Samstag, 19. August 2017

Seliges Windmühlenland II

 

Amsterdams (Kultur-) Geschichte und eine kurze Coffeeshop-Tour

 

Rauschs Top Nine: No 2

 

Dies ist der zweite Teil eines kleinen Reiseführers über unserer aller Lieblingsstadt. Auch dieses Mal inklusive einer Rankingliste, wo ihr in Amsterdam am besten euer Tütchen und/oder eure Bongs rauchen könnt. Denn auch der August lädt zum Verweilen in unserer aller Lieblingsstadt ein. Denn Sommerzeit ist bekanntlich Reisezeit. No doubt about it!

 

Natürlich ist ein Sommer auf „Balkonien“ auch nicht zu verachten, doch wer über das nötige Kleingeld verfügt, ist in der Regel auch einem Trip in fremde Gefilde nicht abgeneigt. Denn ein Tapetenwechsel schadet nicht, hilft er einem doch, festgefahrene Denkmuster zu verlassen und dem Gehirn und Geist nötigen, neuen Input zu liefern. Und welche Stadt ist dafür besser geeignet als unser good ol‘ Amsterdam, auch wenn wir hier schon mehr Zeit verbracht haben als in allen anderen europäischen Metropolen zusammengenommen? Klar, die Stadt enthebt einen kurzweilig der eifrigen Verpflichtung für den grünen Daumen, denn bei der Stipp-Visite im Land der Tulpen und des Goudas kann der heimische Indoor-Grow-Raum in aller Ruhe vor sich hin dümpeln, es sei denn, man verfügt über einen zuverlässigen Nachbarn, der sich während der Abwesenheit darum kümmert.

 

Aber machen wir uns nix vor: Ein Trip nach Amsterdam in der Hochsaison kostet so viel, dass einem beinahe das Herz blutet. Selbst die Unterkunft im 8- oder 10-Bettzimmer ist nicht ohne und die Lebenshaltungskosten sind gigantisch. Klar, letzteres hängt auch ein wenig davon ab, welche Ansprüche man hat und wie man sich die Freizeit gestaltet. Aber selbst der tägliche Einkauf bei „Albert Heijn“ geht ins Geld, denn im Vergleich zu Deutschland sind die niederländischen Lebensmittel recht teuer. Heineken, Stokbrod, guter Käse und Antipasti sind auch bei der beliebten Supermarktkette nicht umsonst zu haben. Aber das kann es ja auch nicht ausschließlich gewesen sein, denn Amsterdam bietet so viel kulinarische Highlights, die auf keinen Fall verpasst werden sollten. Insbesondere die chinesische und die indonesische Küche bescheren in der Hauptstadt der Niederlande wahre Gaumenfreuden, allerdings sollte zugleich vor „Touristenfallen“ gewarnt werden. Diese Restaurants zielen nämlich nur auf touristisches Laufpublikum ab und servieren nicht einmal durchschnittliches exotisches Essen zu wahnsinnig überteuerten Preisen.

 

Sehr authentisches und preislich faires Essen hingegen bietet zum Beispiel das Restaurant „Nam Kee“ am Zeedijk 111-113. Die Bedienungen sind eher unfreundlich, dafür sind die servierten Gerichte ein wahrer Gaumenschmaus für Chinesisch-Liebhaber. Ebenso zu empfehlen ist das Vis-à-Vis liegende „Hoi Tin“ (Zeedijk 122). Dieses Restaurant hat sich auf Dim Sum (das Herz berühren), also kleine Gerichte spezialisiert, die auch sehr nahe an die Original-chinesischen-Vorbilder herankommen. Zu empfehlen ist auch die Bakery des „Hoi Tin“, die Straßenverkauf betreibt und Leckereien wie Schweinefleisch-Brötchen oder Lotuspasten-Pasteten Feil bietet. Für ausgeprägte Munchies gibt es kaum etwas Göttlicheres. Noch eine Spur „krass-authentischer“ geht es im Abholrestaurant „Het Oosten“ am Zeedijk 147 zu. „Het Oosten“ verkauft Rice-Balls aller Arten und Speisen, die dem europäischen Auge und Gaumen völlig fremd sind. Wer mutig genug ist, sollte das unbedingt mal austesten. Die Qualität ist hervorragend und das Ganze erweitert den Gaumen-Horizont ungemein.

