Freitag, 2. September 2016

Methadon-Verweigerung im Gefängnis verstößt gegen Menschenrechte

 

Europäischer Gerichtshof spricht Kläger Recht zu

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Einem Insassen der JVA Kaisheim in Bayern wurde in den Jahren seiner Haft eine Substitution mit Methadon verwehrt. Der Betroffene ist seit seiner Jugend heroinabhängig und zudem HIV-positiv und an Hepatitis C erkrankt. Nach seiner Entlassung hatte der Mann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg geklagt. Gestern hat das Gericht entschieden. Laut der Entscheidung der Richter hat Bayern in dem Fall gegen die Menschenrechte verstoßen, weil dem Häftling eine benötigte Versorgung verwehrt blieb. Der Gesundheitszustand des Mannes sei unzureichend bewertet worden und die Behandlung sei unmenschlich gewesen, hieß es in dem Urteil.

 

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) ist es jeder Haftanstalt selbst überlassen, ob sie ein Methadon-Programm für Gefangene anbietet. Das Bayerische Justizministerium verkündete als Reaktion auf das Urteil, dass «aufgrund der ganz besonderen Umstände des Einzelfalls eine genauere Prüfung der Indikation einer Substitution notwendig gewesen» wäre. «Wir werden die Entscheidung zum Anlass nehmen, die Anstalten nochmals zu sensibilisieren, um so künftig in vergleichbaren Konstellationen eine noch bessere Prüfung des jeweiligen Einzelfalls zu gewährleisten». Die Sprecherin des Ministeriums wies darauf hin, dass die Vergabe von Methadon eine ärztliche Entscheidung bleibe. Das Gericht hatte in seiner Urteilsverkündung darauf hingewiesen, dass es nicht zu entscheiden habe, ob der Gefangene Methadon hätte erhalten müssen.

 

Der Mann war von 1991 bis 2008 in einem Substitutionsprogramm und erhielt auch nach seiner Haftentlassung wieder Methadon vom Arzt verschieben. Vieles deutete darauf hin, dass eine Behandlung im Gefängnis nötig und erfolgreich gewesen wäre. Die Richter machten deutlich, dass ein Gefangener im Gefängnis nicht schlechter versorgt werden dürfe als in Freiheit. Laut den Zahlen der DGS schwankt die Zahl der Insassen, die mit Methadon behandelt werden jedoch erheblich. Während in Nordrhein-Westfalen zehn und in Berlin vier Prozent aller Gefangenen eine Ersatzbehandlung mit Methadon erhalten, sind es in Bayern nur 0,4 Prozent. Im Juli waren deshalb in einer Haftanstalt in Würzburg rund 50 vornehmlich drogenabhängige Insassen in den Hungerstreik getreten, um unter anderen eine Substitution mit Methadon zu erhalten.

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2 Kommentare
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substi
7 Jahre zuvor

Da sieht man mal wieder, wie entmenschlicht Bayern mit kranken Menschen umgeht, wenn sie glauben er wäre süchtig und somit selber Schuld an seiner Situation! Es besteht kein Unterschied zwischen dem Süchtigen, der täglich seine Medizin braucht und dem Krebskranken, der täglich seine Dosis Schmerzmittel benötigt! So kann aber Mor(d)ler & Co. schön auf eine Gruppe einschlagen ohne aus der Bevölkerung Repressionen befürchten zu müssen; “sind ja bloß Junkies…”! ….und trotzdem Menschen mit Rechten!

Littleganja mit Ausnahmeerlaubnis
7 Jahre zuvor

Das man überhaupt klagen muss um seine Medizin zu bekommen ist schon krank und benötigt extra Medizin!