Mittwoch, 22. Juni 2011

Eine mexikanische Wochenbilanz

Der Drogenkrieg ist nicht zu gewinnen

Das Nachrichtenmagazin Focus meldet, dass in Mexiko wieder ein “Drogenboss” gefasst worden sei. Die Meldung stammt eigentlich von der Mexikanischen Regierung und enthält die üblichen Floskeln, allen voran die des “schweren Schlages gegen die Kartelle”.

Um aufzuzeigen, wie der Alltag in Mexiko aussieht und wie sich die zahlreichen, harten Schläge gegen die Kartelle auf den Alltag der Mexikaner/innen auswirken, haben wir eine Wochen-Chronik des Drogenkriegs in Mexiko der Woche vom 9.-15. Juni diesen Jahres, erstellt von stopthedrugwar.org, in Auszügen übersetzt:

9. Juni:

In Morelia, Michoacan, finden Behörden 21 Leichen neben der Hauptstrasse. Einige weisen Spuren von Folter auf.

In Hidalgo County, Texas, werden drei mutmaßliche Drogenschmuggler bei einem Feuergefecht mit US-Polizisten schwer verletzt.

In Ciudad Juarez, erreicht ein Friedensmarsch die Hauptstadt, der von Präsident Calderon das Ende der Gewalt fordert. Er wird von dem Schriftsteller und Dichter Javier Sicilia angeführt, dessen Sohn Ende März zusammen mit Freunden erschossen worden war.

Ebenfalls in Ciudad Juarez wurden neun Menschen bei verschiedenen Vorfällen getötet, was den bisher gewalttätigsten Tag im Juni darstellt.

11.Juni

In der Kleinstadt El Terrero, Chihuahua, werden fünf Mitgleider einer Großfamilie erschoseen. Zeugen sagen aus, die Mörder hätten nach jemand anderem gesucht und die Familie getötet wurde, weil sie nicht wusste, wo sich die Person befand. Unter den Opfern ist ein drei- sowie ein vierrähriges Kind.

12. Juni

Im Stadtgebiet von General Teran, Nuevo Leon, werden drei verstümmelte und zerstückelte Leichen gefunden, die vermutlich Angehörige rivalisiernder Kartelle waren.

13.Juni

In Chihuahua wird ein Polizist erschossen, als er ein Hospital verlässt, nachdem am Vormittag des selben Tages bei einem Attentat angeschossen worden war.

In Monterrey hängt eine brennende, männliche Leiche gut sichtbar für alle Autofahrer und Fußgänger stundenlang an einer Autobahnbrücke.

14.Juni

In Tijuana wird der ehemalige Bürgermeister Jorge Hank Rhon von der Anklage wegen Verstosses gegen das Waffengestz freigeprochen, um kurz darauf als Mordverdächtiger wieder festgenommen zu werden.

15.Juni

In den USA teilt eine bisher nicht benannte Behörde mit, dass unter den 193 Toten aus einem Massengrab, das im April in San Fernando gefunden wurde, mindestens ein US-Bürger gewesen sei.

20.Juni

Der Journalist Miguel Ángel López Velasco wird mitsamt seiner Frau und seinem Sohn erschossen. Er schrieb unter eine landesweit bekannte Kolumne über die Missstände und die Korruption im Lande.

Diese Bilanz erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, denn lediglich die signifikantesten Fällen werden aufgrund der riesigen Anzahl an Morden überhaupt in den Medien gemeldet.

Der Drogenkrieg in Mexiko fordete bis Ende 2010 seit seinen Beginn im Jahr 2006 insgesamt 34,883 Menschenleben und somit mehr als im Irak und im Afghanistan-Konflikt zusammengerechnet. Trotz zahlreicher Verhaftungen , medienwirksam als “harte Schläge gegen die Kartelle” vorgestellt, ist die Tendenz auch 2011 steigend.

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