Donnerstag, 16. Oktober 2014

Interview mit Ali Campbell (UB40)

Von Janika Takats

 

„Es ist absurd, dass Marihuana illegal ist. Es ist genau so dumm wie Kartoffeln zu verbieten.“

 

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Foto: Community Promotion

 

Die britische Reggae-Band UB40 dominierte wie keine andere die Reggae-Szene Großbritanniens. Sage und schreibe 70 Millionen Alben verkauften sie im Laufe ihrer Karriere. Interne Unstimmigkeiten führten schließlich dazu, dass Frontmann Ali Campbell 2008 die Band verließ. Er ging eigene Wege. Begleitet wurde er von Keyboarder Mickey, der UB40 kurze Zeit später verließ. Inzwischen hat sich Astro als drittes ehemaliges Bandmitglied den beiden angeschlossen. Zu dritt lassen sie den UB40-Spirit, den die Fans nach wie vor hören wollen und lieben, wieder aufleben. Das neue Album „Silhouette“ liefert dafür den Beweis und war der Anlass für nachfolgendes Interview.

 

 

Hallo Ali, ich komme vom Hanf Journal aus Deutschland, einer Zeitung, die sich für die Legalisierung von Cannabis als Medizin und Genussmittel einsetzt.

 

Das ist ja toll. Ich bin schon lange davon überzeugt, dass Marihuana legalisiert werden sollte, daher unterstütze ich euch und finde euren Einsatz super.

 

Das freut mich zu hören! Kommen wir zur ersten Frage: Du bist ja schon eine ganze Weile im Musikgeschäft. Erinnerst du dich noch an dein erstes Konzert?

 

Ja klar! Man vergisst sein erstes Konzert nie (lacht). Es war die Geburtstagsparty einer Bekannten. Wir waren alle sehr sehr SEHR aufgeregt. Wir ließen unsere Drinks fallen und hängten uns die Gitarren schon 10 Minuten vor dem Beginn der Show um. Das Ergebnis war, dass wir uns gegenseitig die Instrumente in die Seite hauten. Der Auftritt war verschwommen. Wir waren einfach zu nervös. Das erste halbe Dutzend an Shows lief ähnlich ab. Wir haben Zeit gebraucht bis wir mit dem Wechsel vom Probenraum zur Bühne klar kamen. Der Sound war ein völlig anderer. Da muss jede Band durch. Diese Erfahrung muss man machen und man muss üben, um eine gute Tourband zu werden. Boygroups und die Gewinner irgendwelcher TV-Sendungen machen diese Erfahrung nicht. Wir hatten Glück. Chrissie Hynde, die Sängerin der Pretenders, hat uns damals in London spielen sehen und hat uns in ihre Tour aufgenommen.

 

Du hast die Band gegründet nachdem du ein paar Jahre arbeitslos warst. Gab es einen Karrierepfad, den du eigentlich beschreiten wolltest?

 

Nicht wirklich. Wir waren für drei Jahre arbeitslos. Wir waren das Produkt von Margret Thatchers Großbritannien. Deren Wirtschaftspolitik hat die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben. Am Anfang haben wir uns um Arbeit bemüht, doch irgendwann sanken die Hoffnungen und wir verbitterten. Wir gründeten die Band, um Gelder für eine Art Gewerkschaft für Arbeitslose zu sammeln, die den Leuten helfen sollte, die finanzielle Unterstützung zu bekommen, die ihnen eigentlich von staatlicher Seite zustand. Unsere ersten Gigs drehten sich hauptsächlich darum. Aus der Idee wurde dann leider nichts, weil so eine Gewerkschaft nicht erlaubt war. Aber wir machten mit der Band weiter.

 

UB40 hat über die Jahre viele Erfolge feiern können. Warum hast du dich 2008 dazu entschieden die Band zu verlassen?

 

Missmanagement war der Hauptgrund. Ich war unzufrieden mit der Art wie unsere Geschäfte abgewickelt wurden und ich hatte das Gefühl keine Kontrolle über die Dinge, die passierten zu haben. Als ich mit den Jungs darüber sprechen wollte, fand ich heraus, dass die quasi mit dem Management unter einer Decke steckten und Dinge hinter meinem Rücken geschahen. Ich habe meinem Bruder Duncan von den Problemen erzählt. Er gab mir damals den Rat, dass ich aufhören sollte für UB40 zu singen bis ich die Informationen hatte, die ich wollte. Ich habe seinen Rat befolgt und das nächste was ich mitbekam war, dass Duncan UB40 beitrat und meinen Platz einnahm. Das war einfach unvorstellbar und total verrückt. Heute gibt es zwei UB40s. Mein UB40 mit den Originalsängern und dann das andere bei dem Typen singen, die unsere Hits nie eingespielt und aufgenommen haben. Letztendlich bleibt es die Entscheidung des Publikums wen sie sehen wollen.

