecht sein.
Das kommt davon, wenn es Jahrzehntelang nur schlechtgeredet wird.
Dieser DEPP.

Otto Normal
5 Jahre zuvor

Es gibt ein BVG-Urteil (welches auch im rückständigen Bayern Gültigkeit hat) in dem der Konsum von Cannabis ausdrücklich straffrei gestellt wird. Das Gericht könnte also den Mann nur wegen fortgesetztem Besitz bzw. Beschaffung von illegalem Rauschgift verurteilen, nicht aber wegen Konsum. Immerhin hat man die Strafe zur Bewährung ausgesetzt um dem Staat die Kosten der Inhaftierung des eigentlich harmlosen Mannes zu ersparen. Durch die Bewährungsauflagen (so hofft man) kann man den Verurteilten ab nun täglich drangsalieren, besser noch als das mit Hass4 möglich gewesen war. Dem Mann die Mobilität zu entziehen (FS-Entzug) bringt nicht viel da ein Obdachloser meist gar kein Auto besitzt. Also in Bayern möchte ich nicht begraben sein. Aber Urlaub machen kann man dort, genauso wie in… Weiterlesen »

Ernst
5 Jahre zuvor

Witzbold, wie weit rechts stehst du eigentlich, wenn du die CSU nicht in der rechten Ecke verortest?

0rf
5 Jahre zuvor

Rechte Politik ist traditionell Politik gegen Hanf und Drogen. Ursprünglich weil man so besser gegen Schwarze und Hippies vorgehen konnte. Die Drogenpolitik seit den 90ern in Deutschland lässt sich so zusammenfassen dass es von Links Vorstöße zu Änderungen der Gesetzgebung und von Rechts Lügen und Dramatisierungen gab, um diese zu verhindern. Man muss nicht alles gut finden was von Links kommt, aber Rechts ist das viel größere Übel.

w0rv
5 Jahre zuvor

Rechte Politik ist traditionell Politik gegen Hanf und Drogen. Ursprünglich weil man so besser gegen Schwarze und Hippies vorgehen konnte. Die Drogenpolitik seit den 90ern in Deutschland lässt sich so zusammenfassen dass es von Links Vorstöße zu Änderungen der Gesetzgebung und von Rechts Lügen und Dramatisierungen gab, um diese zu verhindern. Man muss nicht alles gut finden was von Links kommt, aber Rechts ist das viel größere Übel.

Rainer Sikora
5 Jahre zuvor

Was ist das eigentlich für eine Scheiße mit dem richterlich angeordneten Zwangsentzug?