von Janika Takats
„Cannabis birgt Stoffe in sich, die Leben retten können.“
Foto: Red Fox
Wie die meisten jamaikanischen Dancehall Interpreten begann Red Fox schon im Kindesalter damit seine musikalischen Skills zu trainieren. Im Geschäft Fuß zu fassen begann er allerdings erst nach seinem Umzug nach Brooklyn. Nach seinem Durchbruch war er dort nicht nur der erste Dancehall Artist, der aus New York von einem Major-Label unter Vertrag genommen wurde, er war 1990 auch der erste Dancehall Artists, der die Möglichkeit erhielt bei der Jay Leno Show (NBC) aufzutreten. Damit ebnete er den Weg für die Mitglieder seiner Crew (Shaggy u.a.) und alle anderen Künstler, die nach ihm kamen. Sein Hit „Bashment Party“ feat. Rayvon, sorgt heute immer noch für Stimmung in den Clubs und dürfte nicht nur eingefleischten Fans ein Begriff sein. Auf dem Reggaejam hat sich der Fuchs die Zeit genommen uns ein paar Fragen zu beantworten.
Du bist auf Jamaika aufgewachsen und dann als Teenager in die Staaten gegangen. Was war der Grund dafür?
Meine Mutter lebte in den USA seit ich drei Jahre alt war. Sie wollte, dass ich zu ihr komme und in New York zur Schule gehe. Vorher habe ich bei meinen Großeltern gelebt, da mein Vater starb als ich fünf war. Damals hatte ich nicht die Wahl in Jamaika zu bleiben oder in die USA zu gehen. Meine Mutter wollte, dass ich komme. Ich war damals erst 16, also bin ich ihr gefolgt. Am Anfang war die Umstellung nicht leicht, aber nach einer Weile habe ich mich an die neue Umgebung gewöhnt und mich angepasst. Ich hatte meine Freunde und verschiedene Freundinnen und habe mir mit der Zeit mein Leben in Brooklyn aufgebaut. Ich habe einige Male versucht nach Jamaika zurückzukehren und dort zu leben, aber es hat nie funktioniert, also bin ich immer wieder nach New York zurückgekehrt.
Wusstest du schon bevor du ausgewandert bist, dass du Musik machen willst oder hat sich das erst in New York entwickelt?
Ich habe im Alter von 11 Jahren angefangen zu singen und Reime zu schreiben, damals noch hauptsächlich in der Schule. Als ich dann in Amerika war, war es für mich wesentlich einfacher mit Sound Systemen in Verbindung zu treten. In Jamaika kommen die meisten großen Sounds aus den ärmeren Gegenden, aus den Ghettos. Um dort Anschluss zu finden, muss man im Prinzip in diesen Stadtteilen wohnen, was ich nicht getan habe. Außerdem gab es immer eine Menge Leute, die ebenfalls bei dem Sound aufgenommen werden wollen. Da musste man sich hinten anstellen.
In New York war das einfacher. Dort haben die Leute von Anfang an mein Talent erkannt und zu schätzen gewusst. Puma von LP International ist mit mir zur High-School gegangen. Wir haben als Teenager gegeneinander geclashet und irgendwann wurde ich Teil von LP. So kam eins zum anderen und ich habe mir einen Namen gemacht.
Wie bist du zu deinem Namen Red Fox gekommen?
Das war zu der Zeit als ich noch auf Jamaika lebte. Ich habe damals gegen einen Typen namens Punk Buster in Spanish Town geclashet. Damals hatten wir nur eine Jukebox. Wir nahmen die Instrumentale von bekannten Songs, die wir mochten und rappten über dem Beat. Der Typ hat mir während des Clashes gehörig den Hintern versohlt, also bin ich am nächsten Tag zu seiner Schule, um ihn zu suchen. Ich wollte eine Revanche fordern. Während ich nach im suchte, hört ich auf einmal jemanden „Red Fox“ rufen. Ich drehte mich um und sah Punk Buster, der mich gerufen hatte. Den Namen hab ich also von ihm.
