Dienstag, 2. Dezember 2014

Woher der Sound kommt – Part II

Die moderne Club-Kultur und ihre Wurzeln in Jamaika

 

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Das Shalamanda Sound System aus Wien hat zusammen mit Martin Winkler und Jakob X. die Geschichte jamaikanischer Soundsysteme recherchiert und sie auf dem diesjährigen Rise ‘n Shine Festival im österreichischem Falkenstein als Ausstellung präsentiert. Unsere Redaktion war ob der akribischen Arbeit begeistert und hat sich entschieden, diese Ausstellung als dreiteiligen Artikel im Hanf Journal zu präsentieren. Big Up nach Wien und viel Spaß beim Lesen des zweiten Teils!

 

 

1967 Lee „Scratch“ Perry The Upsetters Label

1973  Black Ark Studio

 

Lee Perry, The Congos & Junior Murvin vor dem Black Ark StudioDVDTIPP
Lee Perry, The Congos & Junior Murvin vor dem Black Ark Studio

 

Lee Scratch Perry ist 1936 in Jamaika geboren und wohl eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Entwicklung des Reggae, Ska und Dub in Jamaika. Bekannt geworden ist er vor allem durch seine exzentrische Art sowie durch seinen äußerst gewagten Umgang mit Effekten und Mischpult. Er startete als Plattenverkäufer bei Sir Coxsone’s Downbeat. Perry arbeitete mit ProduzentInnen wie beispielsweise Prince Buster oder King Tubby zusammen und nahm über 40 Songs für Studio One auf, bevor er mit Joe Gibbs eine Zeit lang kooperierte und anschließend 1968 sein eigenes Label Upsetter gründete. Infolgedessen arbeitete er auch mit Bob Marley & The Wailers zusammen und sorgte für Hits wie z.B. Mr. Brown.

1973 baute Perry sein eigenes Studio, das Black Ark Studio, das in weiterer Folge zu einem kreativen Zentrum der lokalen Musikszene Jamaikas wurde. Beinahe jede/r erfolgreiche jamaikanische Reggaekünstler dieser Ära nahm in diesem Studio auf, das 1979 jedoch durch Flammen zerstört wurde. Die genaue Brandursache konnte nie ermittelt werden, es wird jedoch davon gesprochen, dass der Erschaffer selbst die Entscheidung getroffen hatte, das Studio niederzubrennen. Bis heute ist Lee Perry aktiv und arbeitet mit Größen wie Sinnaed O’Connor, Adrian Sherwood, Mad Professor oder The Clash zusammen. Durch seine Arbeit wurden viele spätere Künstlerinnen inspiriert, darunter zum Beispiel auch Bands aus anderen Genres, wie die Rolling Stones, die Red Hot Chilli Peppers oder The Prodigy.

 

 

1958-1970 Erste Generation in England

 

Island Records / Duke Reid The Trojan (UK) / Lloyd Coxsone The Matador / King Tubby’s Soundsystem / Admiral Bailey’s King Edward Hi Power

 

 

Unbekannter UK Soundsystem Dance in den 1960ern (Auf dem Lautsprecher im Hintergrund steht Ouak City)
Unbekannter UK Soundsystem Dance in den 1960ern (Auf dem Lautsprecher im Hintergrund steht Ouak City)

 

Durch die erste große Immigrationswelle nach England wurden auch dort die ersten Soundsysteme schon sehr früh ansässig. Vor allem in Bristol und Brixton, wo die Westindische Community hauptsächlich beheimatet war, entwickelte sich eine eigene Szene, die maßgeblich an der Geschichte von Reggae – vor allem des Lovers Rock – beteiligt war. Soundsysteme stellten eine wichtige Verbindung zur Heimat dar und waren im Hinblick auf Identitätspflege von enormer Bedeutung. Die ersten zu erwähnenden Soundsysteme waren hier Duke Reid, der sich nach dem jamaikanischen Vorbild benannte und durch Verträge exklusive Rechte auf Treasure Isle Veröffentlichungen bekam. Ebenso zu erwähnen ist Lloyd Coxsone, welcher bei Duke Reid (UK) begann und kurze Zeit darauf mit seinem Soundsystem namens Lloyd the Matador startete, dass er später zu Lloyd Coxsone umbenannte. Auch Admiral Bailey hat in dieser Zeit sein Soundsystem gegründet, das eine Zeit lang unter dem Namen King Edward Hi Power aktiv war, was einerseits wiederum eine jamaikanische Namensadaption war und andererseits an den einzigartigen Röhrenverstärkern lag. Dieses Soundsystem wurde später von Mikey Dread & Jah T übernommen – heute bekannt unter Channel One Sound. Der Name entspringt ebenso dem jamaikanischen Vorbild, was Mikey Dread durch Verträge mit dem Channel One Studio in Jamaika möglich machte.

 

 

1970-1985 Zweite Generation in England

 

Dennis Bovell / Jah Suff erer Sound / Channel One / Jah Tubby / Notting Hill Carnival / Saxon Sound / Jah Shaka / Aba Shanti I / David Rodigan / Adrian Sherwood / Mad Professor

 

Dennis Bovell aka. Blackbeard in den Gooseberry Studios in London Ende der 70erWoher
Dennis Bovell aka. Blackbeard in den Gooseberry Studios in London Ende der 70er

 

In dieser produktiven Dekade wurden viele Einflüsse, sowohl die der ersten Generation von Soundsystemen, als auch jene aus Jamaika, in England zusammengeführt. Neben den Soundsystemen ist vor allem David Rodigan zu erwähnen, der als Radio DJ unglaubliche Arbeit geleistet hat. Sein einzigartiger Stil und sein Zugang zu den KünstlerInnen aus Jamaika haben ihn zu einem der berühmtesten Radio DJs des Reggaegenres avancieren lassen. Er hat bereits alle namhaften „Sound-Clashs“ gewonnen und genießt auch in Jamaika großen Respekt. Des weiteren ist „Jah Sufferer Sound“ zu erwähnen, der von Dennis Bovell gegründet wurde und eine große Inspiration für viele der heute noch bekannten und wegweisenden Soundsysteme war. Auch Jah Tubby’s Sound wurde in diesem Jahrzehnt gegründet. Bekannt war Jah Tubby’s aufgrund seines vergleichsweise starken Soundsystems sowie seinen selbst gebauten Verstärkern und Vorverstärkern, die bis heute noch von den Sound-Pionieren gebaut und unter Soundmen teuer gehandelt werden. Sein Sound brachte einige renommierte Deejays und Singer hervor, wie Jasmin Joe (heute bekannt als Aba Shanti I), Dixie Peach oder den Jungle/Drum & Bass Pionier Stamina MC. Bereits vor dieser Zeit entstand durch politische Unstimmigkeiten und vor allem durch die Unterdrückung der Einwanderer aus der Karibik die Notwendigkeit einer friedlichen Demonstration. Als Reaktion auf die Notting Hill Riots etablierte sich zu dieser Zeit der Notting Hill Carnival, der als Ausdruck eines friedlichen Protest und der Pflege karibischer Tradition jährlich durch die Straßen Londons zieht. In dieser Dekade entstanden sehr viele Soundsysteme, von denen heute leider nur sehr wenige aktiv und bedauerlicherweise noch viel weniger bekannt sind. Als Ausnahmen wären hier „Saxon Sound“ oder „Channel One“ zu nennen.

 

 

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