Wie der Phönix aus der Asche
Text & Fotos: derBudler
Denkt man an die Schweiz, so kommen einem wahrscheinlich als erstes die magischen und mächtigen Berge in den Sinn. Doch die Schweiz hat noch mehr zu bieten als ein zauberhaftes Panorama und deliziöses Essen. Denn bei den Eidgenossen ist Cannabis seit jeher als Medizin und Genussmittel weit verbreitet gewesen. So konnte man 1957 noch Anzeigen in Zeitungen finden, die wie folgt lauteten: „Haschisch gegen Hühneraugen, Hornhaut und Warzen.“ Allerdings ging die Anzahl der cannabishaltigen Medikamente (z.B. Tinkturen aus Haschisch) immer weiter zurück, bis in den 70er Jahren nahezu alle Produkte aus den Apotheken verschwunden waren. Obwohl Cannabis aus den Apotheken verschwand und nicht mehr im Handel erhältlich war, blieb Cannabis auch weiterhin in der Schweiz heimisch und wurde heiter weiter genutzt.
Im Jahre 1995 entschied das Bundesamt für Gesundheit (BAG) der Schweiz, dass landwirtschaftliche Betriebe Cannabis ohne weitere Regularien kultivieren dürfen. Allerdings war es nicht erlaubt Cannabis als Rauschmittel zu verkaufen. Deswegen konnte man die feinen Kräuter nur als Duftkissen, Badezusatz oder Hanfblütentee erwerben. Ein neuer Geschäftszweig war geboren, mit der Zeit gab es immer mehr Läden, die die begehrten „Duftsäckli“ oder ähnliche Produkte vertrieben.
In Städten wie Zürich schätzte man, dass um die 50 Läden mit Cannabis offiziell ihr Geld verdienten. Basel hatte sogar zeitweise mehr Hanfläden als Bäckereien vorzuweisen. Dieser tiefenentspannte Vibe ließ die Schweiz zu einem Mekka der Hanfszene werden. Die ersten Schweizer Samenbanken wurden gegründet. Zum einen hätten wir da Owls Genetics, die auf ihrem Bauernhof auf über 1000 Metern Höhe ihre berühmten Strains wie die Purpurea Ticinensis (PT) züchteten. Die PT ist eine sehr robuste und delikate Sativa Genetik, die sich vor allem für den Outdoor-Anbau eignet. Eines ihrer Merkmale ist, dass sie sich, wenn es kalt wird, lila-rötlich verfärbt. Aber auch Sorten wie Owls Skunk und Heaven kamen aus dem Hause Owls Genetics und waren in der Schweiz weit verbreitet. Dann gab es noch Green Hornet Seeds, die unter anderem die Original Swiss Strawberry (OSS) zum Leben erweckten. Die OSS war auch überaus beliebt und bei Kennern schwer angesagt. Sogar die Niederländer von Green House Seeds oder Paradise Seeds hatten diverse Projekte in der Schweiz. Bei Green House Seeds kamen Strains wie die A.M.S zum Vorschein. Die A.M.S ist eine Kreuzung aus einer Swiss Indica und einer Swiss Sativa. Paradise Seeds kreierte die Swiss Bliss, eine dominante Sativa-Genetik, die ebenfalls in der Schweiz das Licht der Welt erblickte. Das waren noch Zeiten, damals gab es viele Bauern die Tonnen an Gras produzierten und dieses dann in Headshops/ Hanfläden oder auf Marktständen verkaufen ließen.
Einer der bekanntesten Bauern ist Bernhard Rappaz, ein ambitionierter Farmer, der immer zu und für Hanf steht. Mittlerweile hat er sein bewegtes Leben in einem Buch niedergeschrieben. Das Buch heißt „Der Pionier“. Leider konnten diese goldenen Zeiten nicht auf ewig so gülden schimmern. Ab 2004 wurde immer strikter und konsequenter Jagd auf Hanfläden und Bauern gemacht. Bernhard Rappaz und viele andere mussten ins Gefängnis. So ging es langsam aber sicher zu Ende mit einem florierenden Markt. Gras konnte man aber immer noch relativ einfach, gut und günstig bekommen. In vielen Städten gab es Bars, die freundlicherweise Besuch von Hausdealern empfingen. Allerdings ging der Jugendschutz verloren, da Dealer in der Regel nicht nach einem Ausweis fragten. Die Fachgeschäfte waren da meist sehr genau.
