Mittwoch, 2. Mai 2012

Das Politbarometer steht auf Shit-Storm

Die Piraten versichern den Genusskiffern und Cannabispatienten hoch und heilig, sich für die Beendigung des Anti-Drogen-Krieges stark zu machen. Mit diesem Wahlversprechen gehen die Korsaren zwischen Helgoland und Lindau auf Kaperfahrt – ganz ohne Gegenwind aus dem bürgerlichen Lager, dem die Puste ausgegangen ist.

Nackte Angst macht sich unter den bürgerlichen Polit-Fuzzis breit, denn die Piraten sind im Aufwind und entern einen Landtag nach dem anderen. Nun folgt also die Rache des von den etablierten Parteien vernachlässigten Wahlvolkes – also jener armen Seelen, die schon zufrieden sind, wenn die Lügenbolde der Politkaste von Amateuren und Halbgebildeten abgelöst werden. Das heißt nun nicht, dass die Piratenkapitäne keinen Grips haben – im Gegenteil, sie tragen das gute Stück nur nicht ständig bei sich. Vielmehr haben die jungen Leute von heute ihr geistiges Eigentum extern im Internetz abgelegt, um es mit anderen zu teilen. Und das ist auch gut so, denn wer nichts im Kopf hat, denkt unbeschwerter, was die Gestaltung einer Gesellschaft 3.0 betrifft. Das Klientel der Piraten will nicht in der Tiefe des bundesdeutschen Politsumpfes fischen, sondern nur ein bisschen an der Oberfläche des Zeitgeistes surfen und sich in einer konsumorientierten Lust-und-Laune-Gesellschaft einfach das herausnehmen, was gefällt. Das klingt gruselig, aber nur in den Ohren jener, die etwas zu verlieren haben, weil sie freiwillig nicht abgeben wollen. Das digitale Spaßzeitalter duldet jedoch keine Spaßbremsen, die den Spaßbürgern den Spaß austreiben wollen. Jede neue Zeit braucht ihre Pioniere: 1967 waren es die „bösen Hippies“, die für eine steife Brise im Land sorgten, heute sind es die Piraten, die gegen den Wind segeln. Das ist durchaus sympathisch und revolutionär, denn der Versuch der Umwertung der Werte kommt auch den Hanffreunden zupass, die längst allen Glauben an ein freies Leben in dieser unseren „freien“ Gesellschaft verloren haben und mitunter seit einem halben Jahrhundert das traurige Dasein eines Aussätzigen führen.
Die Piratenpartei ist die Strafe einer bis zur Unkenntlichkeit deformierten parlamentarischen Demokratie. Die von den bürgerlichen Parteien hirnamputierten Galeerensklaven wollen die „MS Deutschland“ nicht länger auf falschem Kurs halten, was nichts anderes als offene Meuterei bedeutet, die aus braven Matrosen eins, zwei, drei Piraten macht. Auf dieses Lichtlein am Horizont unserer düsteren Parteienlandschaft schielen selbstverständlich auch die rund vier Millionen Cannabiskonsumenten. Denn der Ausflugsdampfer der Piraten, der führerlos und vom „Liquid Feedback System“ angetrieben durch die politischen Niederungen der BRD stampft, wird aller Voraussicht nach 2013 mit Pauken und Trompeten im Reichstagsgebäude vor Anker gehen – sofern der Kahn nicht von der Gorch Fock torpediert wird oder wegen Überfüllung kentert.
Doch wer genau hinsieht, dem stechen nicht unbedingt die weitsichtigen Piraten ins Auge, die entspannt Piepe schmoken und freundlichen Gemüts sind, sondern die, die den Hanffreunden alles andere als wohlgesinnt sind. Die Freigabe des Hanfes ist kein vorrangiges Wahlkampfthema der Piraten, obwohl es die bürgerliche Presse so kolportiert, um den Ruf der orange gefärbten Partei zu schädigen. Vielmehr werden die kiffenden Freibeuter zunehmend von den eigenen Kampfgenossen in die klassische Ecke der „benebelten Vollpfosten“ gestellt und von jenen Ewiggestrigen gemobbt, die über die neue Partei u.a. das Waffenrecht zu ihren Gunsten liberalisieren wollen, um gegen Moslems und andere „Verbrecher“ vorgehen zu können. Das Hanfverbot steht offensichtlich in keinem Verhältnis zu diesem und anderen viel wichtigeren Themen, die sich vorwiegend darum drehen, möglichst umsonst und nach eigenem Gusto zu leben: Urheberecht, bedingungsloses Grundeinkommen, Gratis-Nahverkehr sind die Top-Programmpunkte, flankiert von fruchtlosen Diskussionen darüber, wie die wachsende Schar der Sarrazin-Anhänger unter den Piraten zukünftig mit Arbeitslosen, Asozialen und Ausländern verfahren darf. Je nachdem, wo der Schuh gerade drückt, die Piraten werden es schon richten. Unter diesem Motto fischen die Freibeuter alles ab, was aus der endlosen Tiefe der deutschen Volksseele an die Oberfläche steigt – und dazu zählen auch unzufriedene und frustrierte Kreaturen, die sich wie Muschelkalk am Rumpf des Piratenschiffes festsetzen und die Manövrierfähigkeit – insbesondere nach Backbord – erheblich einschränken. Auch auf und unter Deck toben wilde Machtkämpfe, so dass das Schiff selbst auf den ruhigen Binnengewässern Germaniens mal die eine oder andere Schlagseite bekommt. Geheizt wird der Bootskessel über die sozialen Netzwerke, die aus dem Nichts den Flashmob des Tages befeuern, und sei es nur der Protest gegen das „Tanzverbot am Karfreitag“ oder der ultimative Tipp, wie man „Türken und Araber vor sich selbst schützt“.
