Freitag, 11. April 2014

Cannabis im Informationszeitalter:

Growe ich „High“ oder doch besser „Stoned“?

Autorin: Mari Jo

High

Der Umgang mit Canna­bis und seinen diversen (Rausch-)Wirkungen ist zwar einerseits ein essen­zielles und dringendes The­ma, leider krankt es gerade im Kontext der medizinischen Verwendung an einer völlig bigotten Tabuisierung, die vermutlich im Interesse von Industriekartellen und son­stigen Prohibitions-Profit­trägern sowie zum Schaden schwer kranker Menschen künstlich erhalten bleiben soll. Andererseits leben wir im „Zeitalter der Aufklärung“ und sind dank globaler Ver­netzungen privilegiert, alle Quellen der Information zu nutzen. So ist es dem Inter­net-User denn auch vergönnt, auf diversen Webseiten regen Austausch betreffend z.B. Sorten, Wirkungen oder Zu­bereitungsformen zu pflegen (natürlich unter Berücksichti­gung unerwünschter „Neben­surfer“)! Außerdem dürfte es Dank WorldWideWeb auch kaum noch eine Qualität ge­ben, die auf dem Schwarz­markt nicht zumindest als ille­gales Saatgut erhältlich ist.

Die meisten, die Cannabis zwangsläufig vom Schwarz­markt oder aus Selbstanbau verwenden, nutzen es (oft zu ihrem Nachteil) erst abends oder gar nur wochenends, weil ihnen der Umgang mit dem „Rauschzustand im All­tag“ nicht geheuer ist. Einige medizinische Nutzer, beson­ders jene, die auf tägliche Medikation angewiesen sind, würden allerdings bei sachge­rechter Information vermut­lich mehr Gebrauch vom ne­benwirkungsarmen Cannabis machen als bisher und sich dabei auch im sicheren Um­gang mit dem veränderten Bewusstseinszustand üben. Es tritt ohnehin mit der Zeit eine Art von Adaption ein, auf Basis derer sich nicht einmal mehr ein „Rausch“ klar definieren lässt und kompensatives Verhalten automatisiert erfolgt. (Somit gibt es nicht einmal eine rea­listische Begründung für Be­hörden, einem Patienten, der sein Cannabis nach ärztlicher Vorschrift einnimmt, die Fah­rerlaubnis zu entziehen.) 

Sortenunterschiede und Rauschwahrnehmung

Es gibt unzählige Indika­tionsgründe, um Cannabis zu verwenden, und beinahe für jeden Grund eine eigene Sorte, was dem nicht infor­mierten „Patienten“ aller­dings zumeist vorenthalten bleibt. Tatsächlich gelang es jüngst einem Wissenschaft­ler in Israel, sogar „rausch­freien“ (heißt: THC-freien) Hanf für medizinische Zwe­cke zu züchten. So weit sind wir hier in Deutschland noch lange nicht. Keiner unserer regierenden Entscheidungs­träger hält eine evidenzba­sierte Forschung an dieser Pflanze für notwendig. Lie­ber werden der Bevölkerung weiterhin Lügenmärchen über Intelligenzverlust bis hin zum dramatisierten Psy­choserisiko oder zuletzt gar Herztod aufgetischt, wäh­rend in aller Stille einzelne Patienten auf Antrag per Im­port mit dem Sortiment einer niederländischen Firma ver­sorgt werden können. Vier Sorten. Zu Selbstzahler-Wu­cherpreisen, versteht sich, und mit reichlich Versor­gungslücken zwischendrin. Damit sind die meisten, wel­che wegen ihrer Erkrankung nicht voll erwerbstätig sein können, schon per se auf den Schwarzmarkt verwiesen… – so wie ich…

Was will ich – High oder Stoned?

