Mittwoch, 2. Mai 2012

Rolys Silberscheiben des Monats Mai 2012

Etienne de Crécy:
My Contribution To The Global Warming

pixadelic

Geboren in Lyon, der Metropole des Beaujolais landet er über den Umweg Dijon und den Pariser Vorort Versailles schliesslich in der französischen Hauptstadt. Als einer der Pioniere des sogenannten „French Touch”, der in den 90er Jahren die House-Musik prägt, veröffentlicht er hier im Jahre 1996 gemeinsam mit Philippe Zdar unter dem Projektnamen Motorbass das einflussreiche Album „Pansoul“. Im gleichen Jahr launcht Etienne de Crécy das Projekt „Super Discount”, auf dem zahlreiche befreundete Künstler wie Air oder Alex Gopher ihr positives Unwesen treiben. Neben rund 30 EPs und ca. 40 Remixen für Künstler wie Kraftwerk, Air, Morcheeba oder Lil’ Louis geht 1997 seine Album-Compilation „Superdiscount“ um die ganze Welt. Nach seinem Digital-Soul-Meilenstein „Tempovision“ (2000) und dem stark Acid-beeinflussten Werk „Super Discount 2“ (2004) blickt der DJ und Produzent nun mit der retrospektiven 5-CD-Box „My Contribution To The Global Warming” auf die letzten 20 Jahre zurück. Bahnbrechende Tracks wie „Prix Choc“, „Am I Wrong“, „Scratched“, „Someone Like You“ sowie seine Remixes von „Paris Four Hundred“ (Mylo), für Keren Ann, The Shoes oder Taï kicken heute wie damals, doch hier geht noch viel mehr. „Um einen repräsentativen Überblick meiner Arbeit zu geben, habe ich die symbolträchtigsten Stücke aus den unterschiedlichen Stadien meiner Karriere zusammen mit Remixen für andere Künstler und eine Menge unveröffentlichter Stücke zusammengestellt“, sagt Etienne de Crécy. Sein Beitrag zur globalen Erderwärmung zeigt die große Bandbreite rund um seine Definition von House und gehört in jede Musikbibliothek. Heiss!

www.etiennedecrecy.fr
www.etiennedecrecy.bigcartel.com

Clark: Iradelphic
warp records

Dass das britische Label Warp Records zu meinen absoluten Lieblingen zählt, wird sich zwischen Sheffield, London und Heidelberg sicherlich herumgesprochen haben. Anfang des Jahres erschienen mit Leilas „U & I“, Gonjasufis „MU.ZZ.LE” und My Best Fiends „In Ghostlike Fading“ schon wieder drei sehr hörenswerte Alben. Anfang April veröffentlichte nun der britische IDM-Produzent Clark sein dramaturgisches, sechstes Album „Iradelphic”, auf dem er wahre Songwriter-Qualitäten demonstriert. Seine polymelodischen Ambient-Soundscapes, klassisch-orchestralen Arrangements und detailreichen, polyrhythmischen Texturen münden auf 12 grandiosen Tracks in einen spürbar analog-warmen Sound. In „Henderson Wrench“ schreibt eine Akustikgitarre wunderschöne fließende Arabesken, „Com Touch“ kommt mit elysischen Synth-Arpeggios, in „Tooth Moves“ gibt’s Live-Drums und viel Dynamik, bevor mit „Skyward Bruise / Descent“ ein operesker Soundtrack folgt. Für die beiden Tracks „Open“ und „Secret“ hat Clark sich Martina Topley Bird (früher Haus- und Hofsängerin beim guten Tricky und inzwischen solo unterwegs) als Gastsängerin eingeladen, die mit ihrer wärmenden Stimme wunderbar zur Clark’schen Lagerfeuerromantik vom nachfolgenden „Ghosted“ passt. Dass der Wahlberliner nicht nur das Gitarren- sondern auch das Klavierspiel erlernt hat, darf man auf dem sentimental schwebenden „Black Stone“ geniessen. Am Ende des Albums erstreckt sich mit „The Pining“ eine dreigliedrige Suite über atemberaubende zehn Minuten. So ist „Iradelphic“ ein virtuoses Meisterwerk ganz im Zeichen entschleunigter Folktronica. Intensiv, verträumt und vielschichtig.

