Mittwoch, 14. Januar 2015

Musitipps Januar 2015

Von Michael Melter

 

Olli Banjo
Hits und Raritäten

 

Ollibanjo

 

Der aus Aschaffenburg stammende Rapper Olli Banjo legt eine mit 60 Songs vollgepackte Triple-CD vor, die einen ziemlich runden Überblick über sein gesamtes musikalisches Schaffen von 2001 bis 2014 gibt. Für die, die ihn noch nicht kennen: Neben einigen überdurchschnittlich guten politischen und sozialkritischen Texten („Deutschland“, „Tagesschau“) fehlen natürlich auch nicht die Songs mit dem klassischen „Ghetto“-Feeling, musikalisch wie textlich („Nashorn“ und „Denkmal“ mit Kool Savas) oder die schon poppigen Songs mit fettem Sound wie „Dein Leben ist jetzt“ – einer der vier neuen Songs und auch seine neue Single. Neben Kool Savas sind auch Jonesmann, Curse, Marsimoto, Sido und Moe Mitchell dabei. Highlights wie „Comprende“ mit „Die Firma“ fehlen natürlich genau so wenig wie „Mädchen aus den Slums“. Auch einige Songs aus den ersten Jahren sind auf dem Sampler. Für Rap-Fans, die seine Songs noch nicht kennen: Empfehlenswert. Olli arbeitet bereits an seinem nächsten Album „Wunderkynd“, welches wohl im Sommer 2015 veröffentlicht wird.

 

www.ollibanjo.de
Foto: Ballyhoo media

 

Soviet Suprem
L‘Lnternationale

 

FACING-SOVIET-SUPREM-L'INTERNATIONALE-I-TUNES

 

Ja, es ist keine neue musikalische Richtung: Balkan/Osteuropa goes Pop, mal gepaart mit Rap, mal mit ein bisschen Klezmer. Aber die Variante, die Soviet Suprem mit dem Album „L‘Internationale“ vorlegt, hat einen ganz eigenen Charme: Die Songs werden auf Französisch gesungen, haben ganz klassische Elemente der typischen Balkan-Musik („Bolchoi“) oder russische Balalaika („Rideau de fer“), kombiniert mit French-Rap und Chanson. Oder gehen, wie der Opener „J‘Débarque“, direkt in das Tanzbein, ideale Musik für eine ausgelassene Party á la Russendisko mit ein bisschen Eastern Hip-Hop. Auch eine Ballade im slawischen Stil („Slow Slavic“) fehlt nicht, hier ergänzen sich französische Aussprache und die musikalische Melancholie des Ostens. Anleihen beim „Turbo Folk“ und ironisch-böse Texte („Chien de Pavlov“) oder gar das ausborgen von lateinamerikanischen Cumbia-Rhythmen bei „Cumbalkania“ machen das Album zu etwas besonderem: Einer musikalischen Weltreise durch Musikstile, die in ein osteuropäisches Themen-Korsett eingespielt werden, welches aber nicht beengt, sondern ein kreatives Album präsentiert, welches wirklich Spaß macht. Kaufen.

 

www.sovietsuprem.com
Foto: Ballyhoo Media

 

 

Grace Griffith
Passing Through

 

Grace-GriffithPassing-Through-Cover

 

Klingt nach original irisch-keltischer Musik, ist aber von der Amerikanerin Grace Griffith, die nach mehr als acht Jahren mit „Passing Through“ ein Album voller wunderbarer Songs von verschiedenen Komponisten vorlegt. Ihre klare und melancholische Stimme trägt alle Lieder – moderner Folk mit traditionell keltischer Handschrift. Ihre Stimme steht immer im Vordergrund, getragen, stark und doch gebrochen, was den besonderen Reiz ausmacht. Ihre persönliche Geschichte – sie leidet seit langem an der Parkinson‘schen Krankheit – trägt mit Sicherheit zu der Dichte der Songs bei. Freunde, Partner und Musiker haben dabei geholfen, eine Atmosphäre in den Songs herzustellen, die emotional sehr ergreifend ist. Ihre Interpretation von „Nature Boy“ (1948, Original von Nat King Kole, auch gesungen von David Bowie u.a.) ist großartig, ebenso Bridgid‘s Shield (welches auch in den Soundtrack von „Der kleine Hobbit“ passen würde) oder das a capella gesungene „WoodThrush‘s Song“. Ganz irisch dann wieder „I Wish My Love Was A Red Rose“. Country & Folk at it‘s best.