 

Wie ging es für dich direkt nach deinem Austritt weiter?

 

Ich habe fünf Jahre damit verbracht um die Welt zu touren, wie ich es immer getan habe. Ich habe drei Alben aufgenommen, die alle in den Top 20 landeten. Ich habe also weiter Reggae gemacht. Mickey, der Keyboarder, hat die Band mit mir zusammen verlassen und wir waren von da an zusammen unterwegs. Astro, der Trompeter und Perkussionist, hat die alte Band Ende letzten Jahres verlassen und sich uns angeschlossen. Er ging zum einen wegen dem schlechten Management, aber auch weil die Band ein Country-Album aufgenommen hat, was einfach nicht sein Ding war. Er kam zu uns, weil er wusste, dass wir strikt Reggae machen. Unsere Liebe zu Reggae hat uns also wieder vereint. Als wir mit UB40 angefangen haben, war es unsere Mission Reggae bekannter zu machen und an dieser Mission hat sich bis heute nichts geändert. Wir hatten seitdem tolle Shows. Unser Publikum wird größer und größer und inzwischen spielen wir vor zehntausenden Menschen. Die Country-Shows der anderen sind da wesentlich kleiner. Die Leute stimmen mit ihren Füßen ab.

 

Ausgehend von deinen bisherigen Erfahrungen, welches sind die Dinge, die du in Zukunft anderes machen möchtest?

 

Das wichtigste ist sich mit Leuten zu umgeben, denen man vertrauen kann. Wenn ich Songs aufnehme und auf Tour gehe, kann ich mich nicht gleichzeitig noch um das Geschäftliche kümmern. An irgendeinem Punkt muss man auf Leute vertrauen. Ich hoffe, dass ich jetzt die richtigen Leute um mich habe.

 

UB40 unterscheidet sich in seinem Stil vom karibischen Reggae…

 

Wir wollten nie wie eine jamaikanische Band klingen. Wir wollten eine britische Reggae-Band sein. Wir haben uns die Musik selbst beigebracht, indem wir die Aufnahmen von Sly & Robbie hörten und dazu spielten. Unsere Lehrer waren quasi Jamaikaner, doch wir wollten auch unseren eigenen Sound haben. Wenn du dir die Musik anhörst, die ich heute mache, klingt sie wesentlich mehr nach jamaikanischem Reggae, hört sich aber immer noch nach UB40 an.

 

Dein erstes Soloalbum hast du auf Jamaika aufgenommen. Was war das für eine Erfahrung?

 

„Big Love“ war mein erstes Soloalbum aus dem Jahr 1994. Wenn ich eine Solokarriere gewollt hätte, hätte ich 1994 damit begonnen. Ich wollte nie aus UB40 aussteigen. Ich wurde quasi dazu gezwungen meine eigene Band zu verlassen. Es gefällt mir allerdings trotzdem Soloalben aufzunehmen und über alles die Kontrolle zu haben. UB40 hat insgesamt 24 Alben aufgenommen. Einige Leute haben behauptet UB40 wäre zu einer Coverband geworden. Tatsächlich bestanden aber nur drei Alben von uns aus Coverversionen. 21 Alben enthalten unser eigenes Material, darunter auch unser meist verkauftes Album „Promises and Lies“ von dem wir 10 Mio. Exemplare verkauft haben.

 

Bis du immer noch regelmäßig auf der Insel?

 

Wenn ich rüber fliege, bleibe ich meistens in den wunderschönen Blue Montains. Ich habe über 14 Jahre auf Jamaika gelebt. Ich hatte dort mein eigenes Zuhause und bin bis zu meiner Scheidung immer wieder auf die Insel geflogen. Heute bleibe ich meistens auf dem Strawberry Hill, wenn ich drüben bin. In Kingston mache ich Aufnahmen mit Sly Dunbar und Robert Shakespeare. Sie sind gute Freunde von mir. Wenn ich nicht mit meiner eigenen Band unterwegs mit, arbeite ich mit den beiden. Zusammen haben wir auch andere Künstler wie Bitty McLean produziert.

 

Wie schätzt du die derzeitige Entwicklung des Cannabis-Verbots ein?

