Samstag, 17. Dezember 2016

Den Schmerz optimal wegdampfen

 

 

Autor: Maximilian Plenert

 

 

Cannabis ist eine vielfältige Arzneimittelpflanze. Mehr als 60 Diagnosen hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beim Antrag für eine Ausnahmegenehmigung offiziell anerkannt. Trotzdem eint die Mehrheit der Patienten ein einziges und das mit Abstand wichtigste Einsatzgebiet: Schmerzen.

 

Der Einsatz von Cannabis als Medizin ist bei dieser Indikation altbekannt und verhältnismäßig gut dokumentiert. Zudem ist der Bedarf nach besseren Therapien gerade bei chronischen Schmerzen groß. Die unterschiedliche, nicht standardisierte Qualität von Cannabis und die üblichen Konsumformen wie das Rauchen machen eine Vergleichbarkeit von Untersuchungen schwierig.

 

In Israel haben Ärzte in einer kleinen klinischen Studie eine standardisierte Anwendung mithilfe eines Vaporisator untersucht. Das Ergebnis zeigt, dass bei Cannabis nicht nur eine standardisierte Verwendung möglich ist.

 

Die Konsumform des Vaporisierens bietet im Vergleich zu der Einnahme von Tabletten einige Vorteile für die Patienten. Gerade bei Diagnosen, bei denen das Cannabis einen unmittelbaren Effekt zeigt, ist der schnelle Eintritt der Wirkung bei einer Aufnahme über die Lunge nützlich. Das Dampfen von jeweils kleinen Mengen Cannabis ermöglicht eine gute Dosierbarkeit.

 

Diagnose: Schmerz

 

Etwa 17% der Bevölkerung leiden an  lang anhaltenden, chronischen Schmerzen. Bei zahlreichen Diagnosen hat das Symptom Schmerz alleine einen selbstständigen Krankheitswert. Mögliche Ursachen für die Schmerzen sind funktionelle Störungen, Verletzungen oder Neuropathien. Die erste Gruppe umfasst Migräne, verursacht durch eine Störung der Durchblutung oder Rückschmerzen aufgrund einer Fehlhaltung. Im Gegensatz dazu ist die Ursache bei Neuropathien oft entweder nicht bekannt oder nicht behandelbar.

 

Etwa ein Viertel der Schmerzpatienten leiden unter neuropathischen Schmerzen. Sie entstehen durch eine Schädigung am Nervensystem. Häufige Ursachen hierfür sind Diabetes, Krebs, die Nebenwirkungen von Medikamenten oder Alkoholmissbrauch. Bei 30% der Patienten kann die Ursache für die Schmerzen nicht gefunden werden. Neuropathische Schmerzen sind daher schwer behandelbar. Nur bei jedem zweiten Betroffenen kann eine Therapie zumindest eine teilweise Linderung erreichten.

 

Nur bei jedem zweiten Betroffenen kann eine Therapie zumindest eine teilweise Linderung erreichten.

 

Unbehandelte, schwere chronische sowie therapieresistente Schmerzen bedeuten für die Betroffenen eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität. Ihre Folgen reichen von Depressionen, Arbeitslosigkeit bis zum Suizid. Viele Schmerzpatienten finden erst spät den Weg zu einem Spezialisten und erhalten dann nach einem längeren Leidensweg eine fundierte Behandlung.

 

Generell ist die Behandlung von Schmerzen über einen längeren Zeitraum auch eine Belastung. Eine zu geringe Dosis der Schmerzmedikamente hilft den Patienten nur bedingt. Auf der anderen Seite steigen mit der Dosis auch die Nebenwirkungen. Auf zeitliche Verläufe oder Änderungen des Schmerzes kann nur bedingt reagiert werden.

 

Konsumformen von Cannabis

 

Gerade Schmerzpatienten bevorzugen die Inhalation von gerauchten oder gedampften Blüten. Bei diesen Anwendungsformen wirkt das Cannabis schnell und kann gut dosiert werden. Eine gute Dosierbarkeit von Medikamenten bedeutet ein Minimum an Nebenwirkungen. Das Dampfen ist zudem effizient.

 

Eine gute Dosierbarkeit von Medikamenten bedeutet ein Minimum an Nebenwirkungen.

 

Beim Inhalieren können neue Patienten mit sehr kleinen Dosen und ohne das Risiko von Nebenwirkungen starten. Die Dosierung kann zügig gesteigert werden, bis die gewünschte Wirkung erzielt wird oder die Nebenwirkungen zu stark werden. Der Patient kann so am einfachsten selbst die geeignete Dosis, also das optimale individuelle Verhältnis von Wirkung zu Nebenwirkungen, finden. Bei einigen Medikamenten, wozu auch Cannabis zählt, bedeutet eine höhere Dosierung nicht unbedingt ein Mehr an Wirkung. Vielmehr kann ab einem bestimmten Punkt eine Wirkungsreduktion auftreten. Die Dosis/Wirkungs – Beziehung hat dann die Form einer Glockenkurve.