Die Frage ist, was für Pflanzen baue ich denn für mich an? Welche von den Sorten macht denn nun „high“ und was muss ich growen, um vom Ergebnis schön „stoned“ zu werden…? Es hat doch seine Zeit gedau­ert, bis ich mich überhaupt mal bewusst in den „Sor­ten“ umtat – so gab es beim Dealer damals halt „Piece“, bzw. „Platte“ für „Zehn“ oder „Fünfzehn“ (seinerzeit noch gute Deutsche Mark), „Gras“, bzw. Blüten über­haupt nicht, da grinste der nur drüber…  Einmal bekam ich ein win­ziges Stück schwarzer „Kne­te“ für „Fünfundzwanzig“ (ein üblicher Preis für „Tem­ple“ oder „Charas“, wenn es mal hier ankommt), und ich war zunächst mehr als skep­tisch, ob sich das wirklich lohnt… Tatsächlich aber war dieses Haschisch eine Offen­barung und veranlasste mich fortan auf Qualitäten zu ach­ten, denn schon bald wollte ich keine minderwertigen Sorten mehr konsumieren. Jedenfalls begriff ich damals die Bedeutung der „Psyche­delik“ bezogen auf Canna­bis und begann zunehmend die Zustände „Stoned“ und „High“ zu unterscheiden. Es wurde mir klar, dass mich z.B. marokkanische „Platte“ „stoned“ macht, dieser ne­palesische „Schwarze“ aber eindeutig „high“, wenn nicht mehr. Leider gab es danach nur noch einmal so feines Material, denn plötzlich gab es überall Schwarzen, aller­dings mit mehr Streckmitteln drin als allem anderen…

Als es zunehmend mehr „Weed“ auf dem Schwarz­markt gab, war es mir drum mehr recht als billig, nur noch feine Blüten zu kaufen und zu konsumieren – ich fühlte mich durchaus wohler dabei, genau sehen zu können, was ich in meine Pur-Pfeife oder Vaporizer bröselte… (Streck­mittel im Kraut waren seiner­zeit noch kein Thema) – und sowohl „Stoned“ als auch „High“ waren hier ebenso sortenabhängig wie besser kontrollierbar als mit den festen „Piece“-Stücken.  Im Lauf der Zeit stellte ich fest, daß es beim „High“ sehr viele Variationen gibt, aber ein gutes „High“ vermutlich auf einer höheren Quan­tität des Delta-9 THC-An­teils verglichen mit dem Cannabidiol-Anteil beruht. (Wobei in der individuellen Chemie noch so einige Can­nabinoide mehr eine Rolle spielen mögen…) Cannabi­diol-lastige Qualitäten kön­nen dahingegen schnell ein „Stoned“-Empfinden auf­grund ihrer Inhaltsverhält­nisse hervorrufen, welches nur ein erfahrener Gebrau­cher allenfalls mit einer dras­tischen Dosissteigerung oder zeitnahem Sortenwechsel zu kompensieren versteht. Me­dizinisch wirksam sind die Varianten allemal, aber nicht jedem Patienten gefällt es, „stoned“ zu sein. Jedenfalls nicht unbedingt den ganzen Tag lang…

Es gibt selten mal Indi­ca-Sorten mit solch narko­tischem Potenzial, daß von „High“ dabei einfach keine Rede mehr sein kann. Der Ef­fekt dürfte hierbei auf einen entsprechend hohen Canna­bidiolgehalt zurückzuführen sein, und es bleibt zu hoffen, daß der Verbraucher in dieser Hinsicht eines Tages Orien­tierungshilfe erfährt. Peinlich ist es sonst, wenn man solch eine Sorte am Einkaufsort „testet“ und anschließend die halbe Nacht im Auto sit­zen bleiben muss, weil an Fa­hren kein Denken mehr ist. Oder, wenn man sie mitge­bracht bekam und dann mal „nichtsbösesahnend“ vor dem Frühstück als Aperitif probiert, während man ei­nen Behördentermin vor der Brust hat… (!) Nicht zuletzt darum ist es für Patienten sinnvoll, sich den eigenen Be­dürfnissen zuzuwenden und jene Sorten anzubauen, die sie für sich selbst als passend erproben konnten.

Deklarationen erwünscht

Um all meinen Aufgaben und Verantwortungen ohne Einschränkung nachkom­men zu können, bin ich somit häufig auf der Suche nach geeignetem „Tagesmaterial“, das mir trotz ausreichender medizinischer Wirkung ei­nen normalen Umgang mit der Welt und ihren vielen „Regeln“ erlaubt. Denn jede „neue“ Sorte muss auf ihre diversen Wirkungen erst wie­der getestet und an die Dosie­rung angepasst werden…

Sind beispielsweise auf­grund ihrer offensichtlichen Mehrgewichtung von Del­ta-9 THC gegenüber Cann­abidiol die Sativasorten in diskreter Dosierung eher für den Alltagsgebrauch einsetz­bar, so erweist man zum me­ditativen „Schalterschluss“ wohl eher einer „Indica“ mit hohem CBD/THC-Ver­hältnis die Ehre. Welche von den beiden als „high“, bzw. „stoned“ empfunden wird, ist nicht schwer zu erraten. Dennoch lassen sich die di­versen veränderten Bewusst­seinszustände sowohl unter den Haschisch-, als auch den Ganjazubereitungen natür­lich nicht auf diese beiden Standards reduzieren. Die Differenzierung der indivi­duellen Sortenräusche ist mindestens so schwierig wie bei Wein und erfordert auch eine gute Fähigkeit zur Selbstbeurteilung.