So nahm alles seinen Lauf. Die letzte Bastion war in Biel/Bienne zu finden. Hier konnte man bis 2009 haufenweise Shops aufsuchen, die immer noch Cannabis in Spitzenqualität anboten. Mir wurde berichtet, dass diese Läden als coole Klamotten- oder Plattenläden getarnt waren. Es gab aber beispielsweise auch Schneidereien, die nicht nur Hosen umgenäht haben. Hierbei darf man nicht vergessen, dass Biel das einzige kleine Gallische Dorf war, das bis zum Schluss für diese Läden gekämpft hat. Aber auch hier ging die Schlacht verloren, während der Kampf weiter ging. Also verzog man sich auch in Biel wieder viel in den Untergrund zurück, wenn es um die Beschaffung von Cannabis ging.
Das Ziel, den Konsum durch die Ausradierung der Läden zu schmälern, wurde, wie zu erwarten war, weit verfehlt. So entschied sich die Regierung 2012 dazu, zumindest den Besitz von bis zu 10 Gramm nur als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, mit einem Knöllchen in Höhe von 100 SFr. zu versehen und die Sache damit auf sich beruhen zu lassen. Durch dieses Gesetz gab es einen kleinen Lichtblick, der dem Land zu neuer Energie verhelfen sollte. Die allgemeine globale Forschung erlangte die Erkenntnis, dass Cannabidiol (CBD) auch ein nicht zu unterschätzendes Cannabinoid mit medizinischem Potenzial ist. Hinzu kommt, dass Pflanzen, deren THC-Gehalt unter 1 % liegt, in der Schweiz unabhängig vom CBD-Gehalt legal sind. Also machten sich fleißige Farmer ans Werk und züchteten die ersten CBD-Strains mit geringem THC-Gehalt. Im August 2016 war es dann soweit, das BAG hatte CPure als Tabakersatz genehmigt. Auf der Cannatrade 2016 lag überall der Duft der unterschiedlichsten CBD-Strains in der Luft. Da wurde mir klar, das ist erst der Anfang.
So fing ich an nach Firmen zu suchen, die sich mit der Produktion und dem Verkauf von CBD-haltigem Gras und ähnlichem beschäftigen. Nach Durchforstung diverser Internetseiten bin ich auf eine sehr engagierte Firma gestoßen, die ein buntes Sortiment unterschiedlicher CBD-Strains und Extrakte anbietet. Nach einigen Telefonaten mit guten Ratschlägen trat ich meine Reise an.
Mein Weg führte mich zu „Green Passion“, einem Fachgeschäft für CBD-haltige Produkte, die in Form von Blüten und Extrakten gehandelt werden. Diese werden größtenteils eigenständig von den Betreibern produziert. Wir trafen uns in ihrer gerade neu eröffneten Filiale in St. Gallen. Nach dem Agi, die Chefin von „Green Passion“, mir Ihren besten Mann im Verkauf vorstellte und wir uns mit Kaffee und Softdrinks stärkten, ging die Reise los. Wir machten uns auf den Weg durch die schönen Dörfer der Schweiz und nach einiger Zeit und kurzem Smalltalk über ihr Unternehmen waren wir am Ziel angekommen. Jetzt ging alles sehr schnell: Wie in einem Spionage-Film öffnete sich ein Rolltor, Agi fuhr zügig in die „Garage“ und das Rolltor schloss sich hinter uns, so als ob wir nie da gewesen wären. Ein lächelnder Mann öffnete Agis Autotür, es war der Gärtner.
Sein Name ist Mikey und seine Aufgabe ist es, sich um die heiligen Hallen von „Green Passion“ zu kümmern und saftige Blüten zu produzieren. Agi und Mikey führten mich in eine ihrer Blütekammern. Hier ist das Licht dauerhaft 12 Stunden an. Die restlichen 12 Stunden des Tages verbringen die Pflanzen im Dunkeln. Ich staunte nicht schlecht, als ich in einer Halle mit 1000 Purple Haze CBD-Pflanzen stand. Diese 1000 Haze-Ladies befanden sich gerade im 21. Blütetag und wurden von 72 1000-Watt-Industrie-Lampen beleuchtet.