Ich habe meine Revanche bis heute nicht bekommen. Ich bin immer noch auf der Suche nach dem Kerl, aber konnte ihn bis jetzt nicht ausfindig machen. Dieses Mal würde ich bestimmt gewinnen (lacht) wobei ich gar nicht weiß, ob er überhaupt noch singt.
Du arbeitest viel mit Shaggy zusammen. Woher kennt ihr euch?
Shaggy und ich kennen uns seit den späten 80er/frühen 90er Jahren. Ich bin damals zuerst als Artist rausgekommen und habe eine Crew namens Ruff Entry gegründet. Shaggy war eins der Mitglieder zusammen mit Screechy Dan, Bajja Jedd, Nikey Fungus Mr. Easy und Rayvon. Wenn einer von uns gebucht wurde, waren die anderen auch am Start. So haben wir uns vernetzt. Wir hatten unsere Songs auf den gleichen Riddims und sind so gemeinsam aufgetreten. In letzter Zeit arbeite ich auch viel mit Shaggys Label Ranch Entertainment zusammen. Ich nehme Songs bei dem Label auf, bin aber auch gleichzeitig ein Partner und trage dazu bei junge Artists zu entwickeln. Sting International ist unser Produzent. Von ihm stammen alle unsere großen Hits. Nach alle den Jahren arbeiten wir wieder zusammen und das mit Erfolg.
In New York war es für dich einfacher durchzustarten. Wie ist es im Vergleich dazu in Europa aufzutreten?
Es ist anders – wie zwei verschiedene Welten. Die Leute in New York haben eine sehr intensive Energie. Das System ist anders und das Leben härter. Man steht unter Druck und muss ständig in Bewegung bleiben. Viele Menschen sind nur einen Gehaltscheck von der Straße entfernt. Dem entsprechend hoch sind die Erwartungen wenn es darum geht sich zu amüsieren. Das Publikum erwartet für sein Geld eine ausgezeichnete Unterhaltung. Als Entertainer muss man sich anstrengen, um die Crowd mitzureißen. Die Leute lassen dich wissen, wenn sie mit deiner Vorstellung nicht zufrieden sind. Dadurch steht man unter Druck, was natürlich auch ein enormer Ansporn ist. In Europa hingegen sind die Leute dankbarer. Auch wenn sie nicht der größte Fan sind von dem was du machst, zeigen sie dir Anerkennung dafür, dass du dich auf die Bühne stellst und dein Ding durchziehst. Daher ist der Druck nicht so groß wie in New York.
Ist es also für einen Künstler einfacher hier aufzutreten?
Ich würde nicht sagen einfacher. Im Endeffekt muss man trotzdem eine Show abliefern, die dem Publikum wirklich gefällt, sonst kommt niemand zur nächsten Show. Die Leute zeigen dir vielleicht ihren Respekt, doch wiederkommen wird trotzdem niemand, wenn sie nicht zufrieden waren. Daher muss man sich trotzdem genauso anstrengen.
In New York wurde gerade die medizinische Nutzung von Cannabis genehmigt. Wie findest du diese Entwicklung?
Ich habe eine Freundin, die ich schon seit vielen Jahren kenne. Sie kämpft seit einiger Zeit mit Krebs und die Ärzte haben ihr nur noch wenig Zeit zu leben gegeben. Sie begann daraufhin mit Meditation und schaffte es sich durch andere Naturheilverfahren zu heilen. Dann wurde sie sehr krank. Ich habe davon erst vor wenigen Tagen erfahren. Sie rief mich an und sagte, dass sie zwei Wochen lang auf der Intensivstation war. Die Ärzte wollten sie in ein Hospiz überweisen, weil sie keine Hoffnung mehr für sie sahen. Eine Freundin hat ihr dann ein Gunjah-Öl geschickt, von dem sie jeden Tag einen Teelöffel zu sich genommen hat. Daraufhin haben sich ihre weißen Blutzellen zurück gebildet. Die Ärzte konnten sich nicht erklären, was passiert ist. Jetzt ist sie zu Hause und konnte mit mir sprechen.
