Samstag, 4. April 2015

Das Cannabis-Glaubwürdigkeitsgesetz

Kretschmann schadet nicht nur Konsumenten

von Michael Knodt

 

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Mit der Vorstellung des Cannabiskontrollgesetzes (siehe News) haben die Grünen im Deutschen Bundestag einen längst überfälligen Schritt getan, der mehr zum Thema Cannabis-Regulierung zu bieten hat als die bisher üblichen, bloßen Lippenbekenntnisse. Cem Özdemir hat Cannabis gar zur Chefsache gemacht (exzessiv Folge 287) und man möchte fast meinen, die Grünen meinen es diesmal ernst. Besonders der Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen zeigt, dass man sich im Hauptstadtbüro mit Details beschäftigt hat, die bislang im Rahmen der Diskussion kaum interessierten. Ob Gras dann 2017, wie Herr Özdemir vorhersagt, wirklich legal wird, ist auch bei einer Grünen Regierungsbeteiligung eher unwahrscheinlich, eine Lockerung kann man angesichts des fast 70-seitigen Papiers jedoch schon erwarten.

 

Aber trotz der Bemühungen auf Bundesebene hat die Parteien ein Glaubwürdigkeitsproblem auf Landesebene. Allen voran konterkariert Ministerpräsident Kretschmann die Bemühungen auf Bundesebene, der in Baden-Württemberg nicht einmal bereit ist, einen Cannabis-Hardliner wie Innenminister Gall daran zu hindern, zur fröhlichen Konsumentenjagd zu blasen. Aber auch in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder in Bremen haben die Grünen es nicht geschafft, die SPD von der nach wie vor harten Linie abzubringen. Özdemir hat zwar Recht, wenn er im Rahmen des exzessiv-Interviews argumentiert, das Betäubungsmittelgesetz werde auf Bundesebene geändert. Das heißt aber nicht, dass es auf Landesebene keine Instrumente gibt, die den Grad der Repression steuern können: Die Geringe Menge, die Einstellungspraxis, der Umgang der Fahrerlaubnisbehörden mit Gelegenheitskonsumenten oder auch die Umstände, die Grundrechteingriffen wie einer Hausdurchsuchung vorangehen müssen, liegen durchaus im Einflussbereich einer Landesregierung.

 

Es ist offensichtlich, dass Kretschmann ein Problem mit dem eigenen Parteibeschluss hat, es aber nicht laut sagen kann oder will. Er redet immer nur von „Liberalisierung“ oder davon, Dealern oder dem Schwarzmarkt das Wasser abzugraben. Worte wie „Cannabis-Fachgeschäft“, „Verbraucherschutz“ oder „Modellprojekt“ gehören anscheinend gar nicht zu seinem Vokabular, obwohl sie seit langer Zeit fester Bestandteil Grüner Drogenpolitik sind. Da kommt ein SPD-Innenminister auf Kifferjagd, der den Schwarzen Peter spielt, doch ganz gelegen. In der Online-Sprechstunde der Landesregierung brummelte der Ministerpräsident dann auch einen kaum verständlichen Satz in die Kamera, die ein Licht auf seine bürgerfeindliche Haltung in Sachen Gras wirft: „Ich kann ja nicht Politik danach machen, wer wählt mich und wer nicht. Ich meine wo kämen wir denn da hin? Man muss schon fragen, was ist das richtige für das Land und seine Menschen.“

 

Loyaler Landesvater hin oder her, bei keinem anderem Thema besäße ein gewählter Politiker die Frechheit, die eigenen Wähler/innen so zu düpieren. Bei Frauenrechten, Atomkraft oder anderen Grünen Kernthemen hätte er sich das kaum gewagt, mit den Kiffern kann man’s ja machen. Außerdem wäre es, wie er selbst so schön sagt, angesichts der Kriminalisierung zahlreicher harmloser Bürger/innen, wichtig für das Land und seine Menschen, deshalb stand es auch im Wahlprogramm. Die Quittung gibt es angesichts der medialen Präsenz der Debatte und der vielen Betroffenen im „Ländle“ bei den Landtagswahlen im nächsten Jahr – falls nicht gerade mal wieder ein Atomkraftwerk in die Luft oder der Stuttgarter gegen ein wahnwitziges Großprojekt auf die Straße geht. Auch Parteikollegin Renate Künast musste einst im Berliner Wahlkampf überrascht feststellen, dass unqualifizierte Äußerungen zu Cannabis sehr wohl Stimmen kosten können.

 

Kretschmann schadet mit der Rechtfertigung von Leibesvisitationen (so geschehen im Rahmen der Bürgersprechstunde am 15.1.2015 in Wiesloch) am Heidelberger Hauptbahnhof nicht nur Cannabiskonsumenten, sondern seiner ganzen Partei. Hier setzt sich gerade ein Bild eines Grünen Landesvaters in den Köpfen fest, der das Aushebeln von Grundrechten derer duldet, die sich seine Bundespartei als neue Ziel- und Jungwählergruppe auserkoren hat. Das kann auf Dauer kaum gut gehen.