 

www.gracegriffith.com
Foto: Wilde+Schneider

 

Feine Sahne Fischfilet
Bleiben oder Gehen

 

FeineSahneFischfilet_BleibenOderGehen_Cover

 

Die sechs Jungs aus Mecklenburg-Vorpommern machen Punk(soft)rock mit Ska-Elementen. Alles mit ein bisschen Pop aufgefrischt. Passt. Nicht modisch, aber dafür ganz klassisch. Geradlinig, mit Texten, die politisch und kritisch sind, mit Bläser-Riffen aus dem Ska, mit typischen Punk-Gitarren-Riffen („Glitzer im Gesicht“), gut produziert, aber wenige Male auch ein wenig zu rund, zu sanft. Im Gesamtbild erinnert die Band sogar an eine Mischung von Ärzten und Toten Hosen aus der frühen Zeit, ohne jedoch deren Aggressivität zu wiederholen. Was die Band zusätzlich sympathisch macht, ist ihre klare antifaschistische Haltung, im Verfassungsschutzbericht werden sie sogar als linksextrem bezeichnet: Eher ein Kompliment, denn eine staatskritische Haltung ist Teil einer offenen Kultur. Anspiel-Tipps: „Wut“, musikalisch wie textlich überzeugend, „Lass uns gehen“ und „Warten auf das Meer“. Werde mir die Mal live ansehen, soll ziemlich abgehen. Empfehlung. Zukunftspotential. Abwechslungsreich, prima Texte, schöne Songs, tolles Booklet. Hören, entspannen, mitsingen. Läuft.

 

www.feinesahnefischfilet.de
Foto: Audiolith

 

 

DJ Spinna
The Sound Beyond Stars

 

DJ-Spinna-the-sound-beyond-stars-Cover

 

Dieses Doppelalbum ist ein Must für den House-Fan, es dokumentiert die18 besten Remixe des amerikanischen DJs Spinna aus Brooklyn, New York, der seit den 90ern seinen ganz eigenen Stil entwickelte und damit auch heute noch erfolgreich ist und begeistert. Es ist kein wirkliches Deep-House Album, aber ein ursprünglicher, immer tanzbarer und von Jazz, HipHop, karibischen und lateinamerikanischen Einflüssen geprägter Sound mit mal sanft, mal hart treibenden Beats – als chilliger Hintergrund ebenso geeignet wie als Großstadt-Soundtrack für nächtliche Aufenthalte in Clubs oder im Kopfhörer als Begleiter für „Can‘t sleep nights“. „Days like this“, sein überragender Remix (ein Meisterwerk) des Briten Shaun Escoffery, aber auch seine Latin-Soul-Mixe sind zeitlos, perfekt produziert, nie langweilig und man kann einfach nicht ruhig sitzen bleiben. Zwei Scheiben voll guter, grooviger Soul-House-Musik für entspannte und anregende Stimmungen.

 

www.djspinna.com
Foto: BBE Records

 

A Band of Crickets
inter larvas

 

a-band-of-crickets-inter-larvas-Cover

 

Aww! Das ist ein geiles neues Band-Kollektiv aus Berlin/Potsdam. Nach zwei EPs folgt nun das Debut-Album. A Band of Crickets hat gleich als Newcomer einen eigenen Stil, der spielerisch stilistische Anleihen bei Björk, Portishead sowie Brian Eno und David Sylvian nimmt. Ohne diese zu kopieren. Klingt groß? Das ist groß. Sounds mit einer Prise Retro-80er-Synthie-Pop, experimental, theatralisch, dramaturgisch faszinierend. Der Beat ist tief, der Bass noch tiefer, die Songs bestehen aus komplexen Strukturen, die ineinander übergehen, sich überlagern, elektronischer House-Pop, teils gedubbt, teils sphärisch, jazzig, verspielt, düster ohne depressiv zu sein. Das Kollektiv tritt mit dunklen Masken auf, (Albumtitel: inter larvas = unter Masken), die Auswahl der Songs und ihre brillante Umsetzung faszinieren sofort, betören, sind so gut, das man das Album zum Teil auch als Endlosschleife hören könnte (zum Beispiel die Ouvertüre Aurora). Eines der vielversprechendsten neuen Band-Projekte mit internationalem Potential!

 

www.abandofcrickets.com
Foto: Ballyhoo Media

 

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