Montag, 27. November 2017

Mortlers große Chance

Feuer auf Marlene Mortler

 

Mortler steht in Flammen
Bild: Archiv

Beitrag von Hans Cousto

 

Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, sitzt als Abgeordnete der CSU im Deutschen Bundestag. Obwohl sie in den Medien oft wegen ihrer Arbeit als Drogenbeauftragte viel Kritik einstecken musste, konnte sie bei der letzten Wahl zum Deutschen Bundestag ihr Direktmandat im Wahlkreis Roth mit 81.167 Stimmen (44,5 Prozent der abgegebenen Erststimmen) verteidigen. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2013 holte sie noch die absolute Mehrheit mit 50,6 Prozent. Somit sank ihre Gunst bei den Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis Roth (Landkreis Nürnberger Land und Landkreis Roth) innerhalb von vier Jahren um 7,3 Prozentpunkte.

 

Mit diesem Ergebnis ist Marlene Mortler im Kreise der CSU eine echte Lichtgestalt, verlor die Partei in Bayern innerhalb der letzten vier Jahre ganze 10,5 Prozentpunkte in der Wählergunst bei den Zweitstimmen und kam nur noch auf 38,8 Prozent. Die CDU verlor 7,3 Prozentpunkte und die SPD 5,2 Prozentpunkte in der Wählergunst bei den Zweitstimmen. Keine im Bundestag vertretene Partei wurde von den Wählerinnen und Wählern so stark abgestraft wie die CSU.

 

Aufgrund der Tatsache, dass die Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition seitens der FDP abgebrochen wurden, wird es noch eine Weile dauern, bis sich hinreichend und genügend Abgeordnete im Bundestag für eine neue Koalition einigen können. Somit bleibt die alte Regierung geschäftsführend noch im Amt und Marlene Mortler wird uns als Drogenbeauftragte noch eine Weile erhalten bleiben. Und so hat Marlene Mortler derzeit die große Chance, überall dort nachzubessern, wo die Dinge nach vier Jahren Amtszeit noch im Argen liegen, zum Beispiel was die Versorgung der Patienten mit Cannabis als Medizin betrifft.

 

Anfang des Jahres erhielt die Drogenbeauftragte viel Lob in den Medien, weil sie das Gesetz für Cannabis als Medizin mit Bravour auf den Weg gebracht hatte. Einstimmig hatte der Bundestag am Donnerstag, 19. Januar 2017, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften angenommen, wonach schwerkranke Patienten auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung auch mit hochwertigen Cannabis-Arzneimitteln versorgt werden können. Nachdem der Bundestag das Gesetz zur Verwendung von Cannabis als Medizin angenommen hatte, hatte am 10. Februar 2017 auch der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz wurde dann am 9. März 2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und trat somit am 10. März 2017 in Kraft.

 

Als das Gesetz „Cannabis als Medizin“ vom Bundestag am 19. Januar 2017 einstimmig beschlossen wurde, erklärte Mortler: „Das heute vom Bundestag beschlossene Gesetz, Cannabis in medizinischer Form an schwerstkranke Patienten auf Rezept abgeben zu können, bedeutet für viele Betroffene eine Entlastung. Wem Cannabis wirklich hilft, der soll Cannabis nun auch bekommen können, in qualitätsgesicherter Form und mit einer Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen. Die Möglichkeit, Medizinalcannabis in der ärztlichen Praxis einsetzen zu können, ist ein großer Schritt und steht für eine moderne und differenzierte Gesundheitspolitik.

 

Solche Worte waren Balsam in den Ohren der Patienten, ja sie hofften auf eine Verbesserung ihrer Situation. Doch inzwischen mussten viele Patienten feststellen, dass sich ihre Situation nicht verbessert, sondern verschlimmert hat. Kostete ein Gramm Cannabisblüten für Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes etwa 15 Euro, so verlangen Apotheker jetzt oft mehr als 22 Euro pro Gramm. Auch die angekündigte Kostenübernahme durch die Krankenkassen hat sich für viele Patienten als Ammenmärchen erwiesen. Zahlreiche Patienten, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes über eine Ausnahmegenehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte verfügten, sehen sich mit einer Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen konfrontiert.

