Dienstag, 1. Oktober 2013

Auf den Hund gekommen

von Sadhu Van Hemp

„Das kann so nicht weitergehen“, schimpfte meine Schwiegertochter. „Wir können dich nicht ewig unterstützen! Lass endlich die Rente vom Amt aufstocken! Oder mach was! Führe Hunde aus oder sammle Pfandflaschen!“

Gesagt, getan. Ich musste nur einen Hund darauf abrichten, Pfandflaschen zu apportieren. Im Tierheim fand sich dann auch ein pensionierter Polizeihund, der zwar aufs Wort hörte, aber auf der ersten Tour durch Kreuzberg kläglich versagte. Statt Leergut legte mir der Köter Zigarettenstummel vor die Füße. Das war ein fieses Déjà-vu, hatte ich doch bereits als Kind für meinen invaliden Vater Kippen vom Trottoir aufheben müssen. Pfui Teufel! Nee danke, nicht noch mal Nachkriegsfeeling! Bevor es auf meine alten Tage soweit kommt, verkleide ich mich lieber als Talibanese und beantrage Asyl in Guantanamo.

Doch vorher sollte der Hund für sein Versagen büßen. Auf dem Weg zu meinem Stamm-China-Imbiss wurde ich allerdings stutzig, als der Köter mit einer brennenden Haschgiftzigarette ankam. Kurze Rede, langer Sinn, es blieb nicht bei dem einen Joint. Das Hundchen entpuppte sich als Schrecken aller Kiffer und Straßendealer. Ob im Görlitzer Park, in der Hasenheide oder am Weinberg in Mitte, kein Haschkrümelversteck ist vor meinem Trüffelschwein sicher. Blöd nur, dass die Polizei für Rauschgiftfunde keinen Finderlohn zahlt. Somit ist die illegale Rauchware, die auf Schulhöfen und Spielplätzen in Gold aufgewogen wird, für einen anständigen Bürger wertlos. Wie also einen Nutzen aus dem Talent des Vierbeiners ziehen, ohne selbst zum Dealer zu werden?

Die Antwort lieferte der Hund, der ausgerechnet im Haus meines Sohnes Witterung aufnahm. Die Fährte führte in den Keller, wo ich den Nichtsnutz bei der Arbeit überraschte – und zwar in einem über eine Geheimtür zugänglichen Haschgiftlabor. Er stotterte etwas von Medizinalhanf, den er aus Notwehr anbaue, um Kranken und Siechen zu helfen.
„Du glaubst mir nicht, Vatta? Okay, wie viel kostet dein Schweigen?“

Das war’s, Ende mit Altersarmut. Plötzlich sprudelte im Keller meines Sohnes die Einkunftsquelle, die dank des Hanfverbots nie versiegt. Mittlerweile hat mein Hundchen fast alle Cannabisplantagen Berlins aufgespürt, und ich führe ein Leben wie Graf Koks. Und das durchaus guten Gewissens, schließlich zahle ich tüchtig Steuern – also, Hundesteuer.

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