Dienstag, 1. November 2011

Zuviel Futter macht träge

Zielgerecht gießen und düngen mit Henk und Manne

Normalerweise empfehlen erfahrene Grower, auf Kokos so zu gießen, dass das Medium sehr feucht gehalten wird, da ja Kokos keine Nährstoffe speichert oder buffert. Meine niederländischen Freunde Henk und Manne haben im Laufe ihrer Grower-Karriere jedoch eine Methode entwickelt, bei der sie alle acht bis neun Wochen 200 bis 300 Gramm mit einem 250 Watt Leuchtmittel ernten, also die Schallgrenze von einem Gramm pro Watt regelmäßig brechen.
Die beiden erfahrenen Grower behandeln ihren Coco-Grow fast wie einen Durchgang auf Erde, mit kleinen Unterschieden, weil sie die Pflanzen nur gießen, wenn die Töpfe fast trocken sind. Was sie dabei beachten, damit die Pflanzen nicht versalzen oder anderweitig kränkeln, haben sie mir bei meinem Besuch in Amsterdam dann erzählt.
Henk und Manne sind bei unserer Leserschaft ja bereits bestens bekannt, denn sie wohnen und growen schon ein paar Jahre zusammen. Zu Weihnachten 2010 haben sich die beiden dann selbst eine Homebox S Silver zugelegt und auch gleich Zeit und Platz gefunden, das gute Stück auszuprobieren. Da sie in einer 4er-WG wohnen und die Box in einem Gemeinschaftsraum steht, laufen sie kaum Gefahr, strafrechtlich belangt zu werden. In den Niederlanden werden bis zu fünf Pflanzen pro Person für den privaten Gebrauch geduldet*, sind jedoch nicht legal. Im Falle der Enttarnung wären sie zwar ihre Pflanzen und das Equipment los, gingen jedoch straffrei aus.
Mittlerweile verfügt Manne in den Niederlanden sogar über ein Rezept für medizinische Hanfblüten gegen seine chronischen Schmerzen, was zwar auch dort keine rechtliche Grundlage für den Cannabisanbau @home darstellt, jedoch in unserem Nachbarland in den meisten Provinzen „gedolden“* wird.

Die beiden Kleingärtner haben für ihr Vorhaben auf folgende Crew gesetzt:

1x 250 Watt Leuchtsystem mit einem Metallhalogen Leuchtmittel für die vegetative Phase und einem Natrium-Dampfleuchtmittel für die Blühphase
1x Cooltube
1x Aktivkohlefilter „Carboriginal“ 400m²/h
1 Rohventilator 180m²/h mit temperaturgesteuertem Dimmer
1 Thermo-/Hygrometer
1 Tischventilator (an einer Kette höhenverstellbar montiert)
6 x 6Liter Töpfe mit Coco/Perlite (80/20) Gemisch
1 Ec-Messgerät
1 pH-Messgerät
1 Osmoseanlage
1 Pflanzennetz
Dünger: General Hydroponics 3-Kompomonenten, Blühstimulator und Zusätze von GHE sowie Advanced Nutrients (BM-Kulturen, Bud Blood, Big Bud, Overdrive, Ripen pH plus und 1 pH minus von GHE.)
12 frisch bewurzelte „JackFlash“

In Holland nie ohne … Osmoseanlage
Wie aufmerksame Leser/innen wissen, nutzen ambitionierte niederländische Hanfbauern immer eine Osmoseanlage, da ob der maritimen Lage des Landes und der vielen Gemüsezuchthäuser das Grundwasser stark versalzen und somit suboptimal für Hanfpflanzen ist. Das ist eine der Voraussetzungen, um einen Coco-Grow nicht zu versalzen, auch wenn nur selten gegossen wird.
Bevor die Box in Betrieb genommen wurde, haben Henk und Manne das alles mit einer Wasserstoffperoxid-Lösung gereinigt. Grundlage für solch immens gute Erträge wie die der beiden Heimgärtner sind, neben Sauberkeit und Ordnung, gesunde, sehr gut bewurzelte Stecklinge. Die sind mittlerweile auch in den Niederlanden schwer zu haben. Aber Henk verfügt glücklicherweise noch über einen alten Freund, bei dem man für ein paar Gramm aus fünf Sorten wählen kann. Für diesen Durchgang sollte es eine Sorte sein, die viel Ertrag abwirft, eine nicht allzu lange Blühzeit hat und trotzdem über ein gutes Aroma verfügt. Zur Auswahl standen Skunk#1, Nothern Lights, HashPlant, Sensi Star und Jack Flash, also durchweg Klassiker. Die Wahl fiel auf Jack Flash, wobei sich unsere beiden Freunde für 12 vorgesehene Stellplätze gleich 25 Stück besorgt haben. Die wurden dann bei 18 Stunden Licht in vier Liter Töpfe umgetopft und drei Tage genauestens beobachtet. Die mit den besten Eigenschaften wurden dann für die Blüte auserkoren, wobei die beiden Hobbygärtner besonders auf den gut entwickelten Wurzelballen geachtet haben. Die restlichen dreizehn Pflanzen stellt Henk im Frühling auf den Balkon, bis dahin pflegt er sie unter zwei Leuchtstoffröhren im Keller. Pro Topf wurden zwei Stecklinge „JackFlash“ gesetzt, also insgesamt 12 Ladies. Da sich Henk und Manne auch dieses Mal für die „Sea of Green“-Methode entschieden und zwei Pflanzen pro Topf gestellt hatten, sollten die Stecklinge gar nicht lange vorwurzeln, bevor die Blüte eingeleitet wurde. So hatten die Mädels nur drei Tage zum Anwachsen, bevor die Lichtphase auf einen 12 Stunden Rhythmus umgestellt wurde. Der pH-Wert während dieser Zeit betrug 6,0. Beim Ec-Wert hatten sich die beiden während der ersten Woche auf 1,3 mS eingependelt. Das Gießwasser bestand zu zwei Dritteln aus Osmosewasser und zu einem Drittel aus Leitungswasser, so dass es einen ausgangs EC-Wert von 0,3 mS hatte. Temperatur (durchschnittlich: 26 Grad Tag / 18 Nacht) und Luftfeuchtigkeit (60 Prozent) waren auch optimal und so haben die 18 zukünftigen Medizinalblütenlieferantinnen die erste Woche je vier neue Blattpaare gebildet und 15 Zentimeter zugelegt. Während der gesamten Zeit, mit Ausnahme der letzten zehn Blühtage, hat jeder Topf erst Nährlösung erhalten, wenn er fast komplett durchgetrocknet war. Anfangs habe die Ladies so alle vier, in den letzten vier Blütewochen alle drei Tage pro Topf ungefähr 0,7 Liter Nährlösung erhalten.

Woche zwei – schwache Äste werden entfernt
In der zweiten Blütewoche haben die beiden ein wenig intensiver gedüngt und den EC-Wert auf 1,7 mS gesteigert. Nach 14 Blühtagen hat Henk dann alle Pflanzen mit reinem Osmosewasser, pH-Wert 5,5, kräftig durchgespült. Das ist der zweite „Trick“, den es anzuwenden gilt, wenn man seinen Coco-Grow nicht jeden Tag gießen und durchspülen will. Das Osmosewasser und der niedrige pH-Wert sorgen dafür, dass überschüssige Salze besonders gut ausgewaschen werden. Am zehnten Tag konnte Manne dann die ersten zarten Blüteansätze entdecken, das Längenwachstum ging allerdings immer noch explosionsartig weiter. Deshalb brauchten die Mädels ab diesem Zeitpunkt besonders viele Nährstoffe. Jetzt fingen die beiden Hobbygärtner auch an, die unteren Äste und Blütenansätze, die kaum noch Licht bekommen, abzuschneiden. So gibt es mehr Kraft für die Topbuds und alle Blüten, die direktes Licht erhalten. Außerdem wird die Ernteaufwand immens verringert, wenn man keine so genannten Popcornbuds maniküren muss.

Woche drei erfordert mehr Dünger
In der dritten Woche haben die drei Dutzend Pflanzen dann einen Ec-Wert von 2,0 erhalten und so genug Kraft und Futter gehabt, noch einmal 20 Zentimeter zu wachsen und gleichzeitig die Buds anschwellen zu lassen. Am Ende der dritten Woche haben die beiden Indoor-Gärtner dann das Metallhalogen-Leuchtmittel gegen eine Natriumdampflampe getauscht, da sich mit Ende des Längenwachstums auch in der Natur das Lichtspektrum ändert.
Das blaue Licht in der Wachstumsphase sorgt für kurze Internodien und kompaktere Pflanzen. Da Henk und Manne nach oben wenig Luft haben, ist jeder gewonnene Zentimeter wichtig, damit die Ladies nicht dichter als 10 Zentimeter an den Cooltube reichen. Bei weniger als 10 Zentimetern Abstand hilft selbst die ansonsten nützliche Glasröhre nicht mehr vor Verbrennungen der Spitzen. Auch der Nährstoffbedarf ändert sich mit der Verlangsamung und der Einstellung des Längenwuchses: Die Pflanzen brauchen nun weniger Stickstoff, dafür ein wenig mehr Phosphor und viel mehr Kalium. Ein ausgeklügeltes Düngeprogramm/ -schema berücksichtigt das bei der Dosierung und Mischung der Nährstoffe jedoch.
Die beiden schneiden jetzt zum letzten Mal die Äste ab, bei denen abzusehen ist, dass sie sich aufgrund von Lichtmangel nicht ausreichend entwickeln. Danach sollte man die Pflanzen diesbezüglich in Ruhe lassen, weil es dann „auf den Ertrag geht“, einfach zu viel Kraft klaut.

Woche vier – Die Netze
Während der vierten Woche haben die JackFlash das Längenwachstum bei einer Größe von 75-85 Zentimetern eingestellt und sich der Ausbildung der Blüten gewidmet. Langsam war zu sehen, wie die Internodien von der Blütenmasse eingenommen wurden und sich jede Pflanze angeschickt hat, einen schönen fetten Topbud zu entwickeln. Jetzt ist das Pflanzennetz ins Spiel gekommen, ohne das die Pflanzen beim SOG-Grow Gefahr laufen, ab der sechsten Woche unter dem Gewicht der Blüten zusammenzubrechen. Ist in jedem Growshop oder Baumarkt für ein paar Euro zu haben und einfach zu montieren. Aber Vorsicht: Bei der Nutzung eines Cooltubes kann das Netz erst nach Beendigung des Längenwachstums angebracht werden, da man sonst aufgrund eines zu großen Abstands Cooltube-Lampe eine Menge Licht ungenutzt verschwendet. Die nachträgliche Montage erfordert eine Menge Fingerspitzengefühl, es gilt doch die Ladies beim unvermeidlichen Biegen nicht zu verletzen. Auch ein wenig Vorausdenken ist gefragt, denn mit dem Netz bekommt jeder Topbud den endgültigen Standort verpasst. So kann man Pflanzen, die an schlechter ausgeleuchteten Stellen stehen in die richtige Position zwingen oder von einem eventuellen Hotspot „wegbiegen.“
Der Ec-Wert liegt jetzt bei 2,3 mS, den pH-Wert haben die beiden Heimgärtner auf 5,8 gesenkt. Ende der vierten Woche wird wieder wie zuvor durchgespült, mittlerweile erhalten die Ladies alle drei Tage einen knappen Liter zu trinken.

Dünger während der Endblüte runterfahren
Da die Pflanze jetzt ihre endgültige Größe erreicht hat, sinkt der Nährstoffbedarf langsam wieder. Viele Heimgärtner steigern den Ec-Wert bis kurz vor dem Spülen, um ihn dann zehn Tage vor der Ernte abrupt auf 0,0 bis 0,5 einzuregeln. Unsere beiden Freunde düngen ab der fünften Woche immer ein bisschen weniger: Mit einem EC-Wert in Woche fünf von 2,1 und einem stabilen 5,8er pH-Wert sind die Stängel der Ladies nun komplett zugewachsen und die ersten Härchen haben angefangen, sich rostbraun zu färben. Während der sechsten und siebten Woche wird die Nährlösung dann immer „leichter“, kurz vorm Spülen gibt es nur noch 1,5 mS.
Nach 50 Tagen haben sich die beiden Hobbygärtner dann entschlossen, mit dem Spülen anzufangen. Mit reinem Osmosewasser und ein wenig Final Phase nach Anleitung. So ist der Ec-Wert in der letzten Woche niedriger (ca. 0,3 mS) als bei purem Leitungswasser und die Pflanzen erhalten gerade noch so viel Nährstoffe, dass keine Einbußen entstehen und zudem nicht nach Dünger schmecken oder beim späteren Verzehr knistern, wie es überdüngtes Weed gerne tut.
Nach 62 Tagen geht es den JackFlashs an die Krägen, die Ernte ist ein Kinderspiel, weil es lediglich gilt, gut gewachsene dementsprechend gut weiterzuverarbeitende Buds vom überflüssigen Grün zu befreien. Wenig Nebenäste, keine „Popcornbuds“.
Getrocknet wird gleich in der Box, indem die Pflanzen einfach nach dem Beschneiden kopfüber aufgehangen werden, bei halber Lüfterleistung, damit es nicht zu schnell geht. Denn ein Folgegrow ist erst einmal nicht geplant, denn die beiden haben ja noch die sieben Pflanzen, die in ein paar Wochen gut getarnt den Balkon der Kiffer-WG in Amsterdam schmücken werden. Die 275 Gramm feinstes Indica aus diesem Durchgang reichen den beiden auch erst einmal eine Weile.
Mit Wehmut verlasse ich Amsterdam und wünsche mir, dass bei uns auch irgendwann einmal ein paar Pflanzen für den privaten Gebrauch geduldet werden. Aber bis es soweit ist gilt immer noch:
Nachmachen dürft ihr das in Deutschland natürlich nicht, denn auch der Anbau von medizinischem Cannabis ist ohne Erlaubnis der Bundesopiumstelle verboten. Für Menschen, die über eine solche verfügen, ist dieser Artikel auf alle Fälle als Anleitung zum Anbau von Weed gedacht, für alle andere gilt das Gegenteil: Finger weg, streng verboten.

*Für die Fahndung und Strafverfolgung bei Drogendelikten gilt in den Niederlanden das Opportunitätsprinzip. Dies bedeutet, dass der Staatsanwalt von der Verfolgung einer Straftat absehen kann, wenn es im öffentlichen Interesse ist.

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