Die Legalisierung von Gunjah ist ein Muss. Cannabis birgt Stoffe in sich, die Leben retten können. Das kann man nicht länger leugnen. Die Regierung wird uns nicht einfach erlauben Gras für uns selbst anzubauen. Sie werden einen Weg finden, wie der Staat daran verdienen kann. Ich verstehe diesen Teil des Spiels, doch egal wie, Gunjah muss legalisiert werden. Die Zeit ist reif. Nach und nach wird es in immer mehr Staaten legal werden und die Horrormärchen, die über Gunjah verbreitet werden, werden verschwinden. Das Verbot hat von Anfang an keinen Sinn gemacht und langsam erkennen die Menschen das wieder.
Ich rauche selbst kein Gunjah, aber ich setzte mich für die Legalisierung ein. Ich rauche es nicht, weil es schlecht für mich ist, sondern weil ich seit meinem 10. Lebensjahr Gunjah konsumiert habe. Ich bin so auf einem natural high und brauche es nicht mehr. Ich nutzte es aber nach wie vor als Heilkraut im Tee oder ähnlichem wenn es mir nicht gut geht.
Du hast erwähnt, dass du jungen Talenten dabei hilfst auf die Beine zu kommen. Wen hast du dabei im Auge?
Zurzeit arbeiten wir mit einigen Jungs, die sich RSNY nennen. Sie sind eine Art jamerican Gruppe, die rappen und im jamaikanischen Stil deejayen. Sie arbeiten wirklich hart und wir geben unser Bestes, um sie auf das Business vorzubereiten.
Ich hoffe auch, dass wir bald nach Jamaika gehen können, um dort ein paar Talente zu finden, die wir unterstützen können. Ich habe das Gefühl, dass es vielen einfach an Unterstützung fehlt. Die meisten haben keine Ahnung, was nach ihrem ersten großen Hit alles auf sie zukommt. Es ist eben nicht damit getan eine gute Aufnahme zu machen und sich auf der Bühne präsentieren zu können. Wir wollen den Hype aus den Köpfen kriegen. In den USA nutzen viele die Newcomer aus Jamaika aus, weil sie aus den Ghettos kommen und keine Ahnung vom Musikgeschäft haben. Sie haben nichts und das führt dann dazu, dass sie so ziemlich jeden Vertrag unterschreiben. Sie wissen, dass irgendwas nicht stimmt, aber sie haben keine Alternative und ein unfairer Vertrag ist immer noch besser, als wieder im Ghetto zu versinken. Sie kommen dann in die USA, werden berühmt, geben riesige Konzerte und verkaufen viele Platten. Wenn ihnen dann jemand sagt, was sie eigentlich verdienen sollten, bereuen sie ihre Unterschrift. Wir wollen ihnen vermittelt, das es wichtig ist, über die Abläufe und Rechte im Musikgeschäft Bescheid zu wissen.
Abgesehen von diesem Projekt, was sind deine persönlichen Pläne?
Ich habe in letzter Zeit viele Singles auf dem Ranch Label aufgenommen. „Nightshift“ lief sehr gut und es ist gerade erst eine neue mit dem Namen „Right On Time“ rausgekommen. Ich bin bis jetzt noch nicht wieder dazu gekommen ein Album aufzunehmen. Die Wahrheit ist, dass ich mich momentan in erster Linie um meine Söhne kümmern will. Der älteste ist fünf, der mittlere ist drei und der jüngste ist erst neun Monate alt. Ich glaube nicht daran, dass Künstler ihre Kinder nicht sehen können, weil sie als Musiker so viel unterwegs sind. Ich will nicht mit dieser Ausrede kommen, weil ich nicht für meine Söhne da bin. Ich verbringe viel Zeit mit ihnen und wenn ich die Gelegenheit habe, gehe ich ins Studio. Wenn ich das Gefühl habe, dass sie damit klar kommen, dass ihr Vater für viele Monate weg ist, werde ich mich wieder voll auf meine Karriere fokussieren. Ich mache mir keine Sorgen deswegen, weil ich das Gefühl habe, dass mein Platz immer da sein wird.
Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast.