Mittwoch, 1. August 2012

Helden mit Geheimnissen

Weshalb ich Olympia mag

Kiffer und gedopte Sportler haben Vieles gemeinsam: Sie müssen ihren Substanzgebrauch verheimlichen und sich, wenn sie erwischt worden sind, wider ihrer inneren Überzeugung, sogar öffentlich über die angebliche Schädlichkeit ihres heimlichen Tuns auslassen. Dabei verhält es sich beim Dopen ähnlich wie beim Hanfgenuss, alle tun es und keiner muss es freiwillig zugeben, weil sie/er eben nicht wie ein lebender Zombie herum rennt oder die nächste Tankstelle überfällt, um an den „Stoff“ zu gelangen. Heutzutage werden Epo & Co zudem von Medizinern verabreicht und überwacht, Organschäden oder gar Todesfälle durch Doping sind, verglichen mit seiner Verbreitung oder seinen Anfangszeiten, selten geworden. Künstlicher Urin oder ein Gummipimmel gehören ebenso zum Rüstzeug so mancher Athleten und Hanfkonsumierenden wie ausgeklügelte Schmuggel-Verstecke für die Corpi Delicti, sprich die geächteten Substanzen oder die Konsumwerkzeuge.

Der Kampf gegen das Doping scheint genauso verloren wie der Drogenkrieg, die vermeldeten Erfolge sollen den Anschein erwecken, „es werde was getan“, ändern aber seit Jahrzehnten nichts an der wachsenden Verbreitung beider Phänomene. Ähnlich wie ein Drogenkonsument hat ein/e Sportler/in in den seltensten Fällen ein schlechtes Gewissen, weil davon ausgegangen wird, dass es der Rest des Umfelds ebenso tut. Es geht vielmehr nur noch darum, sich nicht erwischen zu lassen. Passiert das doch einmal, wird ein vorab eingeübtes Programm abgespult, damit die Strafe gering ausfällt. Auch die Korruption spielt, besonders in den so genannten „Schwellenländern“, eine nicht zu unterschätzende Rolle, seien es die politischen Kontakte internationaler Drogenhändler oder käufliche Sportfunktionäre.

Doping legalisieren?

Das ist schwierig, denn Dopingmittel werden, anders als Cannabis, eingenommen, um besser, schneller und weiter als andere zu rennen, zu springen oder zu schwimmen. Kaum vorstellbar, dass Tour de France Athleten die legalisierte Epo-Spritze in Joint-Manier kreisen ließen, schließlich wäre ja dann der individuelle Vorteil dahin.
Verbieten scheint aber auch nicht zu funktionieren, 91 Prozent der Deutschen glauben aktuell, dass Doping auch bei Olympia 2012 eine große Rolle spielen wird.

Beim Schauen der Paralympics kam mir eine Idee, wie man aus Dopingsündern (was ein Unwort) Dopinguser machen könnte und dabei den Athleten, die sich lediglich auf die Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers verlassen wollen, sogar ein wenig gerechter werden könnte:
Man übernimmt die Startklassen-Einteilung der Gehandicapten und passt sie den verabreichten Substanzen, die es in Reinform und unter strenger ärztlicher Überwachung beim Olympia-Doc gibt, an: Einem 100-Meter Läufer werden dann entsprechend seines Epo- oder anabolen Koeffizienten ein paar Zehntel abgezogen.
Alberto Contador zum Beispiel müsste die Tour de France demnach mit ungefähr zwei Stunden Vorsprung gewinnen, um der wahre Sieger zu sein, ohne später von vergifteten Steaks zu faseln oder den Titel nachträglich aberkannt zu bekommen.
Die Pharma-Industrie könnte zudem einen separaten Wettbewerb um die beste und sicherste Doping-Substanz austragen. Wer sein Doping weiterhin vom Schwarzmarkt bezöge, müsste mit Haftstrafen, Copyright-Klagen, einer lebenslangen Sperre, Fernseh- und Kompottverbot rechnen.

Zugegeben, klingt nicht sehr realistisch, aber viel absurder als die derzeitige Situation wäre es auch nicht, dafür weniger verlogen und viel gesünder. In London 2012 gilt jedoch nach wie vor: Auch Helden haben Geheimnisse.

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