Samstag, 11. November 2017

Schwarz-Grün-Gelb will’s wissen

Sadhu van Hemp

 

 

Die Sondierungsgespräche für eine Jamaikakoalition im Bund haben begonnen. Für Angela Merkel ist seit dem spurlosen Verschwinden der Sozialdemokraten ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen alternativlos, zumal die beiden Juniorpartner darauf brennen, die freigewordenen Plätze auf der Regierungsbank einzunehmen. Voraussichtlich wird bis Weihnachten um Posten und Pöstchen und natürlich auch um politische Inhalte geschachert. Das Thema Hanffreigabe soll auch zur Debatte stehen, betonen Liberale und Grüne.

 

Doch vorher muss erst einmal geklärt werden, wer das zweithöchste Amt im Staate erhält – und das ist das Finanzministerium. Wer diesen Job inne hat, ist zwar kein Vizekanzler, wohl aber ein Schattenkanzler, der den Haushalt führt, die „Schwarze Null“ hütet und über ein Vetorecht verfügt. Um die Machtverteilung ausgewogen zu gestalten, wäre der Posten der FDP zuzuschieben. Denn reisender Vizekanzler will Grünen-Chef Cem Özdemir werden, der sich ganz in der Tradition von Joschka Fischer sieht und um jeden Preis ins Außenministerium einziehen will. Doch ob diese Postenverteilung FDP-Chef Christian Lindner gelegen kommt, ist fraglich. Harte, ehrliche Arbeit ist kein Attribut, das FDP-Politikern zugeschrieben wird. Ein Lindner oder Kubicki als oberster Sparfuchs im Land der Sparfüchse – schwer vorstellbar. An dieser Frage kann Lindners Ein-Mann-Partei bereits an sich selbst scheitern, wenn sich der Retter der FDP in seiner Eitelkeit gekränkt fühlt. Ob Regierungs- oder Oppositionsbank – das dürfte Lindner einerlei sein, denn der 38-Jährige Lobbyist der Reichen und Schönen muss nicht um jeden Preis die Gunst der Wähler in Hinblick auf die Bundestagswahl 2021 verspielen.

 

Der andere Wackelkandidat ist Horst Seehofer, der jedoch alles andere als Zeit hat. Sein letztes Stündchen kann schon bald schlagen, wenn die CSU seiner überdrüssig wird. Im Herbst 2018 sind Wahlen in Bayern. Und ein Ministerpräsident Seehofer, der nur als Marionette der Kanzlerin und Grünen wahrgenommen wird, kommt nicht gut an unter weißblauem Himmel. Der Druck der Basis wächst und Seehofers Ziehsöhne scharren bereits mit den Hufen. Seehofers Kalkül folgt dem Selbsterhaltungstrieb, und wenn der sagt, er soll die rechte Flanke zu den Rechtsextremen schließen, dann platzen die Sondierungsgespräche rechtzeitig vor seiner Wiederwahl zum CSU-Parteichef.

 

Sollten alle vier Koalitionäre trotz aller Unkenrufe dennoch Einigung erzielen, wer welches Spitzenamt erhält und wohin der ungefähre Weg der Jamaikakoalition führen soll, dann könnte es glatt etwas werden – mit der Konsenssoße, die dem Bündnis das „Geschmäckle“ von Modernität und Reformbereitschaft geben soll.

Die Grünen lassen mehr Windräder bauen, die FDP mehr Straßen. Angela Merkel vergisst, dass sie das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 eingefahren hat, und die CSU bekommt ihre Obergrenze für Flüchtlinge und Asylsuchende, die dann nicht mehr Obergrenze heißt, sondern „Flexi-Quote“.

 

Jeder Koalitionär darf zwei, drei große Themen für sich beanspruchen und Reformeifer unter den jeweils gewünschten ideologischen Vorgaben an den Tag legen. Was letztlich unter dem Strich dabei herauskommt, wird nicht viel sein, aber von allem ein bisschen. Die Reichen werden mit Steuergeschenken gekitzelt, die Armen werden mit ein paar Euro mehr Stütze beglückt.

Vielleicht bekommen auch die vier Millionen kriminalisierten Hanffreunde kurz vor Ablauf des Verfallsdatums der Jamaikakoalition ein kleines Geschenk. Eine Änderung im Fahrerlaubnisrecht zum Beispiel. Das käme auch der Autoindustrie gelegen, wenn die zulässigen THC-Grenzwerte erhöht werden und weniger Menschen den Lappen verlieren. Diese und ähnliche Win-Win-Situationen könnten ein Umdenken in der Hanfpolitik einleiten.

 

Schlimmer leiden als unter Schwarz-Rot wird unter Schwarz-Grün-Gelb niemand, auch kein Hanffreund. Nur ein Teil der Deutschen wird weiter vor Schmerz schreien – und das sind die Ostdeutschen. Die Jamaika-Koalition ist nämlich eine lupenreine Westregierung mit zwei elitären Westparteien, die in Ostdeutschland so gut wie nicht gewählt werden. Nirgends in Neufünfland gibt es für eine Jamaikakoalition eine Mehrheit. „Jamaika“ oder „S2G“ wird die Kluft zwischen Ost und West nicht schließen, sondern vergrößern.

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2 Kommentare
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rainer sikora
6 Jahre zuvor

Beim Interwiew scheinen Grün und FDP mir noch zu halbherzig.Außerdem haben die den Ernst der Lage noch nicht richtig erkannt.

U-G
6 Jahre zuvor

Und ja klar hatte ich mich geoutet, ich baue ja 4 Pflanzen an, zwecks Selbsttherapie wegen nem kaputten Knie, aber auch Alkoholsucht an.
Wieso geben sie denn nicht das angebaute Gras nicht ihrer Mutter?

Nun ja, wir wohnen auf einer Hauptbefahrenen Straße und obwohl ich Filter an den Ansauglöchern platziert habe, kann ich nicht für ein Labortechnisches Gras garantieren, denn Schadstoffe sind in der Luft und ich bräuchte ein Ansaug-Programm das mit Aktivkohlefilter gedeckelt ist, dann können wir aber immer noch nicht vom Labor-technischem-Gras reden.
Das hat sie verstanden und ich hoffe auch die VOLL_BIRNEN_UND BERATERN_AUCH???

Es geht hauptsächlich um Menschenleben und nicht Kiffen.

Baue ja selbst 4 Pflanzen für mich an. Mehr als 7,4THC birnengehalt an.