In der Länge hängen 18 Lampen, in der Breite vier Lampen, was ungefähr 176 Quadratmetern entspricht. Um die Hitze zu regulieren, hat sich „Green Passion“ ein Lüftungssystem nach ihrem Geschmack von „Carbon Active“ produzieren lassen. In diesem Raum sind vier 11000 m3 Lüfter installiert, die die Luft absaugen. Zudem befindet sich noch eine 25.000 m³ Frischluftanlage mit integrierter Bioklimaanlage (BKA) im Gewächshaus, die schön frische und vortemperierte Luft liefert. Mit Hilfe dieser professionellen Belüftung bleibt die Temperatur am Tag konstant bei 25° Grad Celsius und geht in der Nacht nicht unter 19° Grad Celsius. Die BKA funktioniert mit Wasser. Das Prinzip ist zu vergleichen mit einem nassen Handtuch, das an ein Fenster gehängt wird. Die Luft wandert durch das nasse Handtuch und wird so gekühlt.
Doch zurück zu den Haze-Ladies. Diese waren herrlich anzusehen. Da es sich um Stecklingsgeburten handelte, waren alle sehr uniform und frei von Mängeln. Mikey erzählte mir, dass direkt, nachdem die Steckis angewurzelt sind, diese in 16-Liter-Töpfe verpflanzt werden und in ihnen dann fertig blühen. Dadurch haben die Wurzeln genug Platz, um sich zu entfalten. Das Medium seiner Wahl ist eine Mischung aus Perlite, Weiß- und Brauntorf, im Verhältnis 20/20/60. Natürlich alles ohne Nährstoffe, so kann er gleich sein eigenes Düngeprogramm anwenden. Indoor verwendet Mikey Green Garden, eine mineralische Dünge-Serie.
Bei Dünger ist vor allem darauf zu achten, dass dieser Lebensmittelecht ist und die Nährstoffe frei von Verunreinigungen, wie Blei und Quecksilber, sind. Zusätzlich verwendet der smarte Schweizer Trichoderma-Pilze (TP), um die Wurzeln zum Wachsen anzuregen und den Boden frei von schädlichen Pilzen zu halten. Darüber hinaus funktionieren TP ähnlich wie ein Enzym und aktivieren das Bodenleben. Man gibt etwa einmal monatlich 1-2 Gramm auf 10 Liter Wasser.
Wasser ist ein gutes Stichwort. Wie gießt man 1000 Pflanzen? Mikey sagt, dass er und sein Team nur in der Wachstumsphase von Hand gießen. Würde eine Person jede Pflanze einzeln gießen, so würde dieser Vorgang 12 Stunden benötigen. Während der Blütephase geht Mikey etwas anders vor. Zunächst hat er den Boden der Blütekammer in 12 Wannen unterteilt, die aus Naturkautschuk gebaut wurden. In solch einer Wanne stehen 80-85 Pflanzen. Jede Wanne wird im Durchschnitt mit 6 Lampen bestrahlt. Der Abstand zu den Pflanzenspitzen beträgt circa einen Meter. Jede dieser Wannen wird alle 2-3 Tage mit 300 Litern Wasser befüllt, so ziehen sich die Pflanzen so viel Wasser, wie sie brauchen. Den pH-Wert des Wassers hält Mikey immer zwischen 6,0 und 6,3. Durch eine installierte Osmoseanlage befreit er das Leitungswasser von unnötigen Salzen (Osmosewasser). So können nur Salze in Form von Nährstoffen den Weg zu den Pflanzen finden. Um die richtige Menge an Nährstoffen zu bestimmen, misst Mikey den EC-Wert und steigert diesen im Laufe der Blütephase bis auf 1,2. Die letzten zwei Wochen der Blütephase wird nur noch mit Osmosewasser gespült.
Um die Damen vor Ungeziefer zu schützen, verwendet „Green Passion“ nur Nützlinge, was ich persönlich äußerst löblich finde. Da in größeren Plantagen Schädlinge immer ein Problem sein können, sollte man sich seiner Verantwortung gegenüber dem Kunden immer bewusst sein, von daher Daumen hoch.