 

Horizont-Erweiterung wäre eigentlich das Stichwort, um den Schwenk von den leiblichen hin zu den geistigen Genüssen zu vollziehen. Vorab für alle A’dam-Urlauber aber noch ein paar wenige touristische Informationen. Seit Jahrzehnten gilt Amsterdam zu Recht als Hafen mustergültiger Liberalität in Europa und das nicht nur in Sachen Drogenpolitik. Bis weit in die 90er Jahre des letzten Jahrtausends hinein war es der Polizei sogar untersagt, Personen- und Ausweiskontrollen durchzuführen. Im Zuge blutiger Bandenkämpfe um Reviervorherrschaften setzte die Polizei allerdings das Recht auf Personenkontrollen unter dem Motto „waffenfreies Amsterdam“ durch. Allerdings ist das Recht auf Personendurchsuchungen nur auf vom Bürgermeister der Stadt ausgewiesene Gebiete beschränkt. Diese sind natürlich zumeist auch die „Hotspots“ der Stadt, die von Drogentouristen so gerne aufgesucht werden. Allerdings empfiehlt es sich ohnehin nicht, mehr als die erlaubten 5 Gramm Dope bei sich zu haben. Und bei harten Drogen verstehen die Niederländer keinen Spaß: also Hände weg von Koks, Pillen und Aitsch. Das Zeug, das den Touristen im Rotlichtviertel angedreht wird, ist ohnehin das Geld nicht wert und kann viel Ärger bescheren.

 

Das Amsterdamer Wappen ist weltbekannt. Ein schwarzer Pfahl wird in Rot umrahmt und mit drei silbernen Andreaskreuzen belegt. Die Bedeutung der Andreaskreuze ist umstritten: Während die einen davon ausgehen, dass sie Flut, Feuer und Pest symbolisieren, gehen andere davon aus, dass sie Furten von Handelsrouten symbolisieren. Möglich wäre auch, dass sie an den Apostel Andreas erinnern sollen. Zwei stilisierte, rotgezungte Löwen fungieren als Schildhalter und im silbernen Band findet sich die Devise in schwarzen Majuskeln gemeißelt: „Heldhaftig Vastberaden Barmhartig“ (Heldenhaft, entschlossen und barmherzig). Diese Inschrift geht auf die deutsche Besatzungszeit unter den Nationalsozialisten von 1940-1945 zurück und soll die aufrechte Attitüde und Haltung der Amsterdamer Bürger hervorheben. Königin Wilhelmina setzte diesen Spruch während des Februarstreiks der Amsterdamer gegen die ersten Judendeportationen durch die Nazis durch. Auf dem Schild ruht zudem die goldene Kaiserkrone. Die Stadt stand im 13. Jahrhundert unter der Herrschaft der Herren von Amstel. Die Löwen als Wappenbestandteil wurden 1489 durch Maximilian von Österreich hinzugefügt, da Amsterdam ihm finanzielle Unterstützung als Erben der Burgundischen Niederlande hatte zukommen lassen, um sich gegen holländische Adlige durchzusetzen. Eine Legende besagt, dass Maximilian sich während des Aufenthalts in der Stadt nach dem Gebet in einer der zahlreichen Kirchen von einer schweren Krankheit erholt habe und deshalb das Stadtwappen mit seiner Krone zieren ließ. Nach seiner Krönung zum römisch-deutschen Kaiser wurde diese durch die Kaiserkrone ersetzt. Die furchteinflößenden Löwen wurden dem Wappen im 16. Jahrhundert hinzugefügt. Amsterdams Wappen ist im Stadtbild allgegenwärtig und es dürfte sogar der größten Haschnase ins Auge stechen. Es ziert nicht nur Poller, Gully-Deckel, sondern zahlreiche Gebäude und viele Logos.

 

Doch nun genug mit Stadtgeschichte und Stadtkultur, sonst laufe ich Gefahr willige Amsterdam-Fahrer doch noch zu vergraulen. Denn hier soll es ja auch ums Eingemachte gehen und eine Rankingliste der besten neun Amsterdamer Coffeeshops geliefert werden. Klar, die Auswahl basiert auf subjektiven Faktoren, kann aber aufgrund meiner „Amsterdam-Be- und Erfahrenheit“ dennoch als repräsentativ und stichhaltig gelten. Nachdem in der letzten Ausgabe das „Bluebird“, das „Greeenhouse Effect“ und das „420 Cafe“ die Plätze eins bis drei belegt haben, beginnen wir in diesem Artikel mit dem „Greenhouse“ – nicht zu verwechseln mit dem „Greenhouse Effect“.

 

Das „Greenhouse“

 

Das „Greenhouse“ ist beileibe kein Underground-Coffee-Shop, sondern einer mit gehörigem Promi-Status und beinahe weltberühmt. Die berühmteste „Greenhouse“-Filiale liegt in den zusehends gentrifizierten Ausläufern des Rotlichtbezirks, in der Oudezijds Vorburgwaal 191. Bei dem den Coffeeshop beherbergenden Gebäude handelt sich um ein recht breites Pakhuis und während sich rechts ein Wohnhaus befindet, sind linkerhand ein thailändischer Massagesa­lon (soweit das als Laie zu erkennen ist, ein „anständiger“, also ohne Happy-End-Massagen) und ein weiterer, wenig bekannter Coffee-Shop untergebracht. Das „Greenhouse“ empfängt die Kiff-Touristen aus aller Welt recht freundlich mit warmen Braun- und Rottönen und einem spacig-abgefahren anmutenden Interieur. Unzählige Mosaiksteine bilden coole, ineinander verfließende Mu­ster, die mit Strass-Spiegeln durchsetzt sind und die dem bekifften Auge viel Freude bereiten. Im hinteren Teil des Coffee-Shops beim Dealer wird es dann tatsächlich – ganz nomen est omen – ziemlich grün. Das Interieur des „Greenhouse“ passt eindeutig zum Namen und das Konzept ist in sich stimmig und überzeugt. Die Musik variiert, tendiert aber eher zum Modernen: Es laufen in angenehmer Lautstärke die neuesten Pop- und Rapsongs. Besonders punkten kann das „Greenhouse“ mit dem Promi-Status-Bonus einer ganz besonderen Art, denn an der Wand hängen viele Fotos von den Berühmtheiten, die hier tatsächlich und höchstpersönlich einen oder mehrere durchgezogen haben: Tarantino, Rihanna, Tyson, Cypress Hill, (Tommy) Chong, 50 Cent, Eminen, Spacey, Xzibit und Santana. Die Bedienungen sollen wohl dem stylischen Inneren entsprechen und sind zwar nett anzusehen, haben aber im Gegensatz zu den Dealern wenig bis keine Ahnung. Denn als ich mich nach den zwei Spacecakes – „Granma-Style“ erkundigen möchte, gibt sich die hübsche Blondine unwissend, knöpft mir dafür aber stolze zwölf Mäuse ab. Billig geht eigentlich anders, denke ich. Im „Greenhouse“ ist es einfach mit den Touristen aus Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland ins Gespräch zu kommen (die niederländischen Locals hängen hier weniger ab). Ehrlich gesagt hauen einen die Spacecakes nicht gerade vom Hocker und es braucht schon zwei von den Dingern, um einen deutlichen Effekt zu spüren. Dagegen sind das Gras und das Dope vom Feinsten, dafür aber auch – selbst für Amsterdam – recht teuer. Wer Amsterdam besucht, sollte sich das „Greenhouse“ trotz der angesprochenen Defizite auf keinen Fall entgehen lassen. Sozusagen ein absolutes Must-Have für jeden Amsterdam-Besucher.

