Montag, 19. Dezember 2011

Einer lügt

Deutsche Firma: Opfer oder Täter?

Nachdem die eine Münchner Firma bereits im April von den USA beschuldigt worden war, Heroin aus Afghanistan geschmuggelt zu haben, gibt es in diesem Fall eine interessante Wendung.
Der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele wollte am 30.11. von der Bundesregierung wissen,

“weshalb […] diese Firma eine schwarze Liste des US-Office of Foreign Assets Control, OFAC, eingetragen wurden, kurz nachdem sich das Unternehmen gegen US-amerikanische Konkurrenten um einen Auftrag für ein Energieprojekt in Afghanistan beworben hatte, sowie über diesbezügliche Informationsübermittlungen deutscher Sicherheitsbehörden an das OFAC oder andere US-Behörden, und was hat die Bundesregierung auf Ersuchen der Betroffenen bisher zur Klärung dieser Angelegenheit unternommen, auch um jene vor dem drohenden wirtschaftlichen Kollaps hierzulande infolge dieses
Eintrags zu bewahren?”

Staatsminister Dr. Werner Hoyer antwortet Herrn Ströbele, dass sie sich mit den US-Behörden ausgetauscht, später ein zuvor eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen die verdächtigen Personen eingestellt hätten, da ‘keine weiteren Erkenntnisse (gegen die Firma, Anm. der Redaktion) vorlägen’.

Desweiteren empfiehlt der Regierungsvertreter der betroffen Firma, sich gegen die US-Vorwürfe zu wehren:
“Die Bundesregierung den Betroffenen empfohlen, sich mithilfe eines amerikanischen Rechtsanwaltes an das OFAC zu wenden, um entlastende Umstände vorzutragen. Der Bundesregierung ist bekannt, dass das OFAC in einem rechtsstaatlichen Verfahren die von Betroffenen vorgetragenen entlastenden Beweise prüft und bei entlastenden Umständen auch wieder von der Listung aus-
nimmt.Darüber hinaus steht die Bundesregierung im Kontakt
mit dem von der Firma „I.“ bestellten Rechtsanwalt und
einem weiteren Berater der beiden genannten Personen.
Diesen wurde mit mehreren Schreiben seit Mai 2011 die
nach US-amerikanischem Recht bestehende Möglichkeit
eines „requests for consideration“ aufgezeigt, aber auch
mitgeteilt, dass das Auswärtige Amt hierbei keine weitere Rechtsberatung leisten kann.”

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts beantwortete, ebenfalls im Zusammenhang mit der Münchner Firma, eine Anfrage
unserer Redaktion wie folgt:

“Vertreter und Rechtsbeistand des Unternehmens haben sich an das Auswärtige Amt gewandt und den Vorgang geschildert.
Dem Auswärtigen Amt liegen über die in der Presseerklärung des Office of Foreign Assets Control (OFAC) gemachten Ausführungen hinaus keine weiteren Erkenntnisse darüber vor, welcher konkrete Sachverhalte dazu führte, dass das Unternehmen auf die Liste der OFAC aufgenommen wurde.
Eine Listung durch das OFAC ist eine Verwaltungsentscheidung der USA. Um eine Streichung aus der Liste zu Erreichen, besteht in den USA ein formalisiertes Verfahren. Das Auswärtige Amt hat den Rechtsanwalt und andere Personen aus dem Umfeld der Firma über die mögliche rechtliche Vorgehensweise informiert und auf dieses formalisierte Verfahren in den USA hingewiesen.”

Wir fassen kurz zusammen: Die US-Regierung meint, eine Münchner Firma schmuggele Heroin und verbietet ihren Landsleuten, Geschäfte mit dieser Firma zu machen, bleibt aber die Beweise für die Anschuldigungen bis zum heutigen Tage schuldig. Sie teilen auch der Bundesregierung keine Details mit, die diesen Verdacht erhärten könnten. Die beschuldigte Firma wiederum behauptet, eine in Süd-Afghanistan tätige US-Firma habe sie aufgrund einer verlorenen Ausschreibung auf diese “Schwarze Liste” setzen lassen. Alle Ermittlungen in Deutschland gegen das Unternehmen verlaufen bislang ergebnislos, klar ist lediglich, dass mindestens eine der beteiligten Parteien lügt.

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