Keine Frage, unter der Piratenflagge segelt ein wildes Sammelsurium bunter und schräger Vögel, die allesamt davon träumen, dass alsbald ihre ureigenste Stunde schlägt und die Schwarmintelligenz Staat und Gesellschaft steuert. Hübsche Aussichten, wenn man sich vergegenwärtigt, dass neben den vielen Schwärmern eben auch etliche blinde Passagiere bei den Seebären mit der Augenklappe anheuern. Und die sind alles andere als demokratisch sozialisiert, wohl aber dreist genug, die Piraten-Dschunke ins Fahrwasser ihrer kruden Ideologien zu bringen. Noch verspricht das Grundsatzprogramm der Partei Toleranz und Solidarität gegenüber andersdenkender Menschen. Der Pirat will transparent und multikulturell leben, die Kirchen raushalten und jedem Lebewesen, ob Mensch, Tier oder Marihuanapflanze ein Freund sein. Einfach gesagt, die Gründungsväter der Piraten sind im Herzen rotgrüngelb – und das jeweils im ursprünglichen Sinne. Doch das ist bei dem enormen Zulauf keine Bestandsgarantie. Schon jetzt häufen sich die hässlichen Stimmen in der Piratenpartei, die das Thema „Drogen“ aus wahltaktischen Gründen heraushalten wollen, um bei denen zu punkten, für die die Konsumenten geächteter Drogen ein rotes Tuch sind, unter dem der deutsche Michel nun mal nicht segeln will.
„Krawallbrüder“ und Fundamentalisten in Sachen Hanf haben auch bei den Piraten langfristig keine Chance, denn man will ja schön „flauschig“ sein, und dazu zählt die Netiquette, niemandem allzu hart vor die Rübe zu hauen. Statt den Hanf komplett freizugeben, wie es die „Arbeitsgemeinschaft Drogen“ fordert, tendiert die Mehrheit der Mitglieder eher dahin, sich dem Vorschlag der Polizeigewerkschaft anzuschließen, der den Besitz einer geringen Menge Cannabis im Bereich einer Ordnungswidrigkeit ansiedelt. Na toll, das ist mal Drogenpolitik, wie wir sie lange nicht hatten, wenn sich eine Partei auf die Seite der Strafverfolgungsbehörden schlägt und sich deren Ideologie zu eigen macht. Da ist die Basis der LINKEN den Piraten aber um einiges voraus: Die „Roten Socken“ fordern nämlich nicht nur einen straffreien Besitz, sondern darüber hinaus auch den legalen Erwerb von Cannabis und Haschisch. Dem Hanffreund ist nämlich nicht damit gedient, ob das Bagatelldelikt als solches strafwürdig ist oder nicht, da das Verfahren in der Regel sowieso eingestellt wird – so wie es das Bundesverfassungsgericht 1994 festgeschrieben hat. Die Konsensforderung nach Straffreiheit bei geringen Mengen ist daher nur ein peinliches Alibi für die Mogelei im Wahlprogramm der Piraten. Damit sich unter dem Banner des Totenkopfes in der deutschen Drogenpolitik wirklich etwas Grundlegendes ändert, müsste dringend ein Bundesparteitagsbeschluss her, der die komplette Freigabe des Hanfes ohne Wenn und Aber fordert. Doch ob die Akteure der Drogen AG die anderen Gruppen und Grüppchen der Partei davon überzeugen können, schwerpunktmäßig mit dem Thema Hanf in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, ist mehr als zweifelhaft. Mittlerweile driften in dieser Frage selbst die Landesverbände auseinander – und Berlin ist nun mal nicht gleich Passau. An dieser Stelle kann man der Drogenfraktion der Piraten durchaus einen Vorwurf machen, denn wer es in fast sechs Jahren nicht schafft, eine verbindliche Parteirichtlinie zum Umgang mit Hanf durchzuboxen, der darf sich letztlich nicht wundern, dass wie immer Goliath über David siegt.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend, zumal „Piraten in der Findungsphase“ allemal attraktiver sind als die inzestuöse Politikerbrut der „BRD-Block-Parteien“, die schon lügt, bevor sie das Maul aufmacht. Sollen diese Total-Versager und Nichtsnutze der unanständigen Geld- und Politelite ruhig Volkes Zorn spüren. Und dann schauen wir mal, ob der zivile Ungehorsam des Wahlviehs zu ähnlichen Ergebnissen führt wie 1989, als mal eben ein halber deutscher Staat mit all seinen bürgerfeindlichen Gesetzen und Organen in der Kloake der deutschen Geschichte absoff.

In diesem Sinne:
Ship ahoy, Euch Piraten™©®!

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