Das macht die Sache, be­sonders für diejenigen, die Hanf (auch) für medizinische Zwecke einsetzen, nicht gera­de leicht. Dahingehend wä­ren Wirkstoffdeklarationen in den angebotenen Sorten auf ihren THC-, CBN- und CBD-Gehalt dringend an der Zeit, damit jeder Patient das bekommt, was ideal zu sei­nem Leiden, bzw. individu­ellen Neurotransmittermu­ster passt. Immerhin haben schon ein paar Saatguther­steller diesen Bedarf erfasst und teilen interessierten Grow-Anwärtern zumindest gewisse Eckdaten wie die prozentualen Anteile Indica / Sativa oder erzielbare Er­trags- bzw. THC-Gehalte des jeweiligen Strains mit.

Wirkliche Hanfkultur zeigt sich in der Berücksichtigung der Ganzheitlichkeit von Mensch und Pflanze und ihrer Wechselbeziehung un­tereinander. Es hat sicher­lich eine chrono-biologische Bedeutung, dass die gleiche Hanfsorte zu verschiedenen Tageszeiten anders wirkt, und dass es sinnvoll ist, sich innerhalb einer „Sorten­familie“ zu bewegen; d.h. vor allem im medizinischen Kontext Biorhythmus, Sorte und Tageszeit harmonisch zu kombinieren, um ein Op­timum an Wohlbefinden bei einem Minimum an uner­wünschter Nebenwirkung zu erreichen.

Ist es unseren Reglemen­tierern bisher auch nicht ge­lungen, die Popularität des Hanfgebrauchs zu dämpfen, so wurde doch seit den In­ternationalen Abkommen aus 1961 jegliche sachliche Aufklärung, sowohl bzgl. der differenzierten Rausch­wirkungen, als auch der medizinischen Wirksamkeit und Anwendung betulich ignoriert – obwohl heute sämtliches Wissen für die breite Masse dank WorldWi­deWeb durchaus einfacher zugänglich ist als noch vor einem Jahrzehnt. So las­sen sich Informationen zu sämtlichen Growerfragen, medizinischen Strains oder toxischen Streckmitteln im Schwarzmarktgras inzwi­schen beinahe ebenso schnell finden wie allerlei dubiose Kräutermischungen aus Ge­heimlabors.  Zum großen Glück ist dieses universell nutzbare Kraut auch noch ein dank­bares, welches leicht auf Bal­kon, Terrasse oder im Mais­feld sprießt, wo auch immer mensch es lässt.  Das Hanfverbot ist ein ver­brecherisches Gesetz und es gibt nur ein Mittel dagegen: Kollektiven zivilen Ungehor­sam.

In diesem Sinne wünsche ich in jeder Hinsicht beste Besserung.

Eure Mari Jo

Stoned

 

 

 

 

 

 

STONED: Nicht immer erwünschte Nebenwirkung, vor allem im Alltagsgebrauch oder bei der Selbstmedikati­on. Vermutlich durch im Verhältnis höhere Cannabidi­olanteile hervorgerufen. Stark analgetische Wirkung, Berauschungsgefühl, unklarer Kopf, extrem entspannte Körpererfahrung bis hin zu bleiernen Lähmungsempfin­dungen. Narkotischer Schlaf, unkontrolliertes Binge-Ea­ting oder beides findet sich als typisches Ausklangsphä­nomen. Vor allem bei minderwertigen Qualitäten zeigen sich manchmal Kopfschmerzen oder hartnäckige Schläf­rigkeit und Dysphorie (meine Vermutung: als Symptom von Unterdosierung des Delta-9 THC?).

HIGH: Erwünschte Nebenwirkung beim Cannabisge­brauch, vermutlich bedingt durch eine erhöhte Delta-9 THC-Konzentration gegenüber dem Cannabidiolanteil (CBD) einer Sorte. Verringerte Schmerzwahrnehmung, Entspannung, Hochstimmung, Anregung bis hin zum Bewegungsdrang. Gesteigerte, steuerbare Kreativität, starke Kommunikationsbereitschaft. Empfänglichkeit für das eigene, höhere Selbst, holistische Betrachtung des Daseins, Möglichkeiten zu transpersonalem Erle­ben. Hinweis: Dosisabhängiger Missbrauch kann zum Paradoxon führen, aus „High“ wird „Stoned“.

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