 

Das neue Gesetz war gut gemeint, doch bei der Umsetzung haperte es kräftig und das Lob, das Marlene Mortler nach der Einführung des neuen Gesetzes via Medien zu lesen und hören bekam schlug rasch wieder in Kritik um. Nun hat die Drogenbeauftragte die große Chance, beim neuen Bundestag Präsenz zu zeigen und die Abgeordneten zu überzeugen, dass es in diesem Gesetz einen Paragraphen braucht, der das störrische Verhalten der Krankenkassen und der Medizinischen Diensten der Krankenkassen (MDK) Einhalt gebietet, damit allen Patienten, die es benötigen, auch wirklich in den Genuss der proklamierten modernen und differenzierten Gesundheitspolitik kommen. Es ist somit für Marlene Mortler noch nicht zu spät, dafür zu sorgen, dass in ihrer Biografie lobende Worte für ihr nachhaltiges Engagement zu Gunsten der Patienten festgeschrieben werden.

 

Verpasst die Drogenbeauftragte jedoch diese Chance, wird in ihrer Biografie zurecht massive Kritik zu finden sein, denn seit fast 20 Jahren prozessieren Patienten vor Gericht, damit sie ihre Medizin bekommen. Und auch das neue Gesetz schafft hier für viele Patienten keine Verbesserung ihrer Situation, sie müssen wieder vor Gericht ziehen, um ihr Recht auf ihre Medizin einzuklagen. Das neue Gesetz ist für sie kein großer Schritt nach vorne und steht somit nicht für eine moderne und differenzierte Gesundheitspolitik. Für all diese Patienten sind die großspurigen Worte der Drogenbeauftragten nichts anderes als üble Propaganda die mit ihrer Realität nichts zu tun hat.

 

Zum Schluss sei hier noch angemerkt, dass Marlene Mortler die SPD zu Gesprächen für eine Neuauflage der Großen Koalition auffordert. Über das strikte Nein der Sozialdemokraten zu einer möglichen Rückkehr in die Regierungsverantwortung könne sie sich in der aktuellen Lage nur wundern. Im Donaukurier vom 22. November 2017 ist zu lesen, dass die dieses Verhalten „ziemlich daneben“ finde. Sollte es erneut zu einer Großen Koalition kommen, können wir uns vielleicht auf weitere vier Jahre mit der Drogenbeauftragten Marlene Mortler freuen.

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5 Kommentare
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rainer sikora
6 Jahre zuvor

Warum sollte die Mortler plötzlich anders reden oder handeln?Ist für sie doch alles gut so wie es ist.

Lars Rogg
6 Jahre zuvor

Noch mal vier Jahre personifizierte Unfähigkeit, Lobbyhörigkeit, Unmenschlichkeit und Patientenverachtung. Die zukünftigen Opfer ziehen schon mal den Kopf ein und gehen in Deckung.
Eine vergitterte und schmerzhafte Zukunft steht vielen tausend bevor…

R. Maestro
6 Jahre zuvor

Hilf mir bitte lieber Gott!

Nicht noch einmal, so jemanden.

Dorfkrug Rutenberg
6 Jahre zuvor

(gewollte Verschwörungstheorie ohne realen Bezug)

Die europäische Cheflobbyistin der “Internationalen Drogenhändler-Vereinigung”, hat es wieder mal geschafft; die hohen Preise für (ohne Kontrolle) gesundheitsschädliche Produkte, aufrecht zu erhalten. Eine gesetzliche Kontrolle alternativer Genußmittel, ist nicht vorgesehen.
Gemeinsam mit ihrem Parteikollegen Dobrindt ( er legalisierte Massenmord durch NOX und Feinstaub), will sie den staatlich gewollten Genozid am Prekariat vorantreiben.

Faktensammler Müller
6 Jahre zuvor

Hanfverbot (Cannabis Prohibition) fördert Selbstmorde
Folge der Legalisierung von Cannabis sind sinkende Selbstmordraten. Wissenschaftler der Montana State University, University of Colorado und der San Diego State University stellten fest, dass die Selbstmordrate bei Männern zwischen 20 und 29 Jahren in Staaten mit legalem Cannabis-Konsum um 10,8 Prozent geringer ist als in Staaten, in denen Cannabis nicht legalisiert wurde. http://ajph.aphapublications.org/doi/abs/10.2105/AJPH.2013.301612