Freitag, 21. August 2015

Interview mit Morgan Heritage

von Janika Takats

 

„Cannabis und Kapitalismus kommen zusammen, denn damit lässt sich das große Geld machen.“

 

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Bild: Rootdown Promotions

 

 

Die Royal Family of Reggae ist nicht nur mit einem neuen Album zurück, sondern hat für die Veröffentlichung auch ein eigenes Label gegründet und nimm die Fäden nun komplett selbst in die Hand. Morgan Heritage sind zwischen Brooklyn, New York und Jamaika aufgewachsen und haben daher einen guten Überblick über die Veränderungen, die die teilweise Re-Legalisierung in beiden Ländern mit sich bringt. Während ihres Europabesuchs zum Album-Release von „Strictly Roots“ stand uns Mojo Morgen für ein Interview zur Verfügung. Im Oktober geht die Band auf große Deutschland Tournee, also haltet Ausschau!

 

Ihr seid jetzt schon eine ganze Weile auf Tour. Wie läuft es?

 

Die Albumrelease Tour von unserem neuen Album „Strictly Roots“ läuft super. Das Album ist erst seit ein paar Tagen draußen und ist schon in den Top 10 der Reggae-Album Charts auf iTunes in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und überraschenderweise auch in der Schweiz. Das Album ist unsere zehnte Studioveröffentlichung und spiegelt den aktuellen Stand der Reggae-Musikindustrie wieder. Reggae ist keine rein jamaikanische Musik. Jamaika wurde zum Mekka einer Musik, die die ganze Welt erobert hat und weiter wächst. Es gibt britische, französische, deutsche, amerikanische, afrikanische und japanische Reggae-Stars. Das ist großartig für die Musik, ich denke allerdings, dass die Medien und die Künstler, die in der Szene an vorderster Front stehen darüber nicht genügen sprechen. Statt dessen wird von einer neuen Reggae-Bewegung geredet und ich denke – verzeih den Ausdruck – das ist Bullshit, weil es respektlos ist gegenüber hart arbeiteten Künstlern wie Gentleman, Alborosie, Patrice, SEEED, Rebellition, Jay Boog, Gappy Ranks oder Stylo G. Es macht für mich keinen Sinn wenn Leute von einem Reggae Revival sprechen, denn Reggae war immer lebendig und man kann nicht etwas wiederbeleben, das niemals tot war. Es hat nur eine Verschiebung stattgefunden. Von einer jamaikanischen Sache hin zu einem globalen Phänomen.

 

Was hat euch dazu bewogen das neue Album auf einem eigenen Label zu veröffentlichen?

 

Vorher waren wir bei VP Records. Sie haben viel für uns getan und dafür sind wir überaus dankbar. Jetzt fühlt es sich so an, als hätten wir die Universität abgeschlossen und müssen uns nun allein durchschlagen. Als wir 2012 nach unserer Pause die „Return“ EP und 2013 das Album „Here Come the Kings“ herausbrachten, haben wir festgestellt, dass unserer Publikum gut zehn Jahre jünger geworden ist, obwohl sie doch hätten älter werden müssen. Uns ist dann klar geworden, dass ‘Counscious’ das neue ‘Cool’ ist, dass es cool ist sich mit spirituellen Themen auseinander zu setzten. Daher haben wir auch unser Label „Cool To Be Conscious“ genannt.

 

Wollt ihr auch andere Künstler unter Vertrag nehmen?

 

Perspektivisch wollen wir auch andere Künstler unter Vertrag nehmen. Dabei wollen wir uns allerdings nicht nur auf unsere Artists konzentrieren, die schon in unserem Genre oder auch außerhalb bekannt sind, sondern auch auf internationale Reggae-Künstler. Das Label erlaubt es uns mit diesen Künstlern zu arbeiten und gleichzeitig eine neue Generation von Fans zu erreichen. Diese Generation ist ungeduldig und will alles sofort bereit und aufbereitet zur Verfügung haben. Deshalb haben wir eine kostenlose App für Apple und Android kreiert, die uns direkt mit unseren Fans verbinden soll und die den Fans auch erlaubt selbst aktiv in der Community zu werden. Fans können sich so über unsere Musik informieren und gleichzeitig in Austausch miteinander treten. Vergleichbare Apps gibt es bereits in anderen Genres, doch wir sind die ersten, die das in der Reggae-Szene machen. Am Ende geht es um Inhalte. Wir haben die technischen Möglichkeiten mit unseren Fans zu interagieren und es ist uns gelungen ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, doch diese müssen wir auch halten können. Es geht darum, dass die Leute aktiv bleiben und sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen.

