Mittwoch, 21. Dezember 2016

Kopenhagen will Cannabis-Modellprojekt

 

Sadhu van Hemp

 

 

Kopenhagens Stadtpolitiker lassen nicht locker. Nach drei vergeblichen Anläufen will die Hauptstadt der Dänen einen vierten Versuch starten, um auf kommunaler Ebene ein Modellprojekt zur legalen und staatlich kontrollierten Abgabe von Cannabis durchzusetzen. Bislang weigert sich die erzkonservative Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen strikt, mit der Zeit zu gehen und zumindest in der Hauptstadt versuchsweise Frieden mit der Hanfcommunity zu schließen.

 

Hintergrund des neuen Vorstoßes ist die zunehmende Drogenkriminalität, die auf Kopenhagens Straßen um sich greift und immer öfter zu Gewaltexzessen zwischen den rivalisierenden Banden führt. Ursächlich für den Stress ist die Null-Toleranz-Politik der Landesregierung, die es Polizei und Justiz erlaubt, unverhältnismäßig hart gegen Dealer und auch Konsumenten vorzugehen. Auch die Schließung der bislang geduldeten Verkaufsstände in der Pusherstreet des halbautonomen „Freistaat Christiania“ hat die Situation des illegalen Straßenhandels verschärft. Was vorher in weitgehend geordneten Bahnen lief, scheint mehr und mehr zu entgleisen – ähnlich wie in Berlin, wo ein immenser Schwarzmarkt alle Akteure inklusive der Strafverfolgungsbehörden pausenlos in Atem hält.

 

Ein Bündnis von liberalen und rot-grünen Abgeordneten will dem Spuk nun ein Ende bereiten und der Regierung einen Antrag vorlegen, der es ermöglicht, zumindest in Kopenhagen einen vernünftigen Umgang mit der wachsenden Hanfgemeinde zu pflegen, anstatt alle Nase lang die Polizei gegen Windmühlen kämpfen zu lassen. Der neue Versuch könnte diesmal sogar fruchten, da die Minderheitsregierung der rechtsliberalen Venstre-Partei nur deshalb im Amt ist, weil sie u.a von der „Liberal Alliance“ geduldet wird, also der Partei, die den Antrag ins Parlament mit einbringen will. Überdies hat sich seit dem letzten (gescheiterten) Versuch von 2014 der Wind in Sachen Hanf leicht gedreht. Die Rechtsparteien verschließen nicht mehr gänzlich die Augen vor einer Legalisierung – zumindest was Medizinalhanf betrifft. Wie auch, wenn nach letzten Umfragen 88% der Dänen für eine die Zulassung von Hanf zu Therapiezwecken sind. (Etwas mehr als die Hälfte der Befragten wünscht sich sogar eine generelle Legalisierung.)

Der Sinneswandel der Bevölkerung hatte bereits im vergangenen Monat die Regierung veranlasst, einem vierjährigen Studienprogramm zuzustimmen, das einer eng begrenzten Patientengruppe ab 2018 die Verwendung von medizinischem Cannabis unter ärztlicher Aufsicht gestattet.

 

Im Schneckentempo geht es voran in Dänemark – und das ist besser als nichts. Allerdings ist es schon traurig, dass die wirklich schönen Zeiten passé sind, als der Hippie sein Haschisch noch in „Christiana“ wie auf einem orientalischen Markt erwerben konnte. Und das ohne jede Kontrolle und Regulierung, geradeso als wäre die Rauchware legal wie des Dänen Lieblingsdroge – das Bier.

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Rainer Sikora
7 Jahre zuvor

Das Wort Droge paßt nicht zu alkoholischen Getränken.Meist sind es Kräuter und medizinisch brauchbare Pflanzenstoffe.