 

Das Rauchen oder Dampfen von Cannabis ist flexibel bei der Auswahl der Sorte. Gut denkbar ist, dass Patienten in Zukunft von Anfang an ein ganzes Sortiment Blüten verschrieben bekommen und dann selbst durchtesten können.

 

Cannabis wird aktuell von Ärzten vorwiegend in der Form standardisierten Produkten eingesetzt

 

Cannabis wird aktuell von Ärzten vorwiegend in der Form von Dronabinol-Kapseln oder dem Sativex-Spray eingesetzt. Beide Formen sind standardisierte Produkte, aber bei Patienten weniger beliebt. Als Vorteile sind die sehr einfache Anwendbarkeit eines Sprays und die längere Wirkungsdauer bei oral aufgenommenen Kapseln zu nennen. Nachteilig ist bei Sativex der enthaltene Alkohol, der in der Dauerbehandlung Schäden im Mundraum verursachen kann. Der verzögerte Wirkungseintritt bei Dronabinol-Kapseln macht es schwieriger und langwieriger die optimale Dosierung zu finden. Auf spontan auftretende Schmerzen kann nicht so gut reagiert werden. Übelkeit und Erbrechen können die Aufnahme erschweren.

 

Das Beste aus beiden Welten zusammenbringen

 

Für die klinische Forschung und den medizinischen Einsatz ist eine standardisierte Konsumform erforderlich. Für das Rauchen von Cannabis mit Tabak ist dies schwerlich möglich. Mal ganz davon abgesehen, dass Ärzte sich kaum mit dieser Anwendungsform werden anfreunden können.

 

Standardisierung erfordert einen bekannten Wirkstoffgehalt, eine dosierbare Menge und wiederholbare Konsumvorgänge

 

Für das Vaporisieren erfordert eine Standardisierung drei Komponenten:

 

– Die verwendeten Cannabisblüten müssen einen bekannten Wirkstoffgehalt aufweisen. Das ist bei in Deutschland bei einem Bezug aus der Apotheke gegeben. Ein gleichbleibender Wirkstoffgehalt wäre optimal, aber nicht notwendig.

 

– Die Cannabismenge muss dosierbar sein. Eine Feinwaage und ein Grinder sind hier eine Option, aber auch ein Aufwand für jeden Konsum. Schlauere Ansätze sind gut vorstellbar.

 

– Ein Vaporizer, der eine ähnliche und damit wiederholbaren Konsumvorgänge erlaubt.

 

 

Zur Studie

 

Im Rahmen einer offenen klinischen Studie wurde in Israel der Syqe Inhaler Exo getestet. Der  Vaporizer ist ein zugelassenes Medizinprodukt und verfügt über ein vorgefülltes Magazin mit einzelnen Portionen. Jede Portion enthält eine bestimmte Menge Cannabisblüten, in diesem Fall von der niederländische Firma Bedrocan. Die 15 Milligramm Cannabis Flos entsprechend einer Einzeldosis von nur drei Milligramm THC pro Konsumvorgang.

 

Mit acht Patienten wurde das Gerät, die Pharmakokinetik des inhalierten Cannabis sowie  Wirksamkeit und Sicherheit der Therapieform getestet. Die Teilnehmer erhielten bereits medizinisches Cannabis zum Rauchen und litten an chronischen neuropathischen Schmerzen.

 

Alle Probanden zeigten einen ähnlichen Verlauf der THC Konzentration in ihrem Blut. 20 Minuten nach der Inhalation einer Dosis sank der gefühlte Schmerz um durchschnittlich 45% ab. Nach 90 Minuten endete die Wirkung. Die Teilnehmer berichteten von einer leichten Benommenheit als einzige Nebenwirkung. Diese bestand nur für den Zeitraum um den Wirkungseintritt.

 

Fazit

 

Die Untersuchung zum Vaporisieren von Cannabis aus Israel stellt einen wichtigen Schritt zur Normalisierung von Cannabis als Medizin dar. Sie zeigt, dass mit Cannabisblüten eine standardisierte Anwendung möglich ist. Damit kann den Vorlieben und Bedürfnissen der Patienten ebenso Rechnung getragen werden wie den notwendigen Standards für klinische Forschung und Anwendung. Das Cannabis in dieser Konsumform ist bezüglich der Faktoren schneller Wirkungseintritt sowie genaue Dosierbarkeit gegenüber anderen Therapien im Vorteil.

 

Die Untersuchung zeigt, dass mit Cannabisblüten eine standardisierte Anwendung möglich ist und weitere Vorteile bietet.

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1 Kommentar
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Go4heartbeat
7 Jahre zuvor

Liebe Hanffreunde, lieber Maximilian,
es wäre besser die Zwischen-Headlines vor den entsprechenden Inhalten statt dahinter zu platzieren. Also so wie in der Presse üblich und es liest sich dann so auch besser!
Beispiel:
“Die Untersuchung zeigt, dass mit Cannabisblüten eine standardisierte Anwendung möglich ist und weitere Vorteile bietet.”
“Die Untersuchung zum Vaporisieren von Cannabis aus Israel stellt einen wichtigen Schritt zur Normalisierung von Cannabis als Medizin dar. Sie zeigt, dass mit Cannabisblüten eine standardisierte Anwendung möglich ist …”