www.throttleclark.com
www.warp.net

Konstantin Wecker: Wecker liest Rilke
laut und luise

„Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los.“ So beginnt mein Lieblingsgedicht von dem wohl einflussreichsten deutschsprachigen Lyriker des frühen 20. Jahrhunderts. Was den Individualisten Rainer Maria Rilke interessant macht, ist seine unbedingte Authentizität, die er sich lebenslang bewahrt hat. Immer wieder kündigt er Beziehungen und Lebensweisen auf, wenn er seine Verwirklichung als Dichter bedroht sah. „Rilke verstand es wie kein anderer, die inneren Sehnsüchte der Menschen sowie das Unbewusste in uns zum Klingen zu bringen. Und er tut es noch heute“, sagt der Münchner Liedermacher Konstantin Wecker, der sich mit seinem neuen Hörbuch dem Dichter Rilke widmet. In seinem schon lange nicht mehr genutzten Tonstudio in der Toskana entstanden im Januar 2012 die Aufnahmen zu 41 persönlich ausgewählten Lieblingsgedichten, die der Musiker rezitiert und mit seinem geliebten, fast hundert Jahre alten Blüthner-Flügel dezent begleitet. „Die neuen Melodien sollen die Gedichte nicht vertonen, sondern zu ihnen hinführen.“ So lässt sich Rilkes wundervolle Kraft der Verse wie Musik erleben und man kann sich von den Bilderfluten umspülen lassen. Konstantin Wecker gelingt es Rilkes Worte lebendig zu machen und für die Poesie dieses unvergleichlichen Dichters zu begeistern. Ich höre gerne „Die Liebenden“, „Abschied“ und „Der Schutzengel“. Dieses Hörbuch gibt den Zuhörern etwas, das alle in diesen unruhigen und stürmischen Zeiten so nötig haben: Augenblicke zum Innehalten. Und „in Rilke eintauchen zu dürfen ist ein Geschenk“.

www.wecker.de
www.lautundlui.se


Frittenbude: Delfinarium
audiolith

Ihre Affinität zum Tierreich muss man nicht lange suchen: Der Panda ist ihr amtliches Wappentier und schwebt quasi über allem. Nachdem die „Nachtigall“ sang und man sich mit „Katzengold“ die Krallen wetzte, erblicken wir nun auf dem Cover ihres dritten Albums „ein Eichhörnchen mit einem Rüssel“. Nach ihrer Vorabsingle „Einfach nicht leicht“ arbeiten sich die Jungs im „Delfinarium“ auf 15 glücklichen Tracks thematisch an Euphorie wie an Depression ab, zerhacken dabei Herzen und setzen sie wieder zusammen. Das tagträumerische „Wings“ beleuchtet Vergänglichkeit und Träume und ist eine Ode an die Selbstüberschätzung und das Scheitern. „Deutschland 500“ (mit Torsun natürlich) bringt die gesammelten Ressentiments gegen den Unort Heimat auf den Punkt, während auf dem Dorau-esken „Die Amsel“ Torsuns Ziehtochter Yari Safari mitsingt. Ganz vorne auch: „Von Allem Zu Viel“, „Aufregende Farben“, „Heimatlos“, „Heute Bist Du Nur Ein Mädchen Das Ich Einmal Gekannt Hab“ und „Zeitmaschinen Aus Müll“. Der Titel ihres wohl durchdachtesten Albums spiegelt die Gefühle von Strizi, Martin und Jakob mehrdeutig und mehr als deutlich wieder: „Wir sind Delfine, eingesperrt, um die Leute zu unterhalten, in einem von uns selbst geschaffenen Käfig. Das beschreibt, dass man trotzdem nie aus seiner Haut kann und im eigenen Becken schwimmt und seine Tricks zeigt.“ So setzt das neueste Werk unserer niederbayrischen Lieblingskapelle politische Miniaturen und ist ein gewohnt emotional-intelligenter Rundumschlag. Ihr Trademark: Ein nervöser Hybrid aus Rap, Electro und Punk. Denn wo Frittenbude drauf steht, steckt pure Eskalation drin.

www.schandenschmuck.de
www.audiolith.net


58 Beats Presents: Wor(l)d Connects Vol. 1
58 beats

Im letzten Jahr entwickelte der Münchner HipHop-Produzent Glammerlicious a.k.a Glam (Main Concept) in Kooperation mit Urban Vibes und der Färberei das globale Projekt „Wor(l)d Connects”. Für die gleichnamige 58 Beats Compilation hat sich Glam über 20 Künstler aus allen Teilen der Welt nach München eingeladen, um auf seine 13 feinen Tracks in sechs Sprachen zu rappen. Aus Dakar kommen mit Pee Froiss und der Daara J Family zwei ganz wichtige Gruppen des senegalesischen Rap, während mit dem Hardcore-Rap-Duo Dead Prez (Stic.man & M1) sowie Get Open zwei Crews aus New York an den Start gehen. Beteiligt sind mit Omar Musa auch der einflussreichste Poetry Slammer Australiens, der britische Jazzmusiker & MC Soweto Kinch, Sängerin Marie Martin und Bass-Bariton-Rapper Vicelow (Saian Supa Crew) aus Frankreich, DV alias Khryst aus Brooklyn, Ulises Quinñones aus Havanna sowie die arabischen Israelis von DAM. München schickt den funkliebenden Boshi San, Freestyler Raptile sowie Urgestein David Pe ins Rennen, Hamburg wird von Superheld Samy Deluxe repräsentiert. Im klassischen HipHop-Gedanken, sämtliche Barrieren zu überwinden und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen – ganz egal, welche Sprache man spricht oder woher man kommt – bringt dieser Sampler urbanen Rap von allen Kontinenten zusammen. Ein lebendiges Stück Kulturgut.

www.58beats.com
www.grooveattack.com

VERLOSUNG
In freundlicher Zusammenarbeit mit 58 Beats verlosen wir drei frische CDs. Bei Lust auf guten Hip Hop schreibe uns eine Mail mit dem Betreff „58 Beats Compilation“ und deiner Postanschrift an gewinnen@hanfjournal.de
Einsendeschluss: 15.Mai 2012.

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