Sonntag, 8. Januar 2017

Aufklärung über AMB-FUBINACA

 

Kritik am Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz als Retoure.

 

Spice
Foto: Archiv

 

Über die Substanz, die im vergangenen Jahr 33 New Yorker ins Traumland schickte, berichten derzeit nachträglich zwei medizinische Fachseiten, um einige neu gewonnene Erklärungen für das Phänomen abzugeben und dabei über das geltende Verbot in Deutschland aufmerksam zu machen. Aufklärung über AMB-FUBINACA.
Während im Juli 2016 noch davon ausgegangen wurde, dass es sich um gewöhnliches synthetisches Marihuana in Form von schlecht dosiertem K2-Spice-Kraut gehandelt habe, sind seit Dezember Ergebnisse aus den USA verfügbar, die den Ursprung des übertriebenen Drogenrausches definieren konnten. So soll es sich bei der festgestellten Substanz nach Laboruntersuchungen um AMB-FUBINACA handeln, das 2009 unter dem Viagra-Konzern Pfizer entwickelt und patentiert worden war. Dieses synthetische Cannabinoid muss somit – nach Angaben der Betroffenen – in den eigentlich konsumierten AK-47-24-Karat-Gold-Kräutermischungen als Inhaltsstoff vorhanden gewesen sein.

 

Der künstliche Stoff ist ein potenter Agonist am Cannabis 1 Rezeptor und hat nach In-vitro-Forschung eine 85-mal stärkere Affinität als gewöhnliches Tetrahydrocannabinol aus natürlichen Hanfknospen. Aus pharmakologischer Sicht ergaben die nachfolgenden Untersuchungen der Nutzer daher interessante Fakten, die der ursprüngliche Patentinhaber sicherlich recht gerne hört. Pfizer untersuchte AMB-FUBINACA schließlich einzig im Labor. Eine Phase III Studie habe es nie gegeben, da die Wirkung in präklinischen Studien nicht ausreichend gewesen wäre, heißt es vonseiten des Pharmakonzerns. Eine öffentliche Zurschaustellung der tatsächlichen Wirksamkeit unter zufällig ausgewählten Probanden inmitten der New Yorker Innenstadt lässt jedoch jegliche Studie im Nachhinein unnötig erscheinen und fügt sich in das bekannte Prozedere der kapitalistisch gesteuerten Pharmaagenda. Die gewonnenen wissenschaftlichen Ergebnisse des auffälligen 12. Juli 2016 sind es wert gewesen: Weder Arrhythmie, Hyperthermie, Tachykardie oder Krämpfe seien durch das ungewollt eingenommene AMB-FUBINACA ausgelöst worden – was bei anderen Derivaten wohl häufig passiere – noch konnte man Schäden am Herzen der Betroffenen oder an ihren Nieren feststellen.

 

Zur Schmerzlinderung 2009 erfunden und für die Krebstherapie geplant, kam die Laborsubstanz via asiatischen Entdeckergeist 2012 wieder ans Licht uns lässt sich seitdem bequem über das Internet als Droge per Post bestellen. Das seit 21.11.2016 geltende Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz soll den Handel, die Weitergabe, die Produktion und den Konsum aller neuen psychoaktiven Substanzen in Deutschland zwar gesetzlich unterbinden, im digitalen Servicezeitalter scheint dieser Versuch jedoch noch schwieriger durchzusetzen als das gescheiterte Cannabisverbot. Ähnlich sehen das alle kommentierenden Leser der medizinischen Publikationen, von denen die offensichtliche Widersprüchlichkeit der verfahrenen Drogenpolitik mittlerweile richtig verstanden und daher auch heftig kritisiert wird.

 

Aufklärung anders herum.

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