Dienstag, 11. April 2017

Mann ermordet Ehefrau – Cannabis soll schuld sein

 

Anwälte plädierten im Prozess auf verminderte Schuld wegen „Reefer Madness“

 

Bild: Sadhu van Hemp

 

 

Am 14. April 2014 machte die Polizei in Denver einen grausigen Fund. Eine 44-jährige Mutter von drei Kindern lag tot in der Diele eines Einfamilienhauses – hingerichtet von ihrem Ehemann mit einem Kopfschuss. An sich kein besonderes Ereignis in den USA, wo täglich rund 90 Menschen an Bleivergiftung sterben. Auch war der Täter geständig und Zweifel an der Schuld gab es nicht.

Am Freitag bestätigte das Gericht das Urteil von 30 Jahren Gefängnis für den Täter, der bis zuletzt behauptete, dass es nicht seine Hand war, die das Schießeisen führte und abdrückte. „Hätte ich kein Marihuana genommen, würde meine Frau Kristine noch leben.“

 

Diese Verteidigungsstrategie fuhren auch die Anwälte, denn tatsächlich war der damals 46-jährige Richard Kirk stoned, als sich die Familientragödie ereignete. Ursächlich für den Gewaltausbruch sei der THC-Knabberriegel „Karma Kandy Orange Ginger“ gewesen, nach dessen Genuss Kirk halluziniert habe. Mitschuldig seien also auch Hersteller und Händler der Hanfsüßigkeit, die es versäumt hätten, ihn über die Nebenwirkungen des Genusses aufzuklären. Zudem hatte das Hanfprodukt damals noch keinen Warnhinweis auf der Verpackung. Diese Umstände seien Grund genug, Kirk verminderte Schuldfähigkeit zu attestieren und die Hersteller des Hanfriegels auf Schadenersatz zu verklagen.

 

Die Staatsanwaltschaft und Richter folgten dieser Argumentation jedoch nicht. Die Performance des Angeklagten ließ eher darauf schließen, dass Kirk an sich ein schwieriger Charakter ist und die Tat das Resultat einer ausweglosen Lebenskrise war. Die Ehe war nach 16 Jahren zerrüttet. Zeugen sagten aus, dass Kirks Frau zunehmend Angst vor ihrem Mann hatte, da er immer öfter Streit suchte, begleitet von übelsten Beschimpfungen und Flüchen („Gott wird dich strafen“). Auch hatten die Kirks finanzielle Probleme. Allein die Kreditkartenschulden beliefen sich auf 40.000 US-Dollar.

 

Unbestritten ist, dass dem tödlichen Schuss ein heftiger Beziehungsstreit vorausging. Kristine Kirk telefonierte bereits über 13 Minuten mit der Notrufzentrale und die Polizei war unterwegs, als Kirk seinen Colt aus dem Waffenschrank holte, diesen durchlud und schließlich seiner Frau eiskalt an den Kopf setzte und abdrückte. Anschließend war Kirk ins Kinderzimmer hinaufgegangen, wo er seinen damals siebenjährigen Sohn aufforderte, ihn zu erschießen. Die beiden anderen Söhne hatten sich derweil aus dem Haus geflüchtet, während zeitgleich die Polizeistreife eintraf. Kirk wurde widerstandslos festgenommen. Bei der Tatortsicherung fanden sich dann eine angebissener Hanfriegel und ein Joint.

 

Doch Kirks Strategie, der Cannabisrausch sei an allem schuld, ging nicht auf. Das toxikologische Gutachten widersprach der These des „Kifferwahnsinns“. Die Untersuchung ergab, dass Kirk zur Tatzeit 2,3 Nanogramm THC pro Milliliter Blut intus hatte. Zu wenig, um nicht mehr Herr seiner Sinne zu sein, befand das Gericht. Als Orientierung wurde der gesetzliche Grenzwert für das Führen von Kraftfahrzeugen unter THC-Einfluss herangezogen – und der beträgt in Colorado fünf Nanogramm THC pro Milliliter Blut.

 

Dumm gelaufen für den Mörder. Hätte er mal besser die Schuld einer anderen Geisteskrankheit zugeschrieben – und die heißt „Gun Madness“.

 

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1 Kommentar
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Chef
6 Jahre zuvor

Sehr guter Artikel. Nur der Titel schreckt auch die Leute vom lesen ab…

Hanf war eben nicht Schuld – wer knallt schon jemanden ab, auf Hanf, muss wohl ne ganz verlorene Seele gewesen sein.

Keine Strafen für freie Menschen.