Samstag, 1. Juni 2013

Feuer auf Mechthild Dyckmans

Drogenbeauftragte setzt falsche Schwerpunkte

Mehr wert als Menschenleben? Der Dyckmansdollar im Eurogewand -Foto: Archiv

Am 25. April 2013 vermeldete die Badische Zeitung unter dem Titel „Dyckmans Drogenbericht setzt die falschen Schwerpunkte“, dass Mechthild Dyckmans gerne einmal so richtig Alarm schlage und dass das immer helfe, vor allem der eigenen Bekanntheit. Die aber sollte nicht im Zentrum der Arbeit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung stehen. Ihr Augenmerk sollte die FDP-Politikerin auf die Entwicklung der Suchterkrankungen und des Missbrauchs von Drogen richten. Nimmt man dies zum Maßstab, muss man Dyckmans eine falsche Schwerpunktsetzung vorwerfen.
Die Zahl der Herointoten sinkt in Deutschland seit Jahren, parallel dazu steigt dabei ihr Alter wie auch das Alter der Einsteiger respektive Erstkonsumenten – die einst verpönten Instrumente der Überlebenshilfe wie Spritzenaustauschprogramme, Fixerstuben und Originalstoffabgabe (Heroinprogramm) zeigen Wirkung. Man darf das Thema dennoch nicht abhaken, aber auch nicht dramatisieren.

In Bayern sinkt die Zahl der sogenannten Drogentoten nicht, sondern sie stieg im letzten Jahr. Bayernweit war die Zahl der Drogentoten von 177 im Jahr 2011 auf 213 im Jahr 2012 gestiegen. Das entspricht einer Zunahme um 20 Prozent.
„Eine Hypothese für den Anstieg der Drogentoten wäre, dass es Probleme mit der Versorgung der Opiatabhängigen gibt“, sagte Professor Felix Tretter von der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen. Wegen der hohen rechtlichen Barrieren seien immer weniger Ärzte bereit, Ersatzstoffe zu verschreiben. „Das kann zu spektakulären Drogenbeschaffungsmaßnahmen führen, die im schlimmsten Fall tödlich ausgehen“, sagte Tretter gemäß Süddeutscher Zeitung vom 21. Mai 2013.

Dieses Jahr hat sich die Situation weiter verschlimmert. So berichtete das Onlineportal „nordbayern.de“ am 24. Mai 2013 unter dem Titel „Zahl der Drogentoten in Nürnberg steigt gewaltig“, dass Bertram Wehner, Geschäftsführer der Drogenhilfe Mudra, tief besorgt sei: „Im Jahr 2013 sind bisher nach Polizeiangaben elf Menschen am Konsum illegaler Drogen gestorben, nach Zählung der Mudra sind es sogar 14 gewesen. Im vergangenen Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt nur zwei.“
Weiter heißt es in dem Artikel: „Wehner geht davon aus, dass zwei Todesfälle von der Polizei nach Abschluss der Untersuchungen noch nachgemeldet werden. Damit wären 2013 nach nicht einmal fünf Monaten schon so viele Drogenopfer zu beklagen wie im gesamten Jahr 2012, als es 13 Opfer gab. Bei dem 14. Toten, der in der Mudra-Statistik auftaucht, handelt es sich um einen Mann, der im März in Schafhof auf einem Hochsitz verbrannte. Von der Polizei wird er nicht als Drogenopfer gewertet, weil der Mann durch das Feuer umkam. Die Mudra sieht den Tod des Mannes jedoch in ursächlichem Zusammenhang mit seinem Rauschgiftkonsum.“ Zudem betonte Wehner, dass der Nachwuchs bei den Ärzten kein Interesse an dieser Arbeit mit Heroinkonsumenten habe, was er durchaus ein wenig verstehen könne, denn die Ärzte benötigen hierfür einen gewissen Idealismus: „Die Vergütung ist unattraktiv. Es gibt zudem sehr enge, rigide Vorschriften, so dass der Arzt ein hohes Risiko hat, dass der Staatsanwalt vor der Tür steht.“

In den Verlautbarungen der Drogenbeauftragten Mechthild Dyckmans ist von diesen Problemen nichts zu hören oder zu lesen. Nach der Veröffentlichung der Zahlen der Drogentoten im Jahr 2012 in den einzelnen Bundesländern wird die Drogenbeauftragte beispielsweise im Wochenblatt vom 25. April 2013 mit den Worten zitiert: „Es ist erfreulich, dass immer weniger Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums sterben. Das zeigt, dass unsere Beratungs- und Hilfsangebote sowie die zur Verfügung stehenden Angebote wirken. Aber jeder Drogentote ist einer zu viel. Deshalb müssen wir alles tun, damit diese Angebote erhalten bleiben und noch besser auf Risikogruppen zugeschnitten werden. Besonders über die Gefahren des Mischkonsums muss noch besser aufgeklärt werden.“

Offensichtlich wirken die „Beratungs- und Hilfsangebote sowie die zur Verfügung stehenden Angebote“ in Bayern nicht respektive sind schlicht und einfach nicht genügend ausgebaut. So gibt es in Bayern keine Fixerstuben – und das 13 Jahre nach deren Legalisierung durch Bundesgesetze. Es sei hier angemerkt, dass es in Frankfurt am Main und in Hamburg seit Mitte der 90er Jahre solche Einrichtungen gibt.
Mechthild Dyckmans hält es offenbar nicht für nötig, die Bayerische Drogenpolitik zu kritisieren, der Bayerischen Regierung eine Rüge zu erteilen oder gar diese Regierung aufzufordern, endlich eine Drogenpolitik umzusetzen, in der das Menschenleben Vorrang vor der parteipolitischen Ideologie hat. Sicher, Mechthild Dyckmans ist Parteimitglied bei der FDP und die FDP ist in Bayern an der Regierung beteiligt. Es kann aber nicht angehen, dass parteipolitische Rücksichtnahme Vorrang vor dem höchsten Rechtsgut – die Unversehtheit von Leib und Leben – in diesem Lande eingeräumt wird. Dyckmans setzt offenbar auf falsche Schwerpunkte.

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