 

Das „Dampkring“

 

Platz fünf in Rauschs Top Nine der Amsterdamer Coffee-Shops belegt der durch den Mega-Blockbuster „Ocean’s 12“ berühmt gewordene „Dampkring“. Der Laden liegt in der Nähe des Foltermuseums und des Blumenmarkts in der Handboogstraat 29. Die Fassade und die Innen-Einrichtung korrespondieren in wirklich schöner Harmonie. Die braune, äußere Holzfassade führt nämlich optisch nahtlos ins Innere, das in sanften Braun-, Rot- und Orangetönen gehalten ist – auch hier empfängt den Kunden eine „warme, heimelige“ Atmosphäre. Als Schmankerl kann die Hauskatze gelten, die zudem ein gute Menschenkenner ist und genau spürt, wer ein Katzen-Aficinado ist und wer nicht. Die Musik unterscheidet sich vom „Greenhouse“, denn hier laufen in einer angenehmen Lautstärke Songwriter- und 70er-Lieder von Clapton’s „Cocaine“ bis hin zu Canned Heats „Amphetamine Annie“. An der Wand hängt, wie sollte es auch anders sein, ein sehr cooles längliches Plakat vom Dream- und Tag-Team George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon. Die halbsurinamesische, freundliche Bedienung kann im Gegensatz zu derjenigen des „Greenhouse“ eindeutig punkten, denn sie hat Ahnung von der Materie und erklärt fachmännisch, in jedem Spa­cecake seien 0.5 Gramm Gras mit indikativer Wirkung enthalten. Der Kuchen ist saftig, aber ein komisches Geschmacksgemisch gepaart mit krassen Ge­schmacksverstärkern und Lebensmittelfarben. Der Preis hat es ziemlich in sich: 7.5 € für ein Stück, also 15 Tacken für beide, das schießt selbst für A’dam den Vogel ab. Nach einigem Warten entsteht ein sanfter, positiver Flow. Wärme, Behaglichkeit und schöne Gedanken könnten die glücklichen Vibes am ehesten umschreiben. Das Gras- und Haschsortiment des „Dampkring“ sind ausgezeichnet. Das betrifft sowohl die Auswahl als auch die Qualität. Allerdings ist das auch nicht für jeden Tag geeignet, da die Preise deutlich im oberen Drittel liegen.

 

„The Dolphins“

 

Der letzte in diesem Artikel empfohlene Coffee-Shop trägt den vielversprechenden Namen „The Dolphins“ und liegt nicht weit vom „Dampkring“ entfernt, in der Kerkstraat 39. Bei „The Dolphins“ handelt es sich um einen Geheim-Tipp. Der Shop ist recht klein und die Inneneinrichtung entspricht einem Aquarium oder dem Meer. Viele Fisch- und Delphinmuster zieren die Wände. Der Shop ist überwiegend in blau und dennoch hell und freundlich gehalten. Nur die Bestuhlung und die Tische lassen ein wenig zu wünschen übrig, da sie ein wenig an Camping-Ausrüstung erinnern. Leider hat das „Dolphins“ bei meinem Besuch keine Spacecakes mehr übrig. Die Bedienung und der Dealer sind beflissen und freundlich. Die Preise im „Dolphins“ sind geringer als im „Greenhouse“ und „Dampkring“. Und mit dem überwiegend italienischen Stamm-Publikum gerät man leicht ins Reden und Fachsimpeln. Ein wirklich entspannter Coffeeshop, der zum Verweilen einlädt und im Gegensatz zu den beiden zuerst beschriebenen Läden deutlich relaxter ist.

 

Im nächsten und letzten Teil dieser Artikel-Serie stelle ich euch noch ein wenig mehr der touristischen Sehenswürdigkeiten von Amsterdam vor und natürlich die Plätze sieben bis neun der Amsterdamer Coffeeshops. So long! CU!

 

Christian Rausch

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