 

Vor einigen Jahren habt ihr euch jeweils mehr auf eure Soloprojekte konzentriert. Ist diese Phase vorbei?

 

Wir arbeiten immer noch an unseren eigenen Projekten, allerdings eher außerhalb des Musikgeschäfts. Ich arbeite zurzeit an einer Schmuckkollektion, Gramps hat seine Farm, Una entwirft eine Parfum-Reihe, Lukes macht nebenbei das Management und das Booking für andere Künstler. Er hat gerade das Management von Raging Fyah übernommen und kümmert sich um das Booking von Taurus Riley in verschiedenen Regionen der Welt. Wir haben unsere Marken etabliert und sie werden weiterhin bestehen. Für die nächsten zwei Jahre liegt unser Fokus jedoch auf dem neuen Album. Wir waren lange Zeit nicht auf Tour. Jetzt ist es wieder an der Zeit. Nach unserem Aufenthalt in Europa geht es in die USA, wo wir neben Künstlern wie Luciano, Third World, Cocoa Tea oder Billy Ocean auf diversen Festivals auftreten werden. Danach gehen wir auf eine Dream-Tour, wie ich sie nennen, da es schon lange ein Traum von mir war. Wir gehen zusammen mit Stephen und Damion Marley, Taurus Riley und Morgan Heritage und auch Stephen Marelys Sohn Jo Mersa, der auch auf unserem Album vertreten ist. Jermere wird auch dabei sein, genau wie Christopher Ellis und viele weitere. Vier Wochen lang. Im Oktober und November sind wird dann wieder in Europa auf einer sechswöchigen Tour. So lange warten wir jahrelang nicht mehr da. Wir wollen kleinere Shows spielen, um unseren Fans nahe zu sein.

 

In den letzten Monaten und Jahren hat sich viel in Bezug auf die Legalisierung von Marihuana in den USA und auch auf Jamaika getan. Wie beurteilst du diese Entwicklung?

 

Es ist inzwischen überall in den Nachrichten – Cannabis und Kapitalismus kommen zusammen, denn damit lässt sich das große Geld machen. Die Menschen müssen realisieren, dass Marihuana niemals irgendwem geschadet hätte. Man hört keine Geschichten von Leuten, die sich unter Marihuana-Einfluss zu Tode fahren, wie es bei Alkohol der Fall ist oder, dass sie an einer Überdosis gestorben wären. Darauf sollte das Hauptaugenmerk bei jeder Droge liegen. Marihuana birgt medizinisch und finanziell gesehen mehr Nutzten als Schaden. Was wir nun tun müssen, ist sicherzustellen, dass die junge Generation einen verantwortungsvollen Umgang damit erlernt. Dazu gehört auch dafür zu sorgen, dass sie erst in einem Alter damit anfangen, in dem sie bewusste Konsumentscheidungen treffen können. Momentan ist es wichtig die Veränderungen anzunehmen und willkommen zu heißen, denn Marihuana wird auf globale Akzeptanz stoßen und das eher früher als später. Wenn ich sehe, dass Cannabis jetzt auf Jamaika legal ist, finde ich das inspirierend. Es ist zudem ermutigend, denn ich weiß wie viele Rasta darunter gelitten haben. Es ging uns nie darum, uns unsere Bong vor dem Regierungssitz anzuzünden. Alles was wir wollten war in Ruhe unseren Spliff zu rauchen und über die Wirkung zu meditieren. Marihuana ist heilig für die Rasta. Viele nutzen es auch einfach zur Entspannung und dafür sollte niemand verfolgt werden. Diese Veränderungen beobachten wir und niemand sollte überrascht sein, wenn wir eines Tages in den Marihuana-Handel einsteigen.

 

Lieber Ihr als irgendwer sonst. Immerhin besteht die Gefahr, dass das Geschäft von den ‘falschen Leuten’ übernommen wird, einfach weil die das Geld haben. Siehst du darin eine Gefahr?

 

Das passiert schon. Es wird nicht unbedingt von den falschen Leuten übernommen, doch die Regeln werden so sein, dass die Leute, die damals wegen Marihuana bestraft und vielleicht sogar eingesperrt wurden, nicht ins Geschäft einsteigen können. Das läuft überall so, wenn man erst mal einen Eintrag in der Polizeiakte hat. Das gleiche gilt für die Leute, die Marihuana auf der Straße verkauft haben. Sie können es kaufen, doch sie werden nicht in der Lage sein ein offizielles Geschäft daraus zu machen. Diese Menschen sind ins Gefängnis gewandert, für Vergehen, die in Ländern wie den Niederlanden, schon lange zur Normalität gehören. Der Umstand, dass es jetzt legal ist und man nicht mehr Repressionen ausgesetzt ist, wie Peter Tosh zu seiner Zeit, sollte gefeiert werden. Auch wenn viele nicht die Möglichkeit haben werden ins Geschäft einzusteigen, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen, können sie jetzt trotzdem in Frieden ihre Tüte genießen und müssen keine Angst mehr haben. Das ist doch das wichtigste.

 

Ihr seid jetzt schon seit 20 Jahren im Geschäft. Wie hat sich euer Stil mit der Zeit verändert?

 

Wir gehören zweifellos zu den Größten im Reggae-Business. Die Leute sehen uns als Legenden und denken dabei automatisch, dass wir alt wären, weil man schließlich nicht über Nacht zur Legende wird. Wir sind dankbar, dass wir diese wundervolle Möglichkeit in unseren Leben bekommen haben und wir freuen uns über die jahrelange Unterstützung unserer Fans. Wir wollen die „Rollings Stones of Reggae“ werden und noch viele Jahre weiter machen. Wir haben bei einem der größten Labels in den USA mit Reggae beeinflusster Popmusik angefangen. Wir haben die digitale Ära auf Jamaika mitgemacht und waren dabei als Live-Instrumente wieder ihren Weg auf die Bühne fanden. Dazu haben wir einen großen Beitrag geleistet. Später haben wir mit anderen Genres wie Rock oder Elektro experimentiert und dann von ca. 2004 bis 2007 wurde der Sound wieder etwas entspannter. Mit dem neuen Album haben wir viel riskiert. Die ganze Promotion liegt jetzt in unserer Hand und wir sind froh ein tolles Team um uns zu haben, das uns unterstützt.

 

Mit Gramps Sohn Jermere ist die dritte Generation eurer Familie im Musikgeschäft. Wie unterscheidet sich euer ‘Erbe’, welches ihr damals von eurem Vater übernommen habt von dem Jermeres?

 

Ich glaube für ihn ist es einfacher, weil Morgan Heritage heute global bekannt ist. Unser Vater hat damals bahnbrechendes geleistet, weil er der erst Reggae-Artists war, der eine Cross-Over Nr. 1 Platte in den USA und in Großbritannien hatte und der erste Reggae-Künstler, der bei einem Major Label unter Vertrag genommen wurde. Wir sind damals in seine Fußstapfen getreten wie Jermere jetzt in die Fußstapfen seines Vaters tritt. Es ist für ihn einfacher, weil es viele Leute gibt, die ihn unterstützen. Er wird nicht berühmt nur weil er Gramps Sohn ist, wie auch Ziggi Marley nicht berühmt wurde, weil er Bobs Sohn ist. So läuft das nicht in unserem Geschäft. Er wird sich beweisen müssen, wie alle anderen auch, doch er wird mehr Beachtung bekommen auf Grund seiner Herkunft. Wir hingegen mussten uns diese Beachtung erst erarbeiten. Dafür wird von ihm viel erwartet werden und er wird sich an dem Erfolg seines Vaters messen lassen müssen.

 

Vielen Dank für das Interview.

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1 Kommentar
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Jemand
8 Jahre zuvor

Ist zwar offtoppic aber : Wieso macht ihr Werbung für den Shayana Shop !? Hier verkauft man nämlich Legal Highs! Ich erwwrte von euch nun eine Erklärung und eine offizielle Distanzierung von diesem Shop!