Die Kosten dieser Kammer belaufen sich auf etwa 25.000 SFr. pro Ernte. Ein Durchlauf dauert 14 Wochen, zwei Wochen bis die Stecklinge angewurzelt sind, vier Wochen Wachstum und acht Wochen Blüte. Allerdings erwartet Mikey auch einen Ertrag von 70 Kilogramm pro Kammer. Also ungefähr 0,9 Gramm pro Watt.
Es war also wirklich eine äußerst spannende Zeit bei unseren schweizerischen Nachbarn und überaus eindrucksvoll. Nachdem mir Mikey alles gezeigt und ich meine Fotos gemacht hatte, sind Agi und ich genauso unbemerkt verschwunden, wie wir gekommen waren. Denn so ein Betrieb will – auch wenn er völlig legal ist – kein großes Aufsehen erregen, damit dieser Ort noch lange ungestört weiter existieren kann. Das Anwesen wird jedoch überwacht, also keine Sorge.
Auf der Rückfahrt fragte ich Agi, wie „Green Passion“ denn an die begehrten Genetiken gekommen sind. Daraufhin erzählte sie mir, dass sie die erste Genetik über Connections bekamen und diese dann mit Hilfe von Mikey und seinem Team verfeinerten – beziehungsweise neue Sorten kreierten. So haben sie gerade die Erdbeerli als CBD-Version am Start, allerdings nur in begrenzten Mengen. Die Erdbeerli ist die Nachfolgerin der OSS, die glücklicherweise durch Alpine Seeds am Leben gehalten wurde. Die Erdbeerli CBD wird voraussichtlich dieses Jahr von Mikey und seiner Crew outdoor produziert werden.
Zurück am Laden angekommen durfte ich mir noch 2 Sorten von „Green Passion“ mitnehmen, um Hanf-Journal-Lesern und mir selbst ein Bild verschaffen zu können. Meine Wahl fiel auf die Purple Haze und die Northern Light: Die Blüten machten echt was her, sowohl optisch als auch geruchlich. Bei der Northern Light war der Duft fruchtig-süß, mit einer würzig-herben Note im Abgang. Geraucht entfaltete sich ein feines Diesel-Zitrus-Aroma, das mir und meinem von mir hoch angesehenen anonymen Tester ziemlich gut reinging. Von der Wirkung kann ich sagen, dass es bei mir durchaus meine Schmerzen gelindert hat. Ich denke auch, dass das Northern Light bei Verspannungen, Unruhe und ähnlichen Problemen helfen könnte.
Das Aroma der Purple Haze war sehr würzig und mit einer Spur von Haze versehen. Geraucht kam eher die Würze zum Vorschein, die mir und meinem Tester ebenfalls ein Genuss war, der zudem meine Schmerzen linderte. Das Wirkungsprofil ist ähnlich wie bei der Northern Light.
Alles in allem kann ich sagen, ein Besuch in der Schweiz ist aktuell sicher lohnenswert. Da manche Firmen, unter anderem auch „Green Passion“, Tabaksteuer auf ihre Produkte zahlen, darf man diese offiziell rauchen, aber erst ab 18 Jahren. Zu guter Letzt nochmals ein fettes Dankeschön an „Green Passion“, dass ihr uns einen Einblick in eure verschiedenen Heiligtümer gewährt habt, YAA MANN. Weiterhin nur das Beste für euch.
Dieser Artikel dient nur zur Information und zu Aufklärungszwecken! Cannabis ist in manchen Ländern immer noch Verboten.
Alles Gute und Highdiehoe!
Der Budler
Der Text beschreibt auf eine sehr subtile Art und Weise den roten Faden der Hanfdynastie. Das Faszinierende am roten Faden ist, dass er mit einer Leichtigkeit jede Hürde genommen hat, und durch einen Zusammenhalt der Hanfcommunity das beste aus der Situation entstand.
Der Besuch der Garage von Green Passion war sehr Lesenswert.
Danke für den Harmonischen Text.
Peace.Love.Cannabis.
Bitte nicht vergessen, die Polizei in der Schweiz macht kein Unterschied zwischen Legalem und Ilegalem Cannabis. Es wird einem genommen und mann muss ein Verfahren anzetteln sodass es getestet wird auf THC wenn weniger als 1%THC enthalten ist bekommt man es zurück (nach einiger Zeit) Autofahren ist immernoch strikt verboten auch mit dem CBD Cannabis also nur für zu Hause
Keine Strafen für freie Menschen !