 

Jeder auf Jamaika raucht Marihuana oder baut es sogar selbst an. Für Afrika und viele andere Teile der Welt gilt das gleiche. Das gilt natürlich auch für Großbritannien. Der Markt für Anbauutensilien floriert dort. Es ist absurd, dass Marihuana illegal ist. Es ist genau so dumm wie Kartoffeln zu verbieten. Marihuana ist eine Heilpflanze und medizinisch vielseitig einsetzbar. Es regt den Appetit an und hilft dadurch Patienten trotz schwerer Kranken weiter zu leben, weil sie wieder richtig essen können und dadurch zu Kräften kommen. Marihuana bewirkt Wunder bei Menschen mit MS oder Glaukomen. Abgesehen davon macht es dich irie und kann dich Gott näher bringen. Die Amerikaner haben Schulden. Sie haben so viel Geld dafür ausgegeben Menschen zu töten. Ihrer Wirtschaft geht es schlecht und sie wissen, dass sie durch die Besteuerung von Marihuana enorme Summen einnehmen werden. Deshalb wird es in immer mehr Staaten legal werden. Momentan gibt es noch das Problem, dass die Banken das Geld nicht annehmen dürfen. Dafür wird sich früher oder später eine Lösung finden, denn die Profite die für die Staaten dabei rausspringen sind enorm. Das gleiche wird für andere Länder gelten. Auch die deutsche Regierung wird irgendwann realisieren wie viele Steuern sie durch Marihuana einnehmen könnte.

 

Was kannst du uns über dein neues Album „Silhouette“ erzählen?

 

Das Album habe ich in St. John’s Wood aufgenommen, in dem berühmten RAK Studio, das einmal Mickie Most gehörte. Mickie war ein großer Produzent in den 60ern und hat unter anderem mit The Animals gearbeitet. Auf dem Album befinden sich sieben Covers und sieben Originalsongs. Ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es war bereits im Dezember letzten Jahres fertig. Nachdem Astor sich mir angeschlossen hatte, sind wir aber immer wieder zwischen den Shows unserer momentanen Welttournee ins Studio gegangen und haben ihn in die Songs integriert. Das Album klingt wie ein energiegeladenes neues tolles UB40 Album. Ich bin mir sicher, dass die Fans es lieben werden, besonders nachdem die anderen dieses Country-Album aufgenommen haben.

 

Werdet ihr drei weiterhin zusammen bleiben oder wirst du deine Solokarriere weiter verfolgen?

 

Jetzt da Astro bei uns ist, werden wir weiter machen. Ich denke das Publikum ist wirklich glücklich uns zusammen zu sehen. Wir haben eine fantastische Band mit elf Leuten auf der Bühne. Wir haben auf der ganzen Welt gespielt und hatten nicht eine schlechte Show. Wie gesagt, es war nie mein Ziel meine Karriere allein zu bestreiten. Wir werden weiter machen und unsere Fans begeistern.

 

Vielen Dank für das Interview.

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2 Kommentare
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Freiwald, Angelika
7 Jahre zuvor

Ich hatte gerade das Vergnügen UB40 in Kapstadt zu sehen 5. November 2016 und habe ebenfalls mit drei Bandmitgliedern persönlich gesprochen, (John, Don und Slowley) die Show war absolut super. Da ich z. Zt. in Südafrika bin, wäre es schön, wenn UB 40 das nächste Album “African Dreams” nennen würde. Locations und Unterkünfte (Luxus) Studio etc. kann ich hier organisieren. Leider kann ich das neue Album hier noch nicht bekommen, an der Gardenroute dem Paradies von SA, viele Menschen hier sind darüber enttäuscht, es geht hier um die CD und nicht MP3 oder der gleichen. Tausend Grüße an Alle UB 40 Bandmitglieder.
Love from Angie

Michael Koppe
7 Jahre zuvor

Gestern war ich im UB40 Konzert in der Hamburger Markthalle. Leider wusste ich beim Ticketkauf nichts von der Tatsache, das es inzwischen zwei UB40 Bands gibt.
Einmal die, meiner Meinung nach, Originalband mit Ali und seinen zwei weiteren Gründungsmitgliedern von UB40. Für mich ist diese Band deshalb das Original, weil die Songs von UB40 aus der Feder von Ali kamen und er die einzig echte UB40-Stimme ist.
Ich hatte leider Tickets für den anderen Haufen und es war in der Tat nicht der gewohnte UB40 Sound. Auf das Konzert hätte ich gerne verzichtet, wäre ich informierter gewesen.