Mittwoch, 5. August 2015

Wann fällt die SPD?

Die Front bröckelt langsam

 

Von Michael Knodt

 

Grafik: Alexander Prümm
Grafik: Alexander Prümm

 

 

Endlich passiert das, worauf bekennende Cannabis-Konsumenten schon seit Jahrzehnten warten: Die Argumente, die sich eigentlich gar nicht geändert haben, werden jetzt angehört und die öffentliche Diskussion über Sinn und Unsinns des Verbots findet offener denn je statt. Nun, wo das große Geld aus Übersee auch schon an der Tür klopft, fällt gerade die Bastion, die bislang unverrückbar die Prohibition gestützt hat: Die SPD schwenkt langsam um.

 

Das Hanf Journal hat schon vor vielen Jahren vorausgesagt, dass ein regulierter Cannabis-Markt nolens volens nicht ohne die SPD zu machen ist. Die „Global Denken-lokal Handeln“-Strategie der „Legalizer“, die im Laufe der letzten Jahre verstärkt von der Cannabis Social Club Bewegung, den zahlreichen Global Marijuana Marches und auch nicht zuletzt dank vieler anderer Initiativen sowie zahlreicher Hanfverbands-Ortsgruppen verfolgt wird, zahlt sich langsam aus. Die SPD hat Druck von unten bekommen, weil sich Gabriel und andere führende Genossinnen und Genossen über Jahre hinweg als stur erwiesen haben. Erst waren es nur ein paar SPD-Ortsgruppen, die sich der Evidenz basierten Diskussion und dem Charme der Argumente nicht mehr widersetzen wollten. Auch die Jusos waren nach langer Abstinenz wieder häufiger auf Pro-Cannabis Veranstaltungen zu sehen. Dann hatte mit dem Berliner Thomas Isenberg plötzlich ein Landespolitiker mit Unterstützung seines Berliner Kreisverbandes die Seiten öffentlich gewechselt. Seitdem lassen immer mehr Sozialdemokraten ihre Berührungsängste fallen: Allen voran der bayrische Landesverband und die Bremer SPD. Der SPD-Bürgermeister der Hansestadt, Carsten Sieling, will es jetzt sogar der Grünen Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, nachmachen und zusammen mit den Grünen den ersten Antrag für ein Coffeeshop-Modellprojekt stellen, an dem die SPD aktiv mitgewirkt hat. Ebenso hat die Bremer Koalition angekündigt, den Besitz Geringer Mengen nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen und die Führerscheinstellen anzuweisen, ihre Praxis so zu ändern, dass nur noch wirklich berauschte Fahrer Probleme bekämen. Das klingt noch sehr gut, doch die Ankündigungen der Bremer Landesregierung müssen auch mit der Führerscheinverordnung, dem Betäubungsmittelgesetz und diversen Gerichtsurteilen im Einklang stehen. Ob man in Bremen in Zukunft wirklich keine Anzeige mehr für ein Gramm erhält oder Post von der Führerscheinstelle bekommt, obwohl man sich an das Nüchternheitsgebot gehalten hat, wird sich zeigen. Deshalb hat sich die Koalition in ihrer Erklärung auch ein kleines Hintertürchen offen gelassen: „[…], wenn es der rechtliche Rahmen zulässt, “ heißt es genau genommen.

 

Wieso nicht über den Bundesrat?

 

Genau deshalb fordern auch die Bayern SPD und die Bremer Koalition die Bundesregierung auf, das Betäubungsmittelgesetz mithilfe einer unabhängigen Expertenkommission zu evaluieren. Aber wirklich etwas ändern können auch die Landespolitiker der SPD nicht. Deshalb ist es auch nur begrenzt mutig, sich als SPD-Landespolitiker für eine wie auch immer geartete Erleichterung einzusetzen. Die SPD sitzt in der Bundesregierung und ist immer noch die zweitgrößte Partei des Landes. Solange der Bundesvorstand seine Haltung zu Cannabis nicht revidiert, fällt es schwer, den Sozialdemokraten zu trauen. Nicht umsonst fordert Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann ihren Parteichef auf, „sich endlich mal locker zu machen und gemeinsam einen durchzuziehen“. Dessen aktuellste Antwort auf abgeordnetenwatch.de ist zwar schon zwei Jahre alt, lässt allerdings anderes vermuten. „ […]. Daher halten wir an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus und des Inverkehrbringens von Cannabis fest. Die dieser Haltung entsprechenden Regelungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) stehen für uns nicht zur Disposition.“

 

Sollten sich die Sozialdemokraten nicht langsam mal auf Bundesebene locker machen, wird es schwierig, den Genossen auf Landesebene zu trauen. Die könnten über den Bundesrat noch ganz andere Dinge machen als nur Anträge für Modell-Projekte stellen oder des Pudels Kern umschiffen, indem sie von „echter Entkriminalisierung“ reden, anstatt die Worte „Regulierung“ oder gar „Legalisierung“ zu verwenden. Eine Bundesratsinitiative der SPD und Grün regierten Länder könnte die Bundes-SPD ganz schön ins Rudern bringen. Wenn man wirklich wollte.

 

 

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