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9 Kommentare
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Der Optimist
8 Jahre zuvor

Nach den Landtagswahlen im Februar nächstes Jahr bekommt er dir Rechnung dafür. Auch in der Asylpolitik hat er die Stellung der faschistischen schwarzen Nullen übernommen. Es scheint so als wolle er sich die Option einer Koalition mit der von den Nazis gegründeten Partei (wer’s nicht glaubt: einfach mal informieren wer hinter Adenauer die Strippen. gezogen hat) nicht verbauen. Als angeblicher Grüner!!!
Hiess es nicht mal ‘Wehret den Anfängen’ ?
Es wird höchste Zeit dass wir die Faschisten aus dem Parlament jagen…

Lars Rogg
8 Jahre zuvor

Jaaa die Grünen. Was soll man zu den noch sagen??? Das der Özdemir bei der Ankündigung, von wegen 2017 mit dazugehöriger Legalisiserung- seiner Zukunftsvision, mehr als nur einen zu tiefen Zug aus der Bong genommen hat, steht ausser Frage. Beim Kretschmann hört aber tatsächlich der Spass auf. Ich vermute langsam das das einfach ein Problem der ” christlich Konservativen” Kaste ist. Auf der ganzen Welt nerven die religiösen Hardliner aus der Ecke. In Holland waren es diese, die das Coffeeshop Modell auszuhölen begannen. Über die Teaparty in den USA muss ich nix sagen….ganz, ganz tiefe Schublade. Die CDU/CSU, SPD bzw die Grünen ( alle christlich Konservativ- auch die Arbeiterverräter) machen da wohl einfach keine Ausnahme. Bei uns in BW zeigt… Weiterlesen »

Ralf Blandowski
8 Jahre zuvor

Das ganze erinnert mich auch ein bisschen an eine mediale Inszenierung der Grünen. Löblich das Thema in den Bundestag zu bringen, schön wenn der Bundesvorstand der Grünen Cannabis zur Chefsache macht, aber am Ende müssen sich auch die Grünen fragen was springt für die Bürger bei rum? Die Grünen regieren in mehreren Landesparlamenten mit und was hat sich da groß geändert? Beispiel NRW wo ich herkomme: Da wird in einer aktuellen Debatte die NRW Drogenpolitik als Erfolg der Landesregierung angepriesen. Als super tolles Zusammenspiel zwischen Justizminister und der Gesundheitsministerin. Dann schauen wir uns diesen Erfolg mal genauer an: Es werden in NRW Menschen von der Polizei angezeigt weil sie eine Coffeeshop Kundenkarte dabei haben. Wohlgemerkt kein Gramm Cannabis sondern nur… Weiterlesen »

Stürmchen
8 Jahre zuvor

Gaaaaanz richtig…….diese Grünen sind so (leider) nicht mehr wählbar !

Ganz aktuell haben die Grünen in Hamburg es zu einer lächerlichen “Prüfung
eines Modellprojekts zur Cannabisabgabe” geschafft, sehr schwach.

Wie wäres es mit: entweder liebe SPD ihr bewegt Euch oder ihr sucht Euch einen anderen Partner !!!

Was seit Ihr GRÜNEN nur für Waschlappen

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Antwort an  Ralf Blandowski
8 Jahre zuvor

Welch wahre Worte. Genau so siehts aus!

Sheep
8 Jahre zuvor

Hier der Beitrag der verlogenen Grünen/Stellungnahme zur Legalisierung in Ingolstadt

http://blickpunkt-ingolstadt.de/politik/15248-schmerzstiller-oder-kaffeegenuss.html

Sheep
8 Jahre zuvor

Verlogenes grünes machtgeiles Gesindel!

Was ist übrig von den großen Worten, in Hamburg aktuell NICHTS außer heiße Luft. Alle großen Pläne wie zb. Modellprojekt Coffeeshop, Legalisierung ua. vergessen. Geopfert dem Koalitaonspartner SPD, Machterhalt statt wählerinteressen bzw. Machtgeilheit und ekelhaftes verlogenes anbiedern an den Wähler.

Lars Rogg
Antwort an  Sheep
8 Jahre zuvor

Unglaublich was dieses Pack für einen Dreck schreibt (CDU/CSU). Von wegen aufgeklärt, echt zum kotzen!!!

Hero Lucky King Unchanged
8 Jahre zuvor

Und das ganze Deppentheater wegen Unkraut, das Diabetes, Schlaganfall, Alzheimer, Herzinfarkt und Parkinson etc. verhindert, wenn man das Unkraut Hanf vorher ab und zu mal konsumiert. Wie viele kranke Menschen sterben eigentlich während der ganzen Diskussion?
Und die Verantwortung der vielen Toten übernimmt Frau Mortler und Herr Gröhe. Super, dann haben wir wenigstens Verantwortliche für die Toten und dem Saustall in Deutschland. Also Kranke, sterbt fröhlich weiter, eure Medizin muss noch von extrem gescheiten Menschen totdiskutiert werden, so wie ihr armen Kranken auch. Aber die Rechnung begleichen dann Mortler und Gröhe in bar aus